Ich übe oft Aufschlag. Mein Club ebenfalls. Fast mit jedem Jahresbeitrag gibt es irgendeinen Aufschlag. Er wird auch Zuschlag genannt. Es ist eine Art Rundumschlag. Seitdem bin ich tennisarm. Aber ein Tennisarm ist immer noch besser als ein Schwimmbecken.
Das Gegenteil von Aufschlag ist im Tennis nicht Abschlag, sondern Rückschlag. Anders als im Leben ist das nicht negativ gemeint. Der Rückschlag kann mit der Rückhand und mit der Vorhand ausgeführt werden. Vorschlag gibt es dagegen im Tennis nicht. Dafür braucht man einen Hammer.
Schlag haben ist ja etwas Positives. Der Flügelschlag der Geschichte. Nachtigallen schlagen auch. Und wenn man lange genug nachