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Etwa 1996 wurde auch Deutschland von den »Tamagotchis« überschwemmt. Diese niedlichen Spielzeug-Roboter mussten regelmäßig gefüttert und gepflegt werden, sonst gaben sie ihren Geist auf.

Microsoft möchte den Tamagochi-Hersteller verklagen. Warum? Alles, was viel Liebe und Zuneigung braucht und trotzdem irgendwann abstürzt, muss von Microsoft hergestellt sein.

Selbst den Entertainer Harald Schmidt animierten die Tamagotchis zu einer kleinen Blödelei in seiner Show:

»Wenn Japaner nach Hawaii fliegen, um sich dort das neue Potenzmittel Viagra zu kaufen, wäre das eine völlig neue Bedeutung des Begriffs >Reiseroute<! Die Japaner haben einen Vorteil, denn durch das Tamagotchi sind sie den Umgang mit künstlichen Eiern gewöhnt!«

Ich besitze vermutlich den einzigen noch intakten Tami auf der Welt. Das aber nur, weil ich ihn nie aus seiner Verpackung befreite und ihn in meinen Tresor legte, wo allerlei unsinnige Spielereien ihrer Wiederentdeckung durch Archäologen in 5000 Jahren harren.

Ich bin gespannt, was sie dann sagen werden, die Archäologen.

Dieter Thoma

Zugabe III: Von Schweinen, Katzen und Löffeln

Die flinken Eichhörnchen gelten als die Witzbolde des Gartens. Die niedlichen Kerlchen ernähren sich, wie der Volksmund meint, mühsam. Aber sie sorgen gut vor: Im Sommer vergraben sie Reserven für den Winter. Deswegen hatte die Bundesregierung Anfang der sechziger Jahre ihre Aufforderung an die Bürger, sich für einen möglichen Notfall Vorräte anzulegen, »Eichhörnchen-Aktion« genannt.

Auch ich bin diesem guten Rat gefolgt. Ich habe einige Witze verwahrt, nicht angerührt, oder nur bei besonderen Gelegenheiten ausgepackt. Sie waren so etwas wie eine eiserne Ration, oder eben ein Eichhörnchenvorrat. Nun habe ich sie ausgegraben.

Es sind vier ganz unterschiedliche Geschichten, die nichts miteinander verbindet, außer dass sie meine Zuneigung besitzen. Sie haben sich schon manches Mal bewährt. Ich hoffe, das werden sie auch hier tun - obwohclass="underline" so aufgeschrieben, statt erzählt, kommen sie mir beinahe etwas fremd vor. Vielleicht beginnt man aber auch Wertsachen, die man verschwiegen aufhebt, zu überschätzen. Sei's drum. Hier ist die erste:

Ein Mann kommt zu einem Veranstaltungs-Manager und sagt: »Ich kann Ihnen eine ganz fabelhafte Nummer verkaufen!« Der Manager wehrt ab: »Was glauben Sie, wie viele da jeden Tag kommen und das behaupten!«

Der Mann lässt nicht locker: »Es ist eine Tiernummer!«

»O je«, stöhnt der Manager, »Tiernummern gibt es wie Sand am Meer, das will doch keiner mehr sehen.«

Der Mann bleibt hartnäckig: »Es handelt sich um ein Pferd, das singt, und ein Schwein, das dazu Klavier spielt.«

»Das gibt es nicht«, sagt der Manager.

»Dann schauen Sie es sich doch wenigstens mal an!«

Der Manager lässt sich überreden und sieht wirklich ein Schwein und ein Pferd, die auf die Bühne kommen. Das Schwein setzt sich ans Klavier, und das Pferd stellt sich an die Rampe und singt.

»Das gibt es doch nicht«, staunt der Manager, »da ist doch ein

Trick dabei.«

Der Anbieter der Nummer schweigt.

»Gut«, sagt der Manager, »Sie sind ausnahmsweise engagiert, und hinter den Trick komme ich schon, denn es gibt kein Schwein, das Klavier spielt, und ein Pferd, das singt!« Die Nummer läuft, und über Wochen und dann Monate sitzt der Manager in den Vorstellungen. Er schimpft: »Ich komme nicht dahinter, aber es muss ein Trick sein! Es gibt kein Pferd, das singt, und ein Schwein, das Klavier spielt!«

Irgendwann ist er so wütend, dass er dem Mann droht: »Also, jetzt bin ich es leid. Entweder Sie verraten mir den Trick, oder ich veröffentliche, dass Sie ein Betrüger sind, und mache die Nummer für alle Zeiten kaputt!«

Der Mann windet sich und sagt: »Also, wenn Sie mich so erpressen, natürlich ist ein Trick dabei...«

»Sehen Sie«, triumphiert der Manager, »habe ich es nicht immer gesagt, nun raus damit!«

»Es ist so«, sagt der Mann, »das Pferd kann gar nicht singen — das Schwein singt und spielt!«

Der zweite Witz, den ich gehortet habe, weckt bei fast jedem Hörer eigene Erinnerungen an ähnliche Situationen.

