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Der Käfig verlangsamte sich und hielt vor einer breiten Stufe in dem dahinterliegenden Treppenhaus an. Die Tür schwang auf, zweifellos geleitet durch die Magie der Frau, die neben ihm stand.

Er sah Dyara von den Weißen an, die zweitälteste und stärkste der zirklischen Anführer. Dyara trat vor und geleitete ihn aus dem Käfig und die Treppe hinauf zu einer hölzernen Tür.

Als sie anklopfte, durchzuckte Danjin ein Stich der Furcht. Dieses Quartier hatte Auraya gehört. Als er ihr Ratgeber gewesen war, hatte er es viele Male aufgesucht. Jetzt gehörte es der Frau, die an ihre Stelle gerückt war, Ellareen von den Weißen.

Seine Tätigkeit als Ratgeber Aurayas war eine große Herausforderung gewesen, aber auch eine, die ihm erleichtert worden war, weil er Auraya gemocht und respektiert hatte. War es zu viel verlangt zu hoffen, dass es ihm mit der neuesten Weißen genauso ergehen würde? Während er sich fragte, ob er sie mögen würde, beschäftigte ihn gleichzeitig die Frage, ob sie ihn mögen würde. Es wird die Sache nicht besser machen, wenn ich sie ständig mit Auraya vergleiche, sagte er sich. Er wusste, dass er das manchmal nicht würde vermeiden können, ebenso wenig wie Ellareen es würde vermeiden können, solche Erwägungen in seinen Gedanken zu lesen …

Die Tür wurde geöffnet. Eine hochgewachsene, schlanke Frau stand vor ihnen. Ihr Haar war kunstvoll frisiert, und sie trug eine weiße Tunika und einen Zirk von feinster Qualität. Sie wirkte elegant und gelassen, aber sie war nicht schön, wie ihm auffiel, wenngleich auch nicht unattraktiv. Sie schien älter zu sein als Auraya, obwohl nur einige Jahre zwischen den beiden Frauen liegen konnten.

»Ellareen«, sagte Dyara. »Das ist Danjin Speer.«

»Kommt herein«, erwiderte die neue Weiße und trat zurück.

Er beobachtete sie, während sie sie zu Stühlen geleitete und ihnen dann jedem ein Glas Wasser brachte. Seine Nachforschungen hatten ergeben, dass sie ursprünglich aus Somrey stammte. Ihr Vater hatte in Diensten eines wohlhabenden Händlers gestanden, und ihre Familie war nach Jarime gezogen, als man ihn mit der Leitung des hanianischen Geschäftszweigs betraut hatte. Ella war der Priesterschaft mit zwölf Jahren beigetreten und schließlich Heilerin geworden. Seit der Eröffnung des Hospitals hatte sie dort gearbeitet. Und kurz vor der Erwählungszeremonie musste in ebendiesem Hospital etwas geschehen sein, das die Weißen genug beeindruckt hatte, um sie zur Hohepriesterin zu machen.

Und sie musste auch die Götter beeindruckt haben, denn jetzt war sie eine Weiße.

Trotz der Ungeheuerlichkeit der Pflichten, die man ihr plötzlich übertragen hatte, verströmte sie eine ruhige Selbstsicherheit. Das überraschte Danjin. Auraya war, als er sie kennengelernt hatte, ein wenig überwältigt gewesen von ihrer Auserwählung.

Dyara begann, Danjins Fähigkeiten zu rühmen, und er tat so, als bestreite er alles - geradeso wie er es getan hatte, als sie ihn mit Auraya bekannt gemacht hatte. Ellareens Mundwinkel zuckten, dann hob sie die Hand, um das Gespräch zu unterbrechen.

»Ich weiß, dass Danjin Speer der beste Mann für diese Aufgabe ist«, sagte sie und lächelte Dyara an. Dann blickte sie zu ihm hinüber. »Schließlich ist er der Einzige, der von sich sagen kann, dass er bereits Erfahrung bei der Zusammenarbeit mit einer neuen Weißen hat.«

Dyara rutschte auf ihrem Stuhl ein Stück zur Seite, vielleicht ein wenig verärgert über die Unterbrechung. »Das ist eindeutig ein Vorteil.«

»Allerdings.« Ellareen musterte ihn eingehend. »Was war es für ein Gefühl, mit Auraya zusammenzuarbeiten?«

Er stutzte, erstaunt über die offene Frage. Natürlich war sie neugierig, was ihre Vorgängerin betraf, aber er hatte erwartet, dass die neue Weiße das Thema umgehen würde. Er war sich nicht sicher, warum. Vielleicht nur wegen der Gerüchte, die sich um Aurayas Rücktritt rankten.

