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»Schlafleicht? Bei einem Mann, der einen Schlag auf den Kopf bekommen hat?«, rief Kleven aus. Er schüttelte den Kopf und ging auf den Flur zu. Ellas Herz setzte einen Schlag aus, und sie eilte hinter ihm her.

»Jeder, der eine Kopfverletzung hat und ein seltsames Benehmen an den Tag legt, sollte genau beobachtet werden«, erklärte Kleven ihr, während er in den Raum trat. Er zog die Decke von Mal Werkzeugmachers Kopf und entblößte den Knebel.

»Was ist das?«, fragte er. Er zog die Decke ganz weg und stieß einen leisen Schrei aus, als die Verbände, mit denen die Hände und Füße des Mannes gefesselt waren, sichtbar wurden.

»Er hat mich angegriffen«, erklärte sie ihm.

Er sah sie scharf an. »Ist alles in Ordnung mit dir?«

Sie zuckte die Achseln. »Ja. Er hat mich nicht angerührt.«

»Du hättest mir davon erzählen sollen.«

»Das wollte ich auch tun, aber … Meine Mutter hat mich abgelenkt.«

Er nickte, dann wandte er sich wieder dem bewusstlosen Mann zu. Als er sich daranmachte, die Verbände zu lösen, überlief sie ein Frösteln. »Ist das klug?«, fragte sie zögernd.

»Naen wird ihn im Auge behalten. Wie viel Schlafleicht hast du ihm verabreicht?«

»Nicht viel. Etwa einen Löffel voll.«

Bei Klevens Berührung flackerten die Augenlider des Mannes. Er war noch nicht aufgewacht, würde es aber bald tun.

»Halt«, sagte sie, ohne nachzudenken. »Du darfst ihn nicht aufwachen lassen. Du musst ihn noch einmal betäuben.«

Kleven musterte sie forschend. »Warum?«

Sie seufzte. »Es ist unfassbar, aber du musst mir glauben. Ich bin vor ihm gewarnt worden und habe den Befehl erhalten, ihn festzusetzen. Es war …« Sie verzog das Gesicht. »Ich weiß, es wird dir schwerfallen, das zu glauben - aber der Befehl kam von Yranna.«

Kleven zog die Augenbrauen hoch. »Von der Göttin?«

»Ja. Sie hat zu mir gesprochen. In meinen Gedanken. Und nein, normalerweise höre ich keine Stimmen im Kopf.«

Der Priester betrachtete sie nachdenklich. Sie sah den Zweifel in seinen Augen, konnte aber nicht erkennen, ob er zögerte, ihr zu glauben oder das Risiko einzugehen, gegen den Befehl eines Gottes zu verstoßen.

»Woher soll ich wissen, ob du das nicht erfunden hast?«

»Ich kann es nicht beweisen, wenn es das ist, was du meinst. Aber ich kann darauf hinweisen, dass ich bisher niemals unvernünftig gehandelt habe - ebenso wenig wie ich irgendwelche Anzeichen von Wahnsinn gezeigt habe.«

»Das ist wahr«, stimmte Kleven ihr zu. »Aber es ergibt keinen Sinn, dass Yranna zu dir sprechen sollte, ohne sich auch an uns Übrige zu wenden. Falls dieser Mann eine Gefahr für das Hospital darstellt, müssen wir alle es wissen.«

»Das hat mich ebenfalls verwirrt«, gestand sie. »Vielleicht ist die Gefahr vorüber… Aber ich bin nicht bereit, dieses Risiko einzugehen. Was ist mit dir?«

Kleven blickte zweifelnd auf den schlafenden Mann hinab.

»Kann ich irgendwie helfen?«

Sie drehten sich um und sahen Traumweber Fareeh in der Tür stehen. Ella unterdrückte ein Stöhnen. Kleven war noch nicht fertig mit dem Aufbinden der Fesseln, und als der Traumweber sie bemerkte, hob er die Brauen.

»Ein schwieriger Patient?«

Kleven sah Ella an. »In mehr als nur einer Hinsicht.«

Der Traumweber betrachtete den Schlafenden, dann wandte er sich ihnen beiden zu und nickte. Als er Anstalten machte, sich zu entfernen, seufzte Kleven. »Ella sagt, Yranna habe ihr aufgetragen, ihn bewegungsunfähig zu machen.«

Ella starrte den Priester überrascht an.

»Ah«, war alles, was Fareeh sagte.

Warum hat Kleven ihm das erzählt? Langsam dämmerte ihr der Grund für sein Verhalten. Wenn er es nicht getan hätte, würde Fareeh wissen, dass wir etwas vor ihm verbergen. Das könnte sich auf seine Einstellung uns gegenüber auswirken. Sie schüttelte den Kopf. Das Gleichgewicht von Vertrauen und Misstrauen zwischen unseren Leuten ist so leicht zu erschüttern.