Witze über Psychotherapie beschreiben sonst fast immer Patientenbesuche beim Seelenklempner. Besonders anregend fand ich darum eine Art Studie aus dem richtigen Leben, die ich Peter Frankenfeld verdanke. Sie stammt aus frühen Zeiten, den sechziger Jahren, als wir beide uns gelegentlich in Köln trafen.

Ein Student, der im fünften Stock in einer Mansarde wohnt, geht kurz vor Ladenschluss noch ein Kotelett kaufen. Als er etwas atemlos wieder oben in sein Mansardenzimmer zurückkehrt, fällt ihm ein, dass er keine Kartoffeln mehr hat. Na ja, denkt er sich, ich werde zur Hauswirtin gehen und sagen: »Entschuldigen Sie bitte, das kann auch nur mir passieren, aber ich habe ein Kotelett gekauft und ganz vergessen, dass ich keine Kartoffeln habe. Könnten Sie mir vielleicht ein paar leihen?« Als er vor seiner Zimmertür steht, spricht er zu sich: »Warum muss ich mich eigentlich entschuldigen? Ich habe ihr ja nichts getan. Ich werde schlicht erklären: >Stellen Sie sich vor, ich habe ein Kotelett gekauft und gar keine Kartoffeln da. Wären Sie so nett, mir drei oder vier zu leihen?<

Im vierten Stock bleibt er stehen und sagt sich: »Wie das klingt: Wären sie so nett! Diese miese Tante! Das letzte Mal, als ich nur etwas laut Musik gemacht habe, da hat die vielleicht rumgemo-sert und ein Gesicht gezogen! Also, ich werde lediglich sagen: >Stellen Sie sich vor, ich habe ein Kotelett und keine Kartoffeln dazu. Können Sie mir vielleicht ein paar leihen?< Im dritten Stock hält er wieder ein und fragt sich: »Was geht die das eigentlich an, dass ich ein Kotelett habe? Es müsste ja reichen, wenn ich frage: >Können Sie mir vielleicht ein paar Kartoffeln leihen<?« Im zweiten Stock überlegt er: Das ist eigentlich immer noch viel zu devot. Warum >vielleicht<? Ich werde einfach nur fragen: »Haben Sie ein paar Kartoffeln für mich?« Basta. Im ersten Stock bleibt er noch einmal stehen, denkt nach und beschließt: »Das ist alles Quatsch! Ich werde gar nicht fragen. Ich werde nur sagen: »Ich brauche ein paar Kartoffeln!« Er klingelt schließlich unten an der Tür, die Hauswirtin öffnet. Der Student sieht sie an, hebt abwehrend die rechte Hand und sagt: »Sie können sich Ihre Kartoffeln an den Hut stecken!«

Uns Journalisten wird nachgesagt, dass wir nur von schlechten Nachrichten leben. In vergangenen Zeiten wurden mancherorts die Überbringer schlechter Nachrichten geköpft. Sie sollten darum wenigstens schonend übermittelt werden. »Ihr Mann ist tot und lässt Sie grüßen«, heißt es im >Faust<.

Ein Mann hat eine Katze, an der er so hängt, dass er sie nie allein lassen will. Die Verwandtschaft bedrängt ihn, er müsse doch auch mal in Urlaub fahren und sich erholen. Auch sein Chef mahnt ihn, dass ein richtiger Erholungsurlaub eigentlich zur Erfüllung des Arbeitsvertrages gehöre. Schließlich versichert ihm sein Bruder, er werde die Katze so lange verwahren und gut für sie sorgen. Der Mann fährt also in Urlaub, und als er nach drei Wochen zurückkommt, holt ihn der Bruder am Flughafen ab. Die erste Frage des Heimkehrers ist: »Wie geht es meiner Katze?« »Ach die«, sagt der Bruder, »die ist tot, tut mir Leid.« Der Ankömmling schweigt erst, atmet dann tief durch und sagt: »Du hast eine Art, einem so etwas beizubringen!« »Wieso? Was hätte ich denn tun sollen? Die Katze ist nun mal tot.«