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>Nein<, erwiderte er mit einer gewaltigen Anstrengung gegen sich selbst, >nein, ich habe gesagt, heute werde es geschehen, und es geschieht auch.<

>Es ist wahr<, versetzte ich mit nachlässigem Ton, >hat man seinen Entschluß gefaßt, ist es besser, wenn man ihn auch sogleich voll-bringt.<

>Zeig mir die Stelle<, sprach Gabriel.

Wir begaben uns auf den Weg; er ließ sich schleppen, doch ich stellte mich, als bemerkte ich das nicht.

Je mehr wir uns dem Ort näherten, den er so gut kannte wie ich, desto mehr machte er den Schleppfuß. Ich tat, als sähe ich nichts, und ging weiter.

>Ja, hier ist es<, murmelte er, als wir dort waren.

Ein Beweis, daß er den Platz so gut wie ich als sehr geeignet für sein Vorhaben erkannt hatte.

Neben einem der großen Bretterstapel, die Sie kennen, stand ein herrlicher Maulbeerbaum. Ich konnte mich stellen, als schliefe ich im Schatten dieses Stapels, und er konnte sich während dieser Zeit hängen.

>Nun<, sagte ich, >was halten Sie von dieser Stelle?< Er war bleich wie der Tod.

>Ah!< rief ich. >Ich sehe wohl, daß es heute noch nicht geschehen wird.<

>Du täuschst dich<, entgegnete er, >mein Entschluß ist gefaßt; es fehlt mir nur ein Strick.< >Wie<, versetzte ich, >Sie kennen den Ort nicht?< >Welchen Ort?<

>Den Ort, wo Sie den Strick verborgen haben, den Sie eines Tages in die Tasche schoben, als wir durch die Seilerei kamen.<

>In der Tat<, erwiderte er stammelnd, >ich glaube, ich habe ihn hier aufbewahrt.<

>Dort<, sagte ich und deutete auf die Stelle des Bretterstapels, wo ich ihn vierzehn Tage vorher den fraglichen Gegenstand hatte verstecken sehen.

Er bückte sich und schob seine Hand in eine der Öffnungen. >In der anderen<, sprach ich, >in der anderen.< Er suchte wirklich in der anderen und zog einen hübschen, drei Klafter langen Strick heraus.

>Verdammt<, rief ich, >da läuft einem das Wasser im Munde zu-sammen.< >Was soll ich nun tun?< fragte er.

>Bitten Sie mich sogleich, Ihnen die Sache abzunehmen, und es wird in aller Kürze geschehen sein.< >Nun gut<, versetzte er, >du würdest mir ein Vergnügen bereiten.< >Ich würde Ihnen ein Vergnügen bereiten?< >Ja.<

>Sie bitten mich darum?< >Ich bitte dich darum.<

>Einem Kameraden kann ich nichts abschlagen.<

Ich machte eine hübsche Schlinge, befestigte den Strick an einem der stärksten und höchsten Äste und stellte ganz nahe an dem Maulbeerbaum ein Holzscheit aufrecht, das er nur mit dem Fuß umzustoßen brauchte, um zwei Schuh leeren Raum zwischen sich und der Erde zu bekommen.

Das war gewiß mehr, als ein ehrlicher Mann brauchte, um richtig zu hängen.

Während dieser ganzen Zeit schaute er mir zu.

Er war nicht mehr bleich. Er war aschgrau.

Als ich mit meinen Vorbereitungen fertig war, sprach ich: >Das große Werk ist vorbereitet; mit ein bißchen Entschlossenheit wird es in einer Sekunde beendet sein.<

>Das ist leicht zu sagen<, murmelte er.

>Übrigens wissen Sie wohl, daß ich Sie nicht antreibe<, bemerkte ich. >Im Gegenteil, ich habe getan, was ich konnte, um Sie abzu-halten.<

>Ja, aber ich will es<, erwiderte er, während er entschlossen auf das Scheit stieg.

>Warten Sie doch, bis ich mich hingelegt habe.<

>Leg dich hin.<

Ich tat es.

>Gott befohlen, Rossignol<, sagte er.

Und er steckte seinen Kopf durch die Schlinge.

>Nehmen Sie doch Ihre Halsbinde ab<, sagte ich.

>Es ist wahr<, murmelte er.

Und er zog seine Halsbinde ab.

>Gott befohlen, Rossignol<, wiederholte er.

>Gott befohlen, Herr Lambert; Mut, Mut! Ich schließe die Augen, um das nicht zu sehen.<

Es war in der Tat furchtbar anzuschauen.

