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»Gefangen für alle Ewigkeit«, sagte Surim achselzuckend, und ein böses Lächeln schimmerte in seinen Augen auf. »Eigentlich gefällt mir das noch besser.«

»Mir gefällt es nicht«, knurrte Emerahl. »Wenn sie leben, besteht eine Chance, dass sie dort drin lange genug aushalten, bis die Magie wieder zurückfließt.«

»Dann werden wir einfach noch einmal herkommen und ihnen den Rest geben müssen, wenn weder die Weißen noch die Stimmen zugegen sind, um uns aufzuhalten«, sagte Surim.

»Damit werden sie rechnen. Sie werden dafür sorgen, dass die Götter gut bewacht sind.«

»Von wem? Wenn die Götter ihre Macht nicht stärken, werden die Weißen und die Stimmen nicht mehr so stark sein«, warf die Möwe ein.

»In dem Leeren Raum werden sie es sein«, entgegnete Emerahl.

»Aber die Götter brauchen diese Macht, um zu überleben.«

»Wo ist Auraya?« Die Möwe spähte zum Ufer der Landenge hinauf.

Emerahl folgte seinem Blick. »Als ich fortgegangen bin, schwebte sie noch immer über ihnen.«

»Sie muss einige Entscheidungen treffen«, sagte Tamun. »Und wenn sie fertig ist, kann sie wegfliegen. Wir können das nicht. Wir sollten aufbrechen.«

»Was ist mit Mirar?«

Tamun betrachtete stirnrunzelnd die Felswand. »Er ist wahrscheinlich geblieben, weil Auraya es auch getan hat.«

Schweigend starrten sie zu der Landenge empor. Emerahl seufzte.

»Ich werde warten«, erbot sie sich. »Ihr drei verschwindet von hier.«

50

Die leuchtende Gestalt Chaias blickte zwischen Auraya und Juran hin und her. Seine Lippen bewegten sich, aber sie konnte ihn nicht hören.

Natürlich, dachte sie. Ich kann ihn nicht hören, weil zwischen uns ein Leerer Raum ist. Er kann sich nur mittels Gedankenrede verständigen - und seit ich gelernt habe, meinen Geist abzuschirmen, ist ihm diese Möglichkeit verwehrt. Er muss entweder Besitz von einem anderen Menschen ergreifen, oder… ich lasse meinen Gedankenschild sinken.

Juran nickte und blickte auf. »Chaia bittet darum, dass du herunterkommst und mit uns sprichst«, sagte er stirnrunzelnd. »Er möchte wissen, warum du getan hast… was immer es ist, das du getan hast.«

Auraya erwog seine Bitte, wobei sie sich deutlich bewusst war, dass die Weißen und die Stimmen sie beobachteten. Als sie Nekaun sah, schauderte sie. Sie wollte so weit wie möglich von ihm fortkommen.

Aber die Weißen mussten die Wahrheit erfahren. Selbst wenn sie ihr nicht glaubten.

Können sie, die Stimmen oder die Götter, mir etwas antun? Sie könnten mich angreifen, aber nur indem sie die Magie innerhalb des Leeren Raums verbrauchen. Die Götter würden das nicht wollen. Sie verbrauchen schon Magie, einfach indem sie sich sichtbar machen. Sobald die Quelle erschöpft ist, werden sie aufhören zu existieren.

Sie holte tief Luft und zog Magie in sich hinein, um ihren Schild zu verstärken und damit sie nicht abstürzte, wenn sie durch den Leeren Raum flog. Dann ließ sie sich zu Boden gleiten.

Chaia wandte sich zu ihr um. Sie würde ihn noch immer nicht hören können, es sei denn, sie ließ den Schild sinken, der ihren Geist umgab. Sie sah die Weißen und die Stimmen an und stellte zu ihrer Überraschung fest, dass sie ihre Gedanken lesen konnte. Was bedeutete, dass sie nicht länger über die Gaben verfügten, die die Götter ihnen verliehen hatten. Sie konnten nicht mehr die Gedanken der anderen lesen.

Trotzdem kostete es sie bewusste Anstrengung, den Schleier sinken zu lassen. Sobald sie es getan hatte, begann Chaia zu sprechen.

Einmal mehr haben wir dich unterschätzt, Auraya. Du und deine unsterblichen Freunde, ihr habt uns in eine Falle gelockt. Sag uns zumindest, warum.

»Warum?«, wiederholte sie. »Du weißt, warum.« Ein Stich des Ärgers durchzuckte sie. »Ich nehme an, du wolltest mich von meinem Elend erlösen, als du mir erzählt hast, ich könne aus dem Sanktuarium entkommen, indem ich eine Göttin werde.«

Er runzelte die Stirn.