»Glaubst du ihr?«, fragte Kleven.

Der Traumweber zuckte die Achseln. »Ich glaube nichts, wofür ich nicht mit meinen eigenen Sinnen Bestätigung finden kann, daher spielt die Frage des Glaubens keine Rolle. Entweder sie irrt sich, oder sie hat recht. So oder so ist die Situation beunruhigend. Ich kann nur vorschlagen, dass du sowohl den Patienten als auch die Priesterin in die Begrüßungshalle bringst, damit wir alle zugegen sind und uns darum kümmern können, sollte diese Angelegenheit zu irgendwelchen Problemen führen.«

Der ältere Priester nickte. »Ein guter Rat.«

Ella sah besorgt zu, während Kleven den bewusstlosen Mann mit Magie anhob und in den Flur hinaustrug. Besucher und Heiler, gleichermaßen gelangweilt und erpicht auf jedwede Abwechslung, beobachteten neugierig, wie dieser Fremde auf eine Bank gelegt wurde. Aber als die Zeit verstrich und der Mann nichts weiter tat, als zu schlafen, richteten sie ihre Aufmerksamkeit bald wieder auf andere Dinge.

Ella behielt den Fremden im Auge und fragte sich, was er vorgehabt haben mochte. Wolltest du uns angreifen? Wolltest du aus dem Raum schlüpfen, während wir anderweitig beschäftigt waren, und die Hintertür öffnen, um deine Leute hereinzulassen? Wann immer der Mann sich bewegte, machte Ellas Herz einen Satz.

Als seine Lider sich schließlich flatternd öffneten, erhob sie sich, gewappnet, jedweden Angriff mit Magie zu parieren.

»Setz dich, Priesterin Ella«, sagte Kleven gelassen, aber entschieden. Sie gehorchte.

Der Fremde stemmte sich mühsam auf den Ellbogen hoch und sah sich benommen um. Als sein Blick auf Ella fiel, schauderte er.

»Was ist passiert?«, fragte er nuschelnd. »Sie… sie hat mich angegriffen.«

»Bleib ruhig. Dir droht keine Gefahr«, erwiderte Kleven besänftigend. »Lass dir einen Moment Zeit, um dich zu sammeln.«

Der Blick des Mannes streifte im Raum umher. »Immer noch hier … Bin ich ein Gefangener?«

»Nein.«

Er rappelte sich hoch. Kleven trat zu ihm und stützte ihn.

»Lass mich gehen.«

»Alles zu seiner Zeit. Du hast eine kleine Dosis von einer Schlafdroge bekommen. Warte, bis die Wirkung sich legt.«

»Schlaf… Warum habt ihr mich betäubt?«

»Eine von uns glaubte, du wolltest uns Böses. Ist das wahr?«

Bei dem Ausdruck, der jetzt über die Züge des Mannes huschte, überlief Ella ein Schauer. Schuld!, dachte sie. Er hatte tatsächlich etwas geplant.

»Nein. Ich bin nur hergekommen, um…« Er griff sich an die Stirn und zuckte zusammen, als seine Finger die Naht ertasteten. Er holte tief Luft, straffte sich und stand auf. Einen Moment lang schwankte er, dann machte er einige Schritte. Die Wirkung der Droge ließ schnell nach, und niemand machte Anstalten, den Mann aufzuhalten, als er mit wachsender Zuversicht im Raum auf und ab ging.

»Mit mir ist alles in Ordnung«, sagte er. »Kann ich jetzt gehen?«

Kleven zuckte die Achseln und nickte. »Ich sehe keinen Grund, warum wir dich hier festhalten sollten… abgesehen davon, dass sich dort draußen eine feindselige Menge versammelt hat. Wenn du fortzugehen versuchst, wirst du dir noch eine solche Verletzung einhandeln, wenn nicht sogar Schlimmeres.«

Der Mann sah Ella vielsagend an. »Das Risiko gehe ich ein.«

Kleven hob die Hände. »Wir werden dich nicht aufhalten, wir können dich nur warnen. Ich werde die Tür entriegeln.«

Niemand rührte sich, als der Mann auf die Tür zuging. Ella runzelte die Stirn. Sie sollte froh sein, dass er das Hospital verließ, nachdem sein Plan vereitelt worden war. Aber irgendetwas nagte an ihr. Warum sollte Yranna diesen Mann ziehen lassen, wenn er das Hospital bedroht hatte? Yranna hatte gesagt…

Dann wurde ihr plötzlich klar, was sie zuvor nicht hatte in Worte fassen können.

»Halt!«, rief sie und sprang auf. Der Mann beachtete sie nicht.

»Ella…«, begann Kleven.