Auch Dumas schildert uns die Gruppe der Galeerensträflinge als einen fast »gemütlichen« Verein von Gefangenen, die zwar angekettet sind, denen es aber möglich ist, selbst auf die Art ihrer Arbeit Einfluß zu nehmen, Briefe zu schreiben und unerlaubt mit dem Erzähler Kontakt aufzunehmen. Gabriel Lambert verbüßt seine Strafe unter erträglicheren Bedingungen als seine Leidensgenossen zehn Jahre zuvor. Doch im Widerspruch zwischen dem milderen Strafvollzug und der Tatsache, daß Gabriel an dieser Justiz zerbricht, liegt die tiefe Tragik seines Schicksals begründet. Die Todesstrafe hätte seine Schuld gesühnt. Die Begnadigung reut ihn schließlich, weil er erkennt, daß er für sein Leben gebrandmarkt, aus der Gesellschaft ausgestoßen wurde. Das Bagno ist für ihn keine mildere Strafe, weil es als Strafinstrument der Bourgeoisie keine Gelegenheit zur Wiedergutmachung seiner Schuld bietet. So ist »Gabriel Lambert« bei aller Abenteuerlichkeit der Handlung die tragische Geschichte eines jungen Mannes, der den Charakter seiner Epoche verkannt hat und auf Menschlichkeit, Gleichheit und Brüderlichkeit noch dort hofft, wo sie von der Großbourgeoisie längst verspielt wurden.
Wenn der Leser diesen kleinen Band aus der Hand legt, hat er nicht den »typischen« Dumas, aber doch gewiß etwas vom Besten seiner umfangreichen literarischen Produktion kennengelernt.
Berlin, im Juni 1975
Dr. Hans-Jürgen Hartmann