»Es war harte Arbeit, aber angenehm«, erwiderte er.

»Du mochtest sie«, stellte sie fest.

Er lächelte. »Ja.«

Sie zog die Augenbrauen hoch, um ihn zu ermutigen, weiterzusprechen.

»Sie besitzt die Fähigkeit, mit anderen mitzufühlen, obwohl ich denke, dass das ihre Arbeit im gleichen Maße erschwert hat, wie es sie erleichtert hat.«

Ellareen nickte. »Natürlich. Für einen Heiler kann Mitgefühl gleichzeitig eine Schwäche und eine Stärke sein.«

Er lächelte, weil diese Worte ihn daran erinnerten, dass Ellareen zuvor eine Heilerpriesterin gewesen war. Vielleicht hatte diese Arbeit sie gelehrt, in jedweder Situation gelassen zu bleiben. »Was glaubst du, worin deine eigenen Stärken und Schwächen liegen, Ellareen von den Weißen?«

»Nenn mich einfach Ella«, sagte sie, dann schürzte sie die Lippen, während sie über seine Frage nachdachte. »Ich weiß nicht … Mein Glaube an die Götter vielleicht. Wenn es keine offenkundige Antwort gibt, tue ich, was die Götter mir sagen.«

Das klingt wie ein persönliches Mantra. Interessant. »Eine kluge Strategie.«

Sie sah Dyara an, die schwach lächelte, dann wandte sie sich wieder Danjin zu. »Obwohl mir die Götter bis vor kurzem niemals eine Anweisung erteilt haben«, fuhr sie fort, »habe ich ihnen immer eine Gelegenheit dazu gegeben - bevor ich meine Suppe selbst ausgelöffelt habe.«

Er kicherte. »Das haben sie bestimmt zu schätzen gewusst. Nicht dass ich damit andeuten wollte, dass du dir jetzt weitere Suppen einbrocken wirst.« Er blickte zu Dyara hinüber. »Du hast viele erfahrene Helfer, die dir zur Seite stehen.«

»Ja. Dich eingeschlossen. Dyara sagt, du hättest Spione in ganz Ithania.«

»Spione?« Danjin lachte. »Man kann sie wohl kaum als Spione bezeichnen; es sind einfach Leute, die ich an Königshöfen kenne, und alte Geschäftsfreunde.«

»Erzähl mir von ihnen.«

Danjin nahm noch einen Schluck Wasser, dann lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und unterhielt sie mit Geschichten von Menschen, die er kannte, sowohl in hohen als auch in niederen Positionen. Er berichtete ihr, auf welche Weise sie ihm in der Vergangenheit geholfen hatten, und erklärte, dass sie es auch wieder tun würden. Die komischeren seiner Anekdoten schienen sie wirklich zu erheitern. Das war ein gutes Zeichen. Ihr Sinn für Humor war ein guter Ausgleich für die beinahe beunruhigende Zuversicht, die sie verströmte.

Sie wird eine gute Weiße abgeben, befand er. Hoffen wir, dass sie sich ein wenig länger halten wird als Auraya.

3

Als Auraya zum Nordflussstamm geflogen war, hatte sie gelegentlich hier und da einen Blick auf den Wasserfall in der Ferne werfen können. Als der junge Siyee, der sie führte, jetzt hinabglitt, sah sie, dass es mehrere Wasserfälle waren, von denen jeder über eine Terrasse im Land in einen Teich stürzte, von dem ein seichter Fluss zum nächsten Wasserfall hinüberströmte.

Tyve ließ sich weiter nach unten sinken, um neben einem der Wasserfälle zu landen, und Auraya setzte neben ihm auf. Das Zischen des herabfallenden Wassers erfüllte die Luft, und Auraya blickte sich um. Es war ein hübscher Ort, aber sie konnte keine Spur von der Landgeherin entdecken.

Tyve deutete auf den Wasserfall. »Sie lebt dort drin, hinter dem Wasser. Man gelangt von der Seite aus hinein.«

Auraya nickte. »Danke, Tyve. Du solltest jetzt besser nach Hause fliegen. Falls ich irgendetwas benötigen sollte, werde ich in dein Dorf kommen.«

Er nickte, nahm Anlauf auf den kahlen Felsen am Flussufer und sprang in die Luft. Während Auraya ihm nachsah, fiel ihr etwas ein, das sie über den Jungen gehört hatte.

Er wollte Traumweber werden. Sie hatte es in seinen Gedanken gelesen, als sie Mirar geholfen hatte, die Kranken in seinem Dorf zu behandeln. Mirar hatte nicht gesagt, dass er den Jungen unterrichten wolle, aber er hatte es auch nicht abgelehnt.