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Als Auraya Tyve dankte, hob sie die Stimme wieder.

»Sag Sprecherin Sirri, dass ich hierbleiben und über Jade wachen muss, aber ich werde bald zurückkehren. Fliege sicher, fliege schnell.«

Der Junge nickte, dann verabschiedete er sich und eilte davon. Als seine Schritte verklungen waren, sah Emerahl zu Auraya auf, die die Stirn runzelte.

»Was hatte er zu sagen?«

Auraya seufzte und setzte sich wieder. »Ich glaube, Sirri ist überrascht, dass ich dich nicht einfach geheilt habe und zurückgekehrt bin.«

»Wie viel Zeit haben wir, bis sie Verdacht schöpfen?«

Auraya hob die Schultern. »Eine Woche. Wir können sie für eine Weile hinhalten, aber wenn irgendetwas passiert, bei dem sie meine Hilfe brauchen, und ich mich weigere, von hier fortzugehen…«

»Dann stehen wir mit unserer Tarnung da wie eine Hure mit leerer Börse«, vollendete Emerahl den Satz.

Aurayas Augenbrauen zuckten vor Erheiterung, dann wurde ihre Miene wieder ernst.

»Wenn die Götter uns durch Tyve beobachtet haben, werden sie uns beide bei seinem Eintritt in die Höhle gesehen haben. Außerdem werden sie den Kontakt zu ihm verloren haben, als er in den Leeren Raum kam.«

Emerahl nickte. »Ja. Wenn du vom Rand des Leeren Raums aus mit ihm gesprochen hättest, hätten die Götter wahrscheinlich nichts von dem Phänomen bemerkt, aber sie hätten uns trotzdem gesehen, ohne unsere Gedanken lesen zu können, und dann hätten sie deshalb Verdacht geschöpft.«

»Vielleicht haben sie uns auch gar nicht beobachtet.«

»Glaubst du, dass sie es getan haben?«

»Ich weiß es nicht. Sie haben mich seit Monaten nicht mehr aufgesucht, aber das heißt nicht, dass sie mich nicht beobachten.« Entschlossen sah sie zu Emerahl hinüber. »Wollen wir in die Traumtrance zurückkehren?«

Emerahl lachte leise über ihre Unbeirrbarkeit. »Lass uns zuerst zu Mittag essen.«

5

Ella stand am Fenster, als Danjin hereinkam. Er unterdrückte ein Schaudern und versuchte, nicht an die schwindelerregende Entfernung zum Boden tief unter ihnen zu denken. Die neueste Weiße trat einen Schritt vom Fenster zurück und wandte sich zu ihm um. Etwas in ihren Zügen erregte seine Aufmerksamkeit, eine gewisse Wildheit in ihren Augen, als sie seinem Blick begegnete. Sie lächelte schief, und plötzlich verstand er, was es war. Ein Stich des Mitgefühls für seine Leidensgenossin durchzuckte ihn.

Auch sie fand keinen Gefallen an der Höhe. Wahrscheinlich litt sie nicht solche Todesqualen wie er selbst, aber sie war stark beunruhigt.

»Danke, dass du einen Besuch so kurzfristig einrichten konntest«, sagte sie und deutete auf einen Stuhl.

Er setzte sich. »Du brauchst mir nicht zu danken. Das ist ein Teil meiner Aufgaben.«

Sie lächelte abermals. »Das ist kein Grund für mich, dir nicht dankbar zu sein.«

»Wie kann ich helfen?«

Das Lächeln verblasste. »Die anderen Weißen und ich werden uns heute am Altar treffen. Juran hat mir meine erste Aufgabe zugewiesen. Sie ist gering, aber nicht einfach, und ich hätte gern deinen Rat dazu.« Sie runzelte die Stirn. »Er möchte, dass ich die Menschen daran hindere, weiterhin das Hospital und die Traumweber anzugreifen.«

Danjin nickte langsam. »Es ist vernünftig, dass er dir diese Aufgabe zugewiesen hat. Du hast im Hospital gearbeitet. Du hattest schon früher mit Traumwebern und ihren Gegnern zu tun.«

»Juran sagt, die Angriffe auf das Krankenhaus seien seit meiner Erwählung seltener geworden«, erwiderte sie. »Andererseits hat sich die Zahl der Angriffe auf Traumweber erhöht.«

Danjin nickte. »Durch die Erwählung einer Heilerin aus dem Hospital haben die Götter angedeutet, dass sie die Einrichtung billigen.«

»Ich bezweifle, dass das der einzige Grund ist, warum sie mich erwählt haben, sonst wäre meine Nützlichkeit erschöpft, sobald dem Hospital keine Gefahr mehr droht.«