Zehn Minuten hielt ich die Augen geschlossen, aber nichts deutete mir an, daß etwas geschah.

Ich öffnete sie wieder. Er hatte immer noch seinen Hals in der Schlinge; seine Gesichtsfarbe war nicht mehr die eines Menschen, sondern einer Leiche.

>Nun?< fragte ich.

Er stieß einen Seufzer aus.

>Der Vater Chiverny!< rief ich, indem ich die Augen wieder schloß und eine Bewegung machte, durch die, glaube ich, das Scheit umfiel.

>Herbei, zu Hi.. .<, versuchte Lambert zu rufen, aber die Stimme erlosch.

Ich fühlte, daß krampfhafte Bewegung den Baum zittern machte, dann hörte ich etwas wie ein Röcheln.

Nach einer Minute war alles ruhig und still.

Ich wagte nicht, mich zu rühren, ich wagte nicht, die Augen zu öffnen, ich hatte den Aufseher, Sie wissen, den Vater Chiverny, auf mich zukommen sehen, ich hörte das Geräusch von Tritten; endlich fühlte ich, daß man mir einen gewaltigen Fußtritt in die Seite gab.

>Was gibt es, ihr Burschen?< rief ich, indem ich mich umdrehte und mich stellte, als erwachte ich.

>Was es gibt? Dein Kamerad hat sich erhängt, während du schläfst, Taugenichts!<

>Welcher Kamerad?< sagte ich, als ob ich gar nicht wüßte, was vorgefallen war.

Haben Sie je einen Gehenkten gesehen, Herr Dumas? Das ist sehr häßlich! Gabriel war besonders abscheulich. Es ist anzunehmen, daß er sich sehr zerarbeitet hatte, denn er war ganz entstellt.

Es scheint, mein Gesicht drückte ein solches Erstaunen aus, daß man an meine Unwissenheit glaubte.

Überdies durchsuchte man die Taschen Gabriels und fand darin das kleine Papier, das mich völlig entlastete. Man nahm den Leichnam herab, legte ihn auf eine Bahre und brachte uns beide in das Krankenhaus. Dann meldete man den Vorfall dem Inspektor.

Während dieser Zeit blieb ich bei dem Körper meines Gefährten, an den ich gekettet war.

Nach einer Viertelstunde kam der Inspektor; er untersuchte den Leichnam, hörte den Bericht des Vaters Chiverny und befragte mich.

Dann faßte er seine ganze Weisheit zusammen, um sein Urteil zu fällen, und sprach: >Den einen auf den Kirchhof, den anderen ins Gefängnis.<

>Aber, Herr Inspektor!< rief ich.

>Auf vierzehn Tage<, sagte er.

Ich schwieg. Ich hatte Bange, eine Verdoppelung der Strafe herbeizuführen, was gewöhnlich geschieht, wenn man reklamiert.

Man öffnete die Kette und führte mich in den Kerker, wo ich vierzehn Tage blieb. Als ich herauskam, fesselte man mich mit einem hübschen Jungen zusammen, den Sie nicht kennen; er sprach wenigstens.

Dies, Herr Dumas, sind die Begebenheiten, die ich Ihnen achtungsvoll mitteilen wollte, in der Überzeugung, sie müßten Ihnen interessant sein. Ist es mir gelungen, Ihren Beifall zu finden, so bitte ich Sie, unserem guten Doktor Lauvergne zu schreiben, er möge mir in Ihrem Auftrag ein Pfund Tabak geben.

Ich habe die Ehre zu sein mit tiefster Verehrung, mein Herr,

Ihr gehorsamster, untertänigster Diener Bossignol, wohnhaft in Toulon.«

17. Kapitel

Protokoll

Im Oktober 1842 kam ich wieder durch Toulon.

Ich hatte die seltsame Geschichte von Gabriel Lambert nicht vergessen, und ich war neugierig zu erfahren, ob sich die Dinge wirklich so ereignet hatten, wie es mir mein Korrespondent Rossignol geschrieben. Aus diesem Grund wollte ich dem Hafenkommandanten einen Besuch abstatten. Leider war ein anderer an seine Stelle getreten, ohne daß ich etwas davon wußte.

Sein Nachfolger nahm mich nichtsdestoweniger vortrefflich auf, und als er mich im Verlauf des Gesprächs fragte, ob er mir in irgend etwas dienen könnte, gestand ich ihm, mein Besuch sei nicht ganz uneigennützig, und ich wünsche zu wissen, was aus Sträfling Gabriel Lambert geworden wäre.