Ich habe dir niemals vorgeschlagen, eine Göttin zu werden. Ich würde dich nicht in dieser Gestalt gefangen sehen wollen. Es wäre ein Gefängnis für dich.

»Warum hast du mir dann erzählt, wie…« Zweifel regte sich in ihr. Hatte er ihr wirklich vorgeschlagen, es zu tun? Sie war an jenem Tag so krank gewesen. Gewiss hatte sie nicht nur davon geträumt… »Du sagtest, es sei besser für mich, eine Göttin zu werden, als zu sterben. Dass es nicht das Gleiche sei, wenn du meine Seele nehmen würdest.« Sie stieß ein bitteres Lachen aus. »Nun, da Huan zugegeben hat, dass ihr keine Seelen nehmt, hattest du wahrscheinlich recht.«

Chaia sah Huan an. Die anderen Götter wandten sich ebenfalls zu ihr um, und Huan straffte sich und musterte sie trotzig.

Du hast ihr verraten, wie man ein Gott wird?, fragte Yranna anklagend. Du hast dich als jemand anderer ausgegeben?

Chaia wandte sich wieder zu Auraya um.

Habe ich unser Schlüsselwort benutzt? Habe ich »Schatten« gesagt?, fragte er.

Sie runzelte die Stirn. Ihre Erinnerung war zu nebelhaft. »Ich weiß es nicht mehr«, gestand sie. »Ich war so krank. Es fiel mir schwer zu denken.«

Huan lachte.

Ja, es war leicht, dich zu täuschen.

Auraya hob den Blick und schauderte, als sie den hämischen Ausdruck in den Zügen der Göttin sah.

Du gibst es also zu?, fragte Chaia Huan. Die Göttin funkelte ihn an und sagte nichts.

Wer hätte es sonst sein können?, warf Lore voller Verbitterung ein. Keiner von uns hat die Regeln so oft gebrochen wie Huan.

Regeln! Die Regeln galten für das Spiel, nicht für Bedrohungen unserer Existenz!, brüllte Huan. Wenn ihr auf mich gehört hättet, als ich euch vor ihr gewarnt habe, sie zeigte auf Auraya, wäre dies alles nie geschehen.

Chaia lächelte grimmig.

Wir alle haben uns irgendwann angewöhnt, dich zu ignorieren, wann immer du deinen törichten, verrückten Unsinn von dir gegeben hast. »Unsterbliche könnten Götter werden! Wenn sie es tun, werden sie uns alle töten! Auraya ist gefährlich!«

Huan hatte offensichtlich recht, stellte Lore fest.

Schweigen machte sich breit. Schließlich stieß Juran einen erstickten Laut aus.

»Ich verstehe nicht. Was ist passiert?«

Die Wilden haben uns das angetan, was wir vor vielen Jahrhunderten mit den anderen Göttern gemacht haben, erklärte Lore. Sie haben die Magie um uns herum abgezogen und uns in einer kleinen Oase im Zentrum dieses Raums gefangen. Wir können nicht von hier fort.

Nicht, solange die Magie nicht zurückgeflossen ist, fügte Yranna leise hinzu. Was tausende von Jahren dauern könnte.

Juran starrte Auraya an. »Du hast ihnen dabei geholfen?«

Sie zwang sich, seinem Blick standzuhalten. »Ja.«

»Warum?«

»Weil sie uns belogen haben. Sie nehmen keine Seelen. Sie spielen Spiele mit uns, als seien wir…«

Unverfrorenes Gelächter übertönte ihre Worte. Alle drehten sich zu Nekaun um.

»Du hast deine eigenen Götter in ein Gefängnis gesperrt?« Er schüttelte den Kopf. »Was kann ich dir dafür geben, dass du mir diesen Dienst erwiesen hast? Gold? Land? Einen Platz an meiner Seite?«

Eine Gänsehaut überlief Auraya. Es würde zumindest befriedigend sein, diesem einen Menschen die schlechten Neuigkeiten zu überbringen.

»Die zirklischen und die pentadrianischen Götter sind ein und dieselben«, erklärte sie ihm. »Sie haben Doppelrollen gespielt.« Sie sah zuerst Chaia an, dann jeden einzelnen der Weißen und der Stimmen. »Versteht ihr, dies alles ist ein Spiel für sie. Und ihr seid die Spielsteine. Die Toten in diesem Krieg und in dem vorangegangenen waren nichts weiter als Punkte für die eine oder die andere Seite. Punkte, keine realen Menschen mit Familien und Freunden. Keine…«