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Themen war, die nur dazu führten, daß sie tobte und schmollte.

»Warum gibst du dich bloß mit dieser verdrehten Schraube ab?« pflegte mein Stiefbruder zu fragen. Weil, wie ich ihm nicht sagte, eine Dosis unverfälschter Lebenskraft alle paar Wochen besser für den Kreislauf war als sein monotones tägliches Jogging.

Emma schaute in den Kühlschrank, dessen Licht auf ihr feinknochiges Gesicht und das platinblonde Haar fiel. Ihre Augenbrauen waren so hell, daß sie ohne Augenbrauenstift unsichtbar blieben, ebenso wie ihre Wimpern ohne Tusche. Manchmal schminkte sie sich die Augen in allen Regenbogenfarben; manchmal, wie heute abend, ließ sie der Natur ihren Lauf. Es kam darauf an, welcher Idee sie augenblicklich huldigte.

»Hast du keinen Joghurt?« fragte sie.

Ich seufzte. Von dem gesunden Zeug hielt ich nichts.

»Nein. Und auch keine Weizenkeime«, erklärte ich.

»Kelp«, berichtigte sie.

»Was?«

»Seetang. In Tablettenform. Sehr gesund.«

»Zweifellos.«

»Apfelessig. Honig. Biologisch angebautes Gemüse.«

»Und Avocados und Palmenherzen sind passe?«

Sie holte ein Stück holländischen Käse heraus und betrachtete es mißbilligend. »Die sind importiert. Importe müssen eingeschränkt werden.«

»Und was ist mit Kaviar?«

»Kaviar ist unmoralisch.«

»Auch wenn er reichlich und billig zu haben wäre?«

»Hör auf, mir zu widersprechen. Was wollte dein

Besucher? Ist die creme caramel zum Abendessen?«

»Ja«, sagte ich. »Er wollte, daß ich nach Moskau fahre.«

Sie richtete sich auf und starrte mich an. »Ich finde das gar nicht witzig.«

»Vorigen Monat fandest du creme caramel himmlisch.«

»Sei nicht albern.«

»Er sagte, ich sollte nach Moskau fahren. Mit einem Auftrag, nicht um mich der marxistisch-leninistischen Lehre in die Arme zuwerfen.«

Langsam schloß sie die Kühlschranktür. »Was für ein Auftrag?«

»Ich soll jemand finden. Aber ich fahre nicht.«

»Wen?«

»Das hat er nicht gesagt. Komm, laß uns was trinken. Im Wohnzimmer brennt der Kamin.«

Sie folgte mir durch die Halle und kuschelte sich mit einem Glas Weißwein in einen tiefen Sessel.

»Wie geht’s den Schweinen, Gänsen und Mangoldwurzeln?«

»Wachsen, blühen und gedeihen«, sagte ich.

Ich hatte keine Schweine, Gänse und erst recht keine Mangoldwurzeln. Eine Menge Rinder hatte ich, drei Quadratmeilen von Warwickshire, und die ganzen neuzeitlichen Probleme des Nahrungsmittelproduzenten. Ich hatte mich daran gewöhnt, den Ertrag in Tonnen pro Hektar zu messen, war aber immer noch nicht von einer Regierungspolitik überzeugt, die mich manchmal dafür bezahlte, daß ich etwas nicht anbaute, und mir bei Zuwiderhandlung mit Strafe drohte.

»Und die Pferde?« fragte Emma.

»Ach ja .«

Ich räkelte mich faul in meinem Sessel, sah, wie das Licht der Tischlampe auf ihr silbriges Haar fiel und beschloß, von jetzt an bei dem Gedanken, daß ich keine Rennen mehr reiten würde, nicht mehr zusammenzuzucken.

»Ich werde sie wahrscheinlich verkaufen«, verkündete ich.

»Es gibt schließlich noch Jagden.«

»Das ist nicht dasselbe. Und es sind keine Jagdpferde. Es sind Rennpferde, und sie gehören auf eine Rennbahn.«

»Du hast sie so lange trainiert ... warum läßt du sie nicht von anderen Leuten reiten?«

»Ich habe sie für mich trainiert. Für andere mache ich das nicht.«

Sie runzelte die Stirn. »Du ohne Pferde ... das kann ich mir gar nicht vorstellen.«

»Nun«, sagte ich, »mir geht es genauso.«

»Es ist wirklich zu blöd.«

»Ich dachte, du bist auch eine Anhängerin des >wir wissen, was gut für dich ist, also finde dich damit ab<!«

»Menschen müssen vor sich selbst geschützt werden«, sagte sie.

