Die Doppelpointe! Die Frau, nicht mehr der Mann, hat das letzte Wort. Sie reagiert auf seine Schlagfertigkeit mit einer Antwort, die nicht mehr zu überbieten ist. Auch der Leiterin eines MädchenInternats fehlen die Worte:
Die betagte Chefin eines Internats geht mit vier Schülerinnen im Wald spazieren. Plötzlich bleibt sie stehen und stellt den Mädchen die Frage: »Was würdet ihr tun, wenn ich nicht bei euch wäre und ein Mann käme, um eine von euch zu vergewaltigen?« »Schnell weglaufen«, rufen drei Mädchen wie aus einem Munde.
»Und du?«, fragt die Direktorin die kleine Maria.
»Ich würde erst mal stehenbleiben«, sagt sie.
»Und dann?«
»Den Rock hochheben.«
»So, so ... und dann?«
»Dem Mann die Hose herunterziehen.«
»Ja, und dann?«
»Dann würde ich ausprobieren, wer von uns beiden schneller laufen kann .«
In dem Jahrzehnt zwischen 1959 und 1969 überstürzten sich die gesellschaftspolitischen Ereignisse. In Berlin wurde 1961 die Mauer, die »Schandmauer«, gebaut. Zwölf Monate danach waren 12 316 Menschen unter Lebensgefahr aus der DDR in die Bundesrepublik geflohen. Auf solche Tatbestände, auf alles, was den Frieden störte, reagierte der westdeutsche Witzbold nicht. Nur die Reibungsflächen im privaten Umkreis regten ihn an, und wenn ihn schon einmal ein politisches Ereignis inspirierte, musste es mit dem Angenehmen und Nützlichen verbunden sein.
Etwa mit der Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich, die Adenauer 1963 im Jahr seines Rücktritts als Bundeskanzler zusammen mit de Gaulle gelang. Der französische Staatspräsident war damals eine weltweit bekannte Persönlichkeit der politischen Bühne, und als er 1963 die Bundesrepublik besuchte und die Deutschen ein »großes Volk« nannte, jubelte das ganze Land. Irgendeine pfiffige Spottdrossel widmete dem hochgewachsenen General, den in Frankreich jedes Kind kannte, folgenden Witz:
General de Gaulle, 72 Jahre alt, schreitet am Pariser Triumphbogen die Front alter französischer Kriegshelden ab. Plötzlich stutzt er, bleibt vor einem Veteranen mit hochgezwirbeltem Schnurrbart stehen und betrachtet ihn lange. Dann tippt er dem hochdekorierten Greis mit dem Zeigefinger auf die Brust und sagt: »Verdun 1916.« »Oui«, antwortet der Veteran. »Erste Division, drittes Regiment.« »Oui.«
»Viertes Bataillon, zweite Kompanie.« »Oui.«
»Erster Zug, rechter Flügelmann. Korporal Mombour.« »Mensch, de Gaulle!«, ruft da der alte Soldat begeistert.
Vielleicht brachte diesen Witz ein deutscher Tourist mit nach Hause. Denn in den sechziger Jahren wurden auch Paris, die Cote d'Azur, die Bretagne zu beliebten Urlaubszielen der westdeutschen Wirtschafts-Wunderkinder. Galante Französinnen und Franzosen tauchten als Spielfiguren in Witzen auf, die für den Deutschen oft wenig schmeichelhaft waren. Der teutonische Biedersinn holte sich darin eine Abfuhr.
Ein deutscher Tourist kommt in einem Pariser Bistro mit einem gutaussehenden Franzosen ins Gespräch. Nach dem vierten Kognak stellt er die Fragen aller Fragen: »Ihr Franzosen habt ja so einen unwahrscheinlichen Erfolg bei den Weibern. Wie macht ihr das eigentlich, wenn ihr eine Frau verführen wollt?« »Das Vorspiel ist wichtig«, sagt der Franzose. »Bevor ich mit einer Frau ins Bett gehe, öffne ich ihr Kleid, schütte Champagner in die Mulden ihrer Schlüsselbeine und trinke ihn daraus. Danach knöpfe ich das Kleid etwas weiter auf, gieße Champagner über ihre Brüste und schlürfe ihn. Und dann lege ich ihren Bauchnabel frei, gieße Champagner nach und .«
»Moment!«, unterbricht der Deutsche da, »geht das auch mit Bier?«
In einem Restaurant in Nizza sitzt ein Deutscher beim Mittagessen, der die Landessprache nicht versteht. Ein Franzose nimmt an seinem Tisch Platz, verbeugt sich leicht und wünscht: »Bon appetit.« Der Deutsche glaubt, sein Tischnachbar wolle sich vorstellen. Er springt auf, deutet eine Verbeugung an und sagt: »Obermeier.«
Am nächsten Mittag wiederholt sich die Szene. Der Deutsche isst seine Muscheln, derselbe Franzose kommt herein, setzt sich und sagt: »Bon appetit.« Wieder springt der Deutsche auf und stellt sich mit »Obermeier« vor.
Am Abend trifft Obermeier einen Freund, der die französische Sprache beherrscht. Er erzählt ihm, dass er beim Mittagessen einem Franzosen begegnet sei, der sich ihm zweimal als »Bon appetit« vorgestellt habe.
»Der hat sich nicht vorgestellt«, sagt der Freund, »er hat dir >guten Appetit< gewünscht.«
Tags darauf — zur selben Zeit, im selben Restaurant — sitzt der Franzose am Tisch und verspeist einen Lammrücken. Der
Deutsche kommt hinzu, setzt sich und wünscht lächelnd: »Bon appetit.«
Da springt der Franzose auf, verbeugt sich und sagt: »Obermeier.«
Ein Facharbeiter aus Bielefeld macht Urlaub in Paris. Als er 14 Tage später in seine Kneipe kommt, warten seine Zechkumpane bereits ungeduldig am Stammtisch.
»Nun erzähl mal«, sagen sie wissbegierig, »wie war's in Paris?
Jede Menge nackte Weiber gestemmt, was?«
Der Urlauber nickt. »Eine hatte ich«, berichtet er, »der hab ich im Cafe nur tief in die Augen geschaut, da saß sie auch schon an meinem Tisch und machte mich an.«
»Ja und?«
»Dann haben wir was gegessen.« »Ja und weiter?«
»Dann sind wir zu ihr nach Hause gegangen.« »Und dann?«
»Dann kam sie in einem Neglige ins Zimmer. So was Dünnes, Durchsichtiges — toll sage ich euch.« »Ja und?«
»Dann haben wir zusammen eine Flasche Champagner getrunken.« »Und?«
»Danach habe ich ihr das Neglige ausgezogen.« »Ja und dann?«
»Dann war alles so wie in Bielefeld .«
3,7 Millionen Deutsche reisten 1960 über die Grenzen ins Ausland; nach wie vor folgten die »Reiseweltmeister« mit Vorliebe dem gesungenen Lockruf: »Komm ein bisschen mit nach Italien.« Am blauen Mittelmeer, am »Teutonen-Grill«, wo gut geschulte Papagalli ihre Netze auswarfen und deutsche Blondinen an Land zogen, sammelten sie wundersame Erinnerungsstücke ein. Die bauchigen Korbflaschen zum Beispiel, aus denen sich die Urlauber den damals noch billigen Chiantiwein einschenkten.
Wieder daheim ließen sie blaues, gelbes und rotes Kerzenwachs auf die Bastschürzen der Flaschen tropfen. Die wächsernen Gebilde, die wie die Zapfen in einer Tropfsteinhöhle aussahen, fanden ihren Platz im dekorativen Zierat der Partykeller, wo sie nicht ohne Stolz dem Besuch vorgezeigt wurden. Dort saßen die braungebrannten Urlauber am selbstgebauten Mini-Tresen und erzählten ihren Gästen Witze, die sich über deutsche Urlauber lustig machten.
Ein kunstsinniger Urlauber geht durch die Straßen Roms und begegnet einer Gruppe deutscher Touristen. Er hält an und fragt einen Landsmann: »Können Sie mir sagen, wie ich von hier aus zur Laokoon-Gruppe komme?«
»Leider nein«, antwortet der Befragte, »wir sind mit Neckermann hier.«
Ein Deutscher, der in der Toskana Urlaub gemacht hat, trifft nach seiner Rückkehr einen Freund.
»Na, wie war's denn so?«, fragt er.
»Ziemlich unruhig.«
»Wieso denn unruhig?«
»Du, wir hatten die Zimmernummer 100, und die 1 war von der Tür gefallen.«