»Natürlich ist das nicht der einzige Grund.« Er lächelte. »Aber das ist die Art von Schlussfolgerung, zu der durchschnittliche Sterbliche bei dergleichen Dingen gelangen.«

»Und sind einige von ihnen zu der Schlussfolgerung gelangt, dass meine Erwählung Gewalttätigkeiten gegen Traumweber rechtfertigt?«

»Ich kann mir nicht vorstellen, warum das so sein sollte. Nein, ich denke, es müssen da noch andere Gründe eine Rolle spielen, obwohl ich dir nicht sagen kann, welche Gründe das sind. Das ist etwas, das wir herausfinden müssen.«

»Was könnte Menschen dazu bringen, Traumwebern etwas anzutun, obwohl es ein Verbrechen ist? Scheren sie sich überhaupt noch um unsere Gesetze?«

Sie klang aufrichtig bekümmert, obwohl er sich nicht sicher war, ob die Ursache dafür die Angriffe auf Traumweber waren oder die Verletzung der Gesetze. »Es wird immer Menschen geben, die glauben, es besser zu wissen, Menschen, die denken, die Gesetze hätten für sie keine Gültigkeit. Oder solche, die die Bedeutung der Beschlüsse der Götter und der Weißen so lange verdrehen, bis sie ihren Bedürfnissen besser entsprechen, so dass sie sich immer noch einreden können, sie würden mit dem, was sie tun wollen, zum Wohl der Götter wirken.«

Ella seufzte und wandte den Kopf. Als Danjin ihrem Blick folgte, sah er zu seiner Überraschung eine Spindel und einen Korb mit Schur auf einem kleinen Tisch.

Ihre Arbeit?, fragte er sich. Nach ihrem Gesichtsausdruck zu schließen, würde ich sagen, dass ich mit meiner Vermutung richtig liege.

Es schien eine so lächerlich häusliche Arbeit für eine der Auserwählten der Götter zu sein, aber Ellas ganze Haltung verriet, dass sie ihre jetzige Aufgabe liebend gern gegen eine Stunde an der Spindel eingetauscht hätte. Vielleicht war dies eine Verbindung zu ihrer Vergangenheit, eine Arbeit, die ihr half, im Angesicht des Ruhms, der Macht und der Verantwortung ihrer neuen Position nicht die Demut zu verlieren. Als sie sich wieder zu ihm umwandte, wirkte sie plötzlich sehr entschlossen.

»Was soll ich deiner Meinung nach tun, um der Gewalt ein Ende zu machen?«

Er dachte über das Problem nach und sagte dann: »Zunächst einmal solltest du deinen Gegner verstehen. Wenn diese Menschen die Traumweber schon immer gehasst haben, warum haben sie dann gerade jetzt begonnen, sie anzugreifen?«

»Aurayas Rücktritt? Geben sie den Traumwebern die Schuld daran?«

»Das bezweifle ich.« Er musterte sie eingehend. »Ich kann keine Verbindung erkennen, obwohl das nicht bedeutet, dass andere das nicht vielleicht tun werden. Hast du in den Gedanken der Menschen eine solche Verbindung gesehen?«

Sie runzelte die Stirn. »Wenn das Hospital das nächste Mal angegriffen wird, sollte ich mir die Leute einmal vornehmen und mich ein wenig im Gedankenlesen üben.«

»Ja, aber das wird dir nicht zwangsläufig helfen, deinen Gegner zu verstehen. Du musst die Gedanken jener lesen, die hinter den Protesten stecken oder einen Traumweber zu ermorden planen. Da weithin bekannt ist, dass die Weißen Gedanken lesen können, werden die Leute, nach denen du Ausschau hältst, wohl kaum unter den Angreifern des Hospitals zu finden sein.«

»Wie kann ich sie dann finden?«

»Sie müssen von Zeit zu Zeit das Gebiet um das Hospital herum aufsuchen oder jemand anderen schicken, der sich dort umsieht und Opfer auswählt. Wenn du dort wärst und das Geschehen aus einem Versteck heraus beobachten würdest, könntest du sie vielleicht zu fassen bekommen.«

Sie nickte langsam. »Ja. Obwohl … es wird viel Zeit kosten.« Sie seufzte. »Ich wünschte, gewöhnliche Priester und Priesterinnen könnten ebenfalls Gedanken lesen. Wenn mehr von uns suchten, würden wir die Mörder und Verschwörer schneller finden.«

»Wenn das Gedankenlesen eine Gabe wäre, über die Priester und Priesterinnen gebieten könnten, dann stünde diese Fähigkeit auch mit Gaben gesegneten Nichtzirklern offen, und diese würden damit vielleicht großes Unheil anrichten.«

Sie sah ihn anerkennend an. »Ja. Du hast recht. Hast du noch einen anderen Rat für mich?«