Der Junge schreit wie am Spieß, Diener eilen herbei und holen einen Arzt.
Der lässt den Jungen auf einer Bahre wegtragen und weist an: »Bringen Sie den Patienten ins Krankenhaus und das Pony zu Professor Freud!«
Eine ähnlich schlaue Auskunft gab ein Bundestagsabgeordneter, der zu den wenigen Freunden und Vertrauten Konrad Adenauers gehörte: der Bankier Robert Pferdmenges. Er war ein wichtiger Berater des Kanzlers, hielt sich aber sehr zurück und meldete sich in keiner öffentlichen Debatte zu Wort.
Als Pferdmenges an einem Sonntagmorgen in seinem Abgeordneten-Büro noch etwas erledigt hatte, begegnet ihm auf dem Gang eine Schulklasse, die den Bundestag besichtigt. Der Fremdenführer ist glücklich, seiner Gruppe an einem freien Tag für die Parlamentarier doch einen Politiker präsentieren zu können. Er fragt Pferdmenges, ob er bereit sei, den jungen Gästen zwei oder drei Fragen zu beantworten. Der stimmt etwas widerwillig, aber doch freundlich zu. Den Kindern fallen zunächst keine Fragen ein. Endlich fragt eine Schülerin: »Wenn Sie zwölf Millionen hätten, was würden Sie dann tun?« Pferdmenges überlegt eine Weile. »Ich müsste mich etwas einschränken«, sagt er schließlich.
Auch dieses fast prophetische Beispiel stammt aus den fünfziger Jahren:
Dem deutschen Arbeiter geht es immer besser: Erst ging er zu Fuß, dann kam er mit dem Fahrrad. Danach fuhr er Moped. Nun hat er schon ein Auto — und bald wird er fliegen.
Das Letzte
Zwei Jäger treffen sich. Beide tot.
Telegramm an den Geschäftsfreund: »Die gerechte Sache hat gesiegt.«
Antworttelegramm: »Sofort Berufung einlegen!«
Der alternde Playboy sagt: »Lieber fünf vor zwölf als keine nach Mitternacht.«
»Ich habe immer auch eine leere Flasche im Kühlschrank.« »Warum denn das?«
»Es könnte ja mal einer kommen, der nichts trinken will.«
In New York sitzen zwei Kaufleute nebeneinander beim Friseur. Der eine seufzt tief.
Sagt der andere: »Wem erzählst du das!«
Chris Howland
Deutscher Humor
Die Deutschen hätten keinen Humor, heißt es, aber nachdem ich fünfzig Jahre hier lebe, muss ich dem widersprechen.
Es stimmt, banter oder repartee (Schlagfertigkeiten, die sich in einer normalen Unterhaltung ergeben) sind hier zum Beispiel nicht so verbreitet wie in England, aber in Amerika ist das noch viel schlimmer. Ich glaube, die Amerikaner haben für diese Art Humor weitaus weniger Verständnis als die Deutschen. Wenn man in Deutschland einen Stegreifwitz aus dem Ärmel schüttelt, lachen die meisten Menschen; in Amerika dagegen schauen sie einen an, als sei man verrückt.
Bei Aufenthalten in San Francisco besuchte ich regelmäßig ein Cafe, in dem ich die Kellnerin recht gut kennenlernte. Anschließend war ich eine Woche in Los Angeles. Nach meiner Rückkehr besuchte ich wieder das Cafe.
»Sie waren lange fort«, sagte die Kellnerin.
»Allerdings«, sagte ich mit übertrieben britischem Akzent. »Und seit meinem letzten Besuch habe ich sogar gelernt, perfekt Amerikanisch zu sprechen. Niemand fragt mich mehr, ob ich aus England komme. Jetzt will jeder wissen, aus welchem Bundesstaat ich komme. Mein englischer Akzent ist völlig verschwunden.«
Die Kellnerin sah mich einige Sekunden an und sagte dann, ohne jeden Anflug eines Lächelns: »Finde ich gar nicht.«
Ich bin sicher, hätte ich den gleichen Witz bei einer deutschen Kellnerin gerissen, hätte sie mit einem Kopfschütteln »Typisch Pumpernickel!« oder etwas Ähnliches gesagt. Sie hätte nicht laut gelacht, aber sie hätte gemerkt, dass ich einen - obschon recht schwachen -Scherz machte. Die Amerikanerin hat es nicht gemerkt.
