Hein kommt mit angehobener Schulter nach Hause und lässt den Maßanzug von Antje begutachten. »Tadellos«, sagt sie, »du siehst wirklich schick aus. Aber warte maclass="underline" Jetzt wirft das Teil in der rechten Hüfte eine ziemlich große Quetschfalte. Nun geh mal schnell zum Schneider, der soll dir das reparieren.« »Ich wusste, dass Sie kommen würden«, sagt der Schneider, als Hein zum zweiten Mal vor ihm steht. »Ihre Frau hat ein gutes Auge, aber der Fehler liegt nicht bei uns, sondern an Ihrer Figur. Ihre rechte Hüfte hat eine leichte Krümmung, das lässt sich nur ausgleichen, wenn Sie die linke Hüfte etwas anwinkeln und nach vorne schieben.« Hein befolgt den Ratschlag des Schneiders und kommt mit angehobener Schulter, die linke Hüfte angewinkelt und verschoben, nach Haus. Antjes kritische Augen entdecken an der Rückenpartie des Anzugs keinen Fehler mehr, aber als sie den Sitz der Vorderseite überprüft, schüttelt Antje unwillig den Kopf. »Das ist ja kaum zu glauben«, meint sie, »aber jetzt wellt sich hier an der rechten Brust der ganze Stoff. Nun lauf mal schnell zum Schneider und lass dir das in Ordnung bringen ...« Der Schneider hört sich auch die dritte Beschwerde seines Kunden in aller Gemütsruhe an. »Wir können da nichts ma-chen«, sagt er, »Ihre rechte Brust ist flacher als die linke, wenn wir das wattieren, ist der ganze Anzug im Eimer. Aber sobald Sie den Oberkörper zurücklehnen und den Kopf ein wenig schief halten, ist der Schaden behoben.« Wieder lässt sich der Gastwirt auf die Empfehlung seines Schneiders ein. Als Hein den Heimweg antritt und — die vorgeschriebenen Haltungen streng befolgend — über die Hauptstraße geht, kommen ihm zwei elegant gekleidete Herren entgegen. Der eine wirft einen mitleidigen Blick auf Hein und flüstert dem anderen zu: »Dieser arme Krüppel kann einem wirklich leidtun.«
»Da hast du recht«, sagt der zweite Herr, »aber 'n guten Schneider hat er...«
Das Mäntelchen, der Maßanzug, die Strumpfhose, der Minirock. 1964 schrieb Rudolf Augstein, der Chef des >Spiegel<, den gedankenvollen Satz: »Der Minirock der Mary Quant und die Beatles haben die politisch relevante Gesellschaft mehr verändert als Sartre, Camus, Heidegger und Teilhard de Chardin...«
Ein kurzer Witz brachte das so geadelte Kleidungsstück mit einem anderen Sachverhalt in Verbindung: 1964 stieg die Zahl der Gastarbeiter in Deutschland auf 1 Million.
Frage: »Warum tragen die deutschen Mädchen so gern Miniröcke?«
Antwort: »Weil die Gastarbeiter so kurze Arme haben.«
Wie reagierten die deutschen Frauen auf die Häme der Männer? Zunächst noch zurückhaltend. Vielleicht hatten die Mütter, Töchter, Singles aus den »gutbürgerlichen Kreisen«, in denen sich - vom Wirtschaftswunder hochgetragen - auch Arbeiterfamilien etablierten, keine Lust zur Gegenwehr. Vielleicht waren die Hausfrauen beim Kochen, Putzen, Waschen, Bügeln auch gar nicht in der Stimmung, über Antimännerwitze nachzudenken. Es reichte ihnen, wenn die angeheiterten Herren der Schöpfung sonntags zu spät zum Mittagessen kamen und auf jeden Vorwurf, jede Zurechtweisung mit Floskeln reagierten, die sie im Wirtshaus aufgefangen hatten: »Ich glaub, ich bin im Wald«, »ich glaub, mein Schwein pfeift«, »ich glaub, ich hab 'n doofen Opa im Sauerland«, »ich glaub, meine Oma hängt in der Eigernordwand« usw.
Die Hausfrauen kegelten, die Männer kegelten - meist getrennt voneinander. Was sie einte, war die Neigung zu lauthals geschmetterten Liedern, die der Verbund der »Kegelschwestern« dem Bund der »Kegelbrüder« abgelauscht hatte. Gesungene Scherzartikel.
Kegler (Keglerin), gut Holz Kegler, gut Holz Kegeln, das ist unser Stolz, eine Kugel, die nicht läuft, ein Kegler, der nicht säuft, ein Mädel, das nicht stille hält gehören nicht auf diese Welt.
Oder:
Wir haben es im Steh'n getan im Sitzen und im Liegen und wenn wir einmal Englein sind dann tun wir's auch im Fliegen.
Mitte der sechziger Jahre probte ein Damenkegelclub aus Essen den Aufstand. Wieder einmal hatten die Männer sich in ihrer Stammkneipe verschanzt und den wartenden Sonntagsbraten bei Bier und Schnaps vergessen. Da nahmen die Betroffenen reihum Kontakt zueinander auf und spazierten in aller Gelassenheit zum Aufenthaltsort ihrer unpünktlichen Zecher. Sie hatten Töpfe, Pfannen und Kasserollen mitgebracht, stellten die Gemüse in den Rinnstein und dekorierten den Eingang des Lokals mit Schweinebraten, Schnitzeln, Roastbeef und Kartoffeln. Dann suchten sie singend das Weite, um auf ihrer Kegelbahn eine ruhige Kugel zu schieben.
Trauriger Sonntag. Rache. Erster Widerstand gegen die maskuline Selbstherrlichkeit, dem wenig später auch die ersten, wohlüberlegten Antimännerwitze folgten: Antworten auf die scherzhaft drapierte Erniedrigung der Frau. Vielleicht hat zu einer ersten Gegenwehr aber auch jene Expertise der deutschen Bundesregierung über die Situation der Frau in Beruf, Familie und Gesellschaft beigetragen (1966). Sie kam zu dem Schluss, dass der Einfluss der Frau in einer von Männern dominierten Öffentlichkeit relativ schwach sei.
Die Strumpfhose, dieses sperrige Gewebe, das den unsicheren Jünglingen bei ihren Fingerübungen im Autokino oder auf der Parkbank so sehr im Wege stand, hat es verdient, dass sie bei unserer Auswahl den Anfang macht.
Nach kurzem Liebesspiel schlüpft der Mann in seine Unterwäsche und sagt zu seiner Freundin: »Wenn ich gewusst hätte, dass du noch unschuldig bist, hätte ich mir mehr Zeit genommen.« »Tja«, antwortet sie, »wenn ich gewusst hätte, dass du mehr Zeit hast, hätte ich mir auch die Strumpfhose ausgezogen ...«
Kurz vor dem Einschlafen fragt ein Mann seine Frau, die wartend im Bett liegt: »Sag mal, Lisa, würdest du eigentlich gerne ein Mann sein?«
»Nein, ich glaube nicht«, sagt die Frau. »Und du?«
Ein Mann hat sich ein Paar sehr auffällige italienische Schuhe gekauft: weißes Leder mit schwarzen Lackkappen. Um seine Frau zu überraschen, hat er sie nach der Anprobe im Geschäft sofort anbehalten.
Als der Mann nach Hause kommt, sitzt die Ehefrau vorm Fernseher, isst Kartoffelchips, trinkt eine Flasche Bier. »n' Abend, Schnullermaus«, sagt der Mann. »n' Abend, Alter«, antwortet die Frau, ohne ihn anzusehen.
Er zögert einen Moment, dann fährt er fort: »Kannst du mich vielleicht mal 'n Augenblick angucken?« Sie dreht ihm den Kopf zu, betrachtet den Mann von oben bis unten und wendet sich wieder ab. »Fällt dir an mir nichts auf?«, fragt er irritiert.
Sie hebt die Schultern, konzentriert sich auf den Bildschirm und meint: »Du siehst müde aus, wie immer. Wirst dir wohl gleich den Bohneneintopf aufwärmen, 'ne Pulle Bier trinken und ins Bett gehen. Wie immer.«
»Oh, warte«, denkt der Mann, »das kriegst du wieder.« Er geht ins Schlafzimmer, zieht sich bis auf die neuen Schuhe aus und kehrt splitternackt ins Wohnzimmer zurück. Wieder baut er sich vor ihr auf, wieder beachtet sie ihn nicht, und wieder sagt er: »Kannst du mich vielleicht mal 'n Augenblick angucken, Schnullermaus?«
Die Frau knuspert an einem Kartoffelchip, trinkt Bier und mustert ihren Mann von oben bis unten.
»Na?«, fragt er, »fällt dir an mir immer noch nichts auf?«
»Was soll mir an dir schon auffallen?«, sagt die Frau gelangweilt.
»Er hängt. Wie immer!«
»Ja, ja«, reagiert der Mann aufgebracht, »er schaut sich nämlich meine neuen italienischen Schuhe an.«
»Na, da hättste dir aber besser 'n neuen Hut gekauft«, sagt die Frau.