»Warum?«

Sie starrte mich an. »Es ist eben so.«

»Sicherheitsvorkehrungen sind ein Industriezweig mit Zukunft«, sagte ich bitter. »Menschen werden durch einen Haufen restriktiver Gesetze daran gehindert, alltägliche Risiken einzugehen ... trotzdem passieren Unfälle, und Terroristen haben wir auch.«

»Du bist immer noch ganz schön auf der Palme, was?«

»Ja.«

»Ich dachte, du bist drüber weg.«

»Die erste Wut hat sich vielleicht gelegt«, sagte ich. »Die Empörung bleibt.«

In meiner Rennlaufbahn hatte ich Glück gehabt, Glück auch mit meinen Pferden, und Hindernisreiten hatte mich, wie viele andere, durch alle Höhen und Tiefen zwischen Leidenschaft, Angst und höchstem Glück geführt. Wäre es nach mir gegangen, wäre ich in diesem Herbst wie gewöhnlich geschäftig von einem Rennen zum anderen gefahren, den Blick schon wie immer auf die großen Amateurrennen im Frühjahr gerichtet; denn wenn ich auch nicht der Stärkste war, was Infektionen der Atemwege anbelangte, für die ich so anfällig war wie ein Auto für Rost, so war ich doch mit zweiunddreißig körperlich so fit wie eh und je. Aber irgend jemand, irgendwo, war auf die fürsorgliche Idee gekommen, Brillenträger dürften nicht mehr in Hindernisrennen starten.

Natürlich fanden viele Leute es sowieso verrückt, mit Brille Rennen zu reiten, und wahrscheinlich hatten sie recht; aber obwohl ich ein paar Brillen kaputtgemacht und oberflächliche Schnittwunden davongetragen hatte, war meinen Augen nie etwas passiert. Außerdem waren es meine Augen, verdammt noch mal.

Auch für Haftschalen gab es gewisse Einschränkungen, wenn sie auch nicht ganz verboten waren: Doch obwohl ich alles versucht und bis zur chronischen Bindehautentzündung gelitten hatte, meine Augen und Haftschalen blieben unvereinbar. Wenn ich also keine Haftschalen vertrug, konnte ich auch nicht länger Rennen reiten. Vorbei zwölf Jahre voller Spaß. Vorbei das Streben nach Sieg, die Geschwindigkeit, die berauschende Lust. Bedauerlich, sehr bedauerlich, aber es ist nur zu deinem Besten.

Das Wochenende nahm seinen üblichen Verlauf, eine Fahrt über den Besitz, der Besuch der lokalen Rennen in Stratford-upon-Avon am Samstagnachmittag, Abendessen mit Freunden. Sonntagmorgen standen wir spät auf, faulenzten vor dem Kaminfeuer, umgeben von Zeitungen und der Aussicht auf getoastete Schinkensandwiches zum Mittagessen. Zwei zufriedenstellende Nächte lagen hinter uns, eine weitere hoffentlich vor uns. Emma war in anschmiegsamster Stimmung, und wir waren einem Eheleben so nahe, wie wir je sein würden.

In diesen häuslichen Frieden fuhr Hughes-Beckett mit seinem Daimler. Die Räder knirschten auf dem Kies: Ich stand auf, um zu sehen, wer gekommen war, und Emma ebenfalls. Wir sahen den Chauffeur und einen neben ihm sitzenden Mann aussteigen und die hinteren Türen aufreißen. Der einen entstieg Hughes-Beckett, der einen besorgten Blick auf das Haus warf, der anderen ...

Emmas Augen wurden ganz groß. »Mein Gott ... ist das nicht ...?«

»Ja, es ist.«

Sie warf einen verstörten Blick auf das unordentliche, gemütliche Zimmer. »Du kannst sie nicht hier reinbringen.«

»Nein, wir gehen in den Salon.«

»Aber ... hast du denn gewußt, daß sie kommen?«

»Natürlich nicht.«

»Du lieber Himmel.«

Wir sahen die beiden Besucher die wenigen Schritte zur Haustür zurücklegen. Ein Nein wird nicht akzeptiert, dachte ich. Jetzt werden die schweren Geschütze aufgefahren.

»Nun geh schon«, drängte Emma. »Frag, was sie wollen.«

»Ich weiß, was sie wollen. Bleib hier vor dem Feuer und mach das Kreuzworträtsel, während ich mir überlege, wie ich ihnen beibringe, daß sie es nicht haben können.«

Ich ging zur Tür und machte auf.

»Randall«, sagte der Prinz und streckte mir die Hand entgegen. »Na, wenigstens sind Sie zu Hause. Dürfen wir eintreten?«