Andererseits ist die Art Humor, den das deutsche Publikum bevorzugt, manchmal dermaßen primitiv, dass man eher weinen als lachen muss. Dabei denke ich besonders an die Witzzeichnungen in Zeitungen und Illustrierten. Es sind visuelle Witze - Witze zum Anschauen. Einige sind wunderbar gezeichnet, aber die Witze selbst sind so dünn, dass es eigentlich eine Schande ist, wenn ein Künstler so viel Zeit vergeudet, um die Zeichnung anzufertigen. Nur weil jemand zeichnen kann, hat er noch längst keinen Humor. Das gilt auch umgekehrt. Die meisten humorvollen Menschen können nicht zeichnen.
Und noch etwas. Wenn die Pointe der Witzzeichnung offenkundig ist, wieso schreibt man dann Ohne Worte darunter? Halten die Redakteure ihre Leser für so dumm, dass man sie mit der Nase darauf stoßen muss, dass die Zeichnung sich aus sich selbst heraus erklärt?
Nein, ich glaube nicht, dass die Deutschen keinen Humor haben. Ich glaube jedoch, sie sind nicht mit genügend Humor ausgestattet, um ihren Geschmack daran zu entwickeln.
Lentz/Thoma
1960-1969
Das einzige Kleidungsstück, über das man sich in Deutschland im Lauf der Zeit beständig lustig machte, war der »Pariser«. Im Lexikon werden die sachlichen Fremdwörter Präservativ oder Kondom umständlich mit Empfängnisverhütungsmittel übersetzt; die Schweizer gaben dem Artikel mit ihrer Neigung zu putzigen Wortschöpfungen den Namen »Verhüterli«.
Das »Verhüterli« oder der »Überzieher« konnten nicht verhindern, dass die Zahl der Abtreibungen auf dieser Erde 1965 von der Weltgesundheits-Organisation mit rund 25 Millionen pro Jahr eingeschätzt wurde. Im selben Jahr starben in der Bundesrepublik 250 Frauen an illegalen Eingriffen.
Damals warteten die Gummikringel in vierschrötigen Eisenkästen auf Kundschaft. Die Automatenaufsteller hatten sie im Untergrund der Kneipen oft sinnigerweise zwischen Damen- und Herren-Toilette aufgehängt, und auf den Werbebildchen der Packungen lächelten blonde oder dunkle Sirenen dem umworbenen Verbraucher augenzwinkernd zu. Es kam vor, dass Frauen wie Männer nachdenklich vor den Kästen standen und überlegten, ob ihnen der unscheinbare Gummi nicht einmal von Nutzen sein könnte. Nicht alle waren bereit, sich für ein paar Groschen rechtzeitig Sicherheit einzukaufen.
Anfang der sechziger Jahre kursierte ein Witz in den Wirtshäusern und anderswo, der auch heute wieder erzählt wird. Mit dem einzigen Unterschied, dass aus der Bezeichnung »Gesundheitsläufer« der »Jogger« geworden ist.
Ein junger Mann hat sich am hellen Nachmittag bei einer verheirateten Frau eingefunden. Sie kommen schnell zur Sache. Als sich das Liebesspiel der beiden dem Höhepunkt nähert, fährt draußen ein Auto vor. »Das ist mein Mann«, ruft die Frau in Panik, »schnell, hau ab, spring aus dem Küchenfenster!« Während die Ehebrecherin die Siebensachen ihres Geliebten in Windeseile unter ihrem Bett versteckt, flieht der nackt durchs Küchenfenster in den Garten. Bei strömendem Regen hastet er in ein nahe gelegenes Waldstück.
Dort begegnet ihm ein Gesundheitsläufer, dessen Tempo sich der nackte Mann mühelos anpasst. Der Läufer betrachtet ihn von oben bis unten und fragt vorsichtig:
»Sind Sie auch Gesundheitsläufer?«
»Aber ja«, antwortet der Mann, »schon lange.«
»Und laufen Sie jeden Tag?«
»Ja, jeden Tag.«
»Und wenn's regnet, grundsätzlich nackt?« »Wie Sie sehen.«
»Hm«, sagt der Gesundheitsläufer, »und immer mit 'nem Pariser an?«
»Nein, nur wenn's regnet.«