Meier nickt. »Aber in meinem Geschäft ist das ganz einfach. Wissen Sie, ich kaufe Kisten, das Stück für eine Mark, und verkaufen tue ich sie das Stück für drei Mark, und von den zwei Prozent, da lebe ich!«
Umfragen und Zählungen kamen in Mode. Gallup in den USA kannte jeder. Allensbach in Deutschland mit Frau Nölle-Neumann, die man dann die »Bodenseherin« nannte, führte die Gallup-Me-thode in der Bundesrepublik ein. Statistiken lieferten Stoff für Witze.
Drei Jäger gehen in den Wald. Der erste hat das Gewehr. Der zweite hat den Rucksack. Was hat der dritte? Der dritte hat Karies. Jeder dritte in Deutschland hat Karies.
Eine Million Volkswagen waren nach dem Kriege bis 1955 produziert worden. Das Auto wuchs zu einem Symbol des Aufstiegs.
Wer sich noch kein Auto leisten konnte, wollte wenigstens eine Mini-Ausgabe motorisierten Fortschritts haben. Vespa und Lam-bretta wurden als »Motorroller« in Italien entworfen und hier beliebt. Die Firma Messerschmidt, vorher im Flugzeugbau tätig, stellte auf der Frankfurter Automobilausstellung 1953 einen Kabinenroller vor, der wie ein Kleinflugzeug ohne Flügel aussah. Er kostete 2 375,-- Mark und erreichte eine Geschwindigkeit von 75 Stundenkilometern.
»Haben Sie etwas, das Sie bewegt?« »Ja, ein Auto.«
»Ich mache alle vierzehn Tage Ölwechsel.« »Was für ein Auto fahren Sie denn?« »Ich verkaufe Pommes frites.«
Eine rein deutsche Autofirma war in Bremen entstanden: Borgward. Sie konnte sich aber trotz guter Qualität auf Dauer gegen die Großen nicht durchsetzen. Der Volkswagen überrollte alles. 1954 wurden gut 180 000 VW verkauft, 105 000 Opel, 51 600 Mercedes und 42 000 Borgward. Pro Jahr zählten die Statistiker rund 11 000 Verkehrstote. Es wurde unter den Anhängern des schwarzen Humors der Spruch erfunden:
»Augen auf im Verkehr! Helft, Menschenleben verhüten!«
Der Export von Autos belebte die deutsche Konjunktur.
Zwei Amerikanerinnen unterhalten sich: »Hör mal, ich habe einen von diesen komischen deutschen Volkswagen gekauft. Als ich ihn vorne aufgemacht habe, war da gar kein Motor drin.« Sagt die andere Frau: »Das macht nichts, da kann ich dir helfen. Ich habe nämlich in meinem VW hinten einen zur Reserve.«
Eine andere Automarke wurde zum Statussymbol.
»Sie fahren Mercedes?« »Das bin ich mir schuldig.« »Und woher haben Sie so viel Geld?« »Das bin ich meiner Bank schuldig.«
Die Prostituierte Rosemarie Nitribitt, die 1957 in Frankfurt ermordet wurde und deren Kundenliste einen Gesellschaftsskandal auslöste, fuhr einen Mercedes 190 SL. Der Volksmund nannte sie die »Frankfurter Allgemeine«.
Auch eine Nonne ist mit dem Auto unterwegs. Auf einer Landstraße geht ihr das Benzin aus. Sie marschiert zu Fuß zu einer kleinen Landtankstelle und fragt nach einem Kanister. »Diese Woche ist vielleicht was los«, klagt der Besitzer, »drei waren schon vor Ihnen da, und jetzt habe ich keinen Kanister mehr.« »Es kann ja auch ein anderer Behälter sein«, sagt die Nonne. Nach langem Suchen findet der Tankwart einen alten Nachttopf und füllt diesen voll Benzin.
Die Nonne wandert damit zu ihrem Auto zurück. Als sie versucht, das Benzin in den Tank zu schütten, hält ein Lastwagen neben ihr. Der Fahrer blickt staunend auf den gefüllten Nachttopf und sagt: »Ihren Glauben möchte ich haben!«
Gegen die sogenannten Dummenwitze stand eine Kollektion, die man vergleichsweise »Schlauenwitze« nennen könnte. Es waren fast immer jiddische Witze, die in den zwanziger Jahren entstanden und in der österreichischen Tradition der Schriftsteller und Spötter Polgar, Kraus, Torberg, Muliar aufbewahrt wurden.
Wer vom jüdischen Witz redet, muss unterscheiden, ob er Witze über Juden oder Witze von Juden meint. Witze über Juden gab es natürlich auch, sehr bösartige sogar. Sie versuchten auch für das unbegreiflich Böse wie den Holocaust Ventile zu schaffen, das Schlimme zu verniedlichen. Es handelt sich aber meistens nicht um wirkliche Witze, eher um Peinlichkeiten.
Ganz anders der jüdische oder jiddische Witz, der in der Unterdrückung wirklich weise und selbstironische Kunstformen entwickelte. Friedrich Torberg zitierte im >Monat< damals drei Beispiele:
In einer mährischen Judengemeinde gab es einen weithin bekannten Trauerredner, der zu allen Beerdigungen herangezogen wurde — sofern die Hinterbliebenen es sich leisten konnten. Denn billig war er nicht.
Wieder einmal hatte ein angesehenes Gemeindemitglied das Zeitliche gesegnet, und die Familie — die nicht gerade im Ruf der Freigebigkeit stand — erkundigte sich nach den Kosten eines würdigen Nekrologs.
»Je nachdem«, antwortete der Vielbegehrte. »Die große, wirklich erschütternde Grabrede, die ich nur bei außergewöhnlichen Anlässen halte, kommt entsprechend teuer. Aber sie ist ihr Geld wert. Alles weint — die Trauergäste — der Rabbiner — sogar die Sargträger —, was soll ich Ihnen sagen: Der ganze Friedhof ist in Tränen gebadet. Kostet 200 Gulden.« »200 Gulden? So viel können wir nicht ausgeben.« »Gut, dann nehmen Sie die zu 100. Immer noch sehr ergreifend. Ich garantiere Ihnen, dass sämtliche Trauergäste weinen, und vielleicht wird auch der Rebbe ein paarmal aufschnupfen.« »Darauf legen wir keinen Wert. Haben Sie nichts Billigeres?« »Hab ich. Zu 50 Gulden. Allerdings weinen da nur noch die nächsten Familienangehörigen.«
»Auch 50 Gulden für eine Trauerrede sind uns zu teuer. Gibt es keine andere?«
»Es gibt«, sagte der Trauerredner, ohne sich seine Ungeduld anmerken zu lassen, »noch eine zu 20 Gulden. Aber die hat bereits einen leicht humoristischen Einschlag.«
Im Speisewagen eines Schnellzuges wird ein Offizier an einen Tisch gewiesen, an dem bereits ein jüdischer Fahrgast sitzt. Der Offizier macht aus seinem Missvergnügen kein Hehl, ergeht sich in allerlei antisemitischen Sticheleien und deutet schließlich zum Fenster hinaus: »Sehen Sie, das ganze Land wurde von meinen Vorfahren urbar gemacht. Wir sind mit Speer und Armbrust hierhergekommen, Sie höchstens mit Zwiebeln.«
In diesem Augenblick tritt der Kellner an den Tisch, um den Hauptgang zu servieren; man hat die Wahl zwischen Rostbraten und Kalbfleisch. Der Offizier entscheidet sich für den Kalbsbraten, sein Gegenüber für den Rostbraten. »Mit Zwiebeln?«, fragt der Kellner.
»No na — mit Armbrust«, antwortet der jüdische Fahrgast.
In einer Wirtsstube sitzen ein paar Mitglieder aus verschiedenen Gemeinden beisammen und prahlen mit den Wundertaten ihrer Rabbiner. »Unser Rebbe ist der größte von allen!«, trumpft einer von ihnen auf. »Zu unserem Rebben kommt an jedem Schabbes Gott und redet mit ihm.«
»Das ist unmöglich«, widerspricht ein Skeptiker. »Wieso unmöglich? Der Rebbe hat es mir selber erzählt!« »Dann hat er eben gelogen.«
»Versündige dich nicht!«, lautet das souveräne Gegenargument. »Wird Gott reden mit einem Lügner?«
Aus dem Wien Arthur Schnitzlers und Sigmund Freuds ist diese Geschichte überliefert und in den fünfziger Jahren neu aufgelegt worden:
Ein reicher Kaufmann hat sein weiträumiges Grundstück mit einer hohen Mauer umzäunt. Der etwas extravagante Sohn nutzt das aus, indem er bei schönem Wetter immer nackt auf seinem Pony reitet. Es kann ihn ja keiner sehen. Eines Tages wird er nach dem Reiten in der Mittagshitze sehr müde, er legt sich ins Gras und schläft sofort ein. Das Pony kommt heran und beschnuppert ihn. Als es das auch an einem sehr empfindlichen Körperteil tut, wird der Junge wach und erschrickt. Verwirrt beißt das Pony zu.