Und Alfred Kerr nickt und erwidert: »Sie haben ja so recht! Wissen Sie, ich kannte den Reinhardt ja schon, als er in Berlin angefangen hat. Da wohnte er in einer kleinen Mansarde im sechsten Stock, mit schrägen Wänden. Wenn man da hinkam, sah man einen Schrank, einen Tisch, zwei Stühle, ein Bett, zwei, drei Schwäne — das war alles.«
Willy Haas verwies auf Egon Friedell. Der habe zu diesem Fest, das es wirklich gegeben habe, eine missgünstige Kritik Franz Molnars zitiert. Ich suchte später danach und fand sie auch. Molnar hatte geschrieben: »Er (Reinhardt) hat es doch nicht nötig, dass er für eine Party ein paar Statisten vom Landestheater als Erzherzöge und Bischöfe verkleidet und den Gästen einreden will, dass wirklich lauter prominente Leute kommen ...«
Viele können gar nicht verstehen, was an dieser Anekdote von Schloss Leopoldskron witzig sein soll. Das muss man hinnehmen. Sie sind mir immer noch lieber als andere, die sich genau auskennen und mir erklären, dass Schloss Leopoldskron gar keine Allee neben einem See besitzt .
Quellennachweis
Seite 38: »Es hallte im Land ein Protestschrei ...« Seite 52: »In einem Eisenbahnabteil.«
Aus: Lutz Röhrich: Der Witz. J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poescher Verlag GmbH, Stuttgart 1977.
Seite 51: »Nach langer Abwesenheit ...« Seite 70: »In der Straßenbahn ...« Seite 74: »Sie fahren Mercedes ...«
Seite 204: »Samuel Weizenbaum, soeben erst Katholik geworden, ...«
Aus: Eike Christian Hirsch: Der Witzableiter. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1985.
Seite 75 bis 76: »In einer mährischen Judengemeinde.«; »Im Speisewagen eines Schnellzuges.«; »In einer Wirtsstube.«
Friedrich Torberg in: >Der Monat<, Heft 157, Oktober 1961. Rechte am Gesamtwerk Toberg: Langen Müller in der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München.
Seite 124: »Ein Mann betritt eine Eisenwarenhandlung.« Seite 126: »Ulbricht ist mit seiner Frau im Auto unterwegs.« Seite 180: »Ein Korrespondent der >Prawda<.«
Clement de Wroblewski: Wo wir sind ist vorn. Hamburg 1986.
Die Autoren und der Verlag danken für die freundlich erteilten Abdruckgenehmigungen. Rechteinhaber, die trotz eingehender Bemühungen nicht benachrichtigt werden konnten, bitten wir, sich an den Verlag zu wenden.
Kennen Sie den ...?
Die Lieblingswitze der Deutschen
»Man spricht viel zu leichtfertig vom Lachen in der Welt; ich halte es für eine der ernsthaftesten Angelegenheiten der Menschheit.«
Wilhelm Raabe
Zum Einstieg
»Der Witz ist das einzige Ding, was um so weniger gefunden wird, je eifriger man es sucht«, erfuhr schon Friedrich Hebbel. Er war der erfolgreichste Autodidakt der deutschen Literaturgeschichte, arbeitete sich vom Maurerlehrling zum bedeutendsten Dramatiker des 19. Jahrhunderts hoch. In seinen Stücken ist der Mensch der Vernichtung preisgegeben, wenn er seine Aufgabe in dieser Welt erfüllt hat.
Um diesem Schicksal zu entgehen, haben wir uns eilends an eine Fortsetzung des Buches >Ganz Deutschland lacht! 50 deutsche Jahre im Spiegel ihrer Witze< gemacht. Zum Glück hatten wir ja bei unserer ersten Ernte auf den fetten Weiden der Erinnerung nicht alles abgegrast. Wir folgten also weiter den Spuren des Gelächters. Wo immer gelacht wurde, forschten wir, fragten Prominente und andere Kundige nach ihren Witzen. So fanden wir viele Lieblingswitze der Deutschen, die wir in diesem Buch vereinen. Auf einem zweiten Bildungsweg haben wir in diesem Buch Witze mit Themen gekoppelt, deren Ernsthaftigkeit nicht unbedingt Witz vermuten ließ. Wenn die Wirtschaft zum Beispiel »unser Schicksal« ist, kann sie dann trotzdem witzig sein?
Ein Mann erhält einen Anruf: »Ist da Rothschild?«
Sagt der Angerufene: »Großer Gott, sind Sie falsch verbunden!«
Bei manchen dieser Fundsachen fielen wir in tiefe Zweifel. Worüber lachen wir in Deutschland eigentlich? Wissen wir immer so genau, was ein guter Witz ist? Als ich mich bei meiner Bäckersfrau beschwerte, die Brötchen seien aber heute sehr klein geraten, sagte sie: »Ach, wissen Sie, Herr Thoma, man steckt da nicht drin.«
Können andere das auch witzig finden?
Jean Paul hat gesagt: »Der Witz ist ein verkleideter Priester, der jedes Paar traut.« Und der Philosoph Friedrich Theodor Vischer fügte hinzu: »Die Paare am liebsten, deren Verbindung die Verwandten nicht dulden wollen.«
Das ist witzig, erklärt uns aber wenig.
George Orwell hat geschrieben, jeder Witz sei eine winzige Revolution. Das klingt kühn, aber der Versuch, diesen Satz zu belegen, könnte eine Dissertation herausfordern.
Clausewitz, nomen est omen, hat den Witz mit der Kriegslist verglichen: »Wie der Witz eine Taschenspielerei mit Ideen und Vorstellungen ist, so ist die List eine Taschenspielerei mit Handlungen.« Das leuchtet ein. Aber es bringt uns auch nicht viel weiter.
Wann und wo habe ich zuletzt gelacht? Wer zuletzt lacht, soll ja im Vorteil sein. Gelacht habe ich über die Kleinanzeige in der >WAZ<: »Raumpflegerin für den Raum Castrop-Rauxel gesucht.«
Neulich sagte mir jemand auf die Frage, wie es ihm gehe: »Schlecht! Mein Hund hat Flöhe, und ich habe die Grippe.«
»Hätten Sie es lieber umgekehrt?«, habe ich zurückgefragt.
War das schon ein Witz? Oder kostet Sie das als Leser nur ein müdes Lächeln?
Über was können wir in Deutschland in diesem neuen Jahrtausend lachen? Warum kann der Mensch überhaupt lachen? Nietzsche hat gesagt, der Mensch leide so tief, dass er das Lachen erfinden musste. Lachen als Notwehr also. Und der Philosoph Henri Bergson schrieb: »Das Lachen würde seinen Zweck verfehlen, wenn es von Sympathie und Güte gekennzeichnet wäre.« Ist Lachen Hochmut, wie Cicero meinte, oder hat der fröhliche rheinländische Kunsthistoriker, Professor Heinrich Lützeler, recht, der rühmte, dass Lachen Pathos und Selbstüberschätzung zerstöre? Das Lächeln steht vergleichsweise strahlend da, ist Teil der Körpersprache, signalisiert Freundlichkeit und Zutrauen. Aber warum lachen wir?
Unbestritten dürfte sein, dass Lachen zu einer Entwicklungsstufe gehört, in der wir Menschen den Tieren intellektuell überlegen wurden. So mögen wir dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz zustimmen, der meinte: »Das Lachen entspricht dem Triumphgeschrei der Gänse.«
Aber sonst haben wir lachend mit Tieren nichts gemeinsam. Der Mensch ist bekanntlich das einzige Lebewesen, das lachen kann. Deswegen spricht man ja vom tierischen Ernst. Wenn wir einen Hund anlachen, kann das sogar gefährlich werden, weil der das für Zähneblecken halten kann. Und die Hühner lachen auch nicht wirklich.
Bargeld dagegen lacht, sagt der Kaufmann. Das heißt: Lachen ist vor allem eine Reaktion der Freude. Wenn es jedoch ironisch, zynisch, höhnisch klingt, fühlen wir uns als Autoren dieses Buches nur noch bedingt zuständig. Da begegnen wir einer speziellen Form des Lachens, der Schadenfreude. Sie meinte der französische Nobelpreisträger Henri Bergson wohl, als er anmerkte, Witz sei doch immer die Degradierung eines anderen.
Aber auch Schadenfreude kann etwas sehr Befreiendes haben. Slapstick-Filme oder Comic-Strips wie >Tom & Jerry< leben davon, selbst Wilhelm Busch wäre ohne dieses Lustgefühl nie erfolgreich geworden. Es genügt aber auch ein Esel, der einen kurzen Auftritt auf einer Theaterbühne hat und dabei hingebungsvoll Wasser lässt. Das Gelächter ist garantiert. Aber was haben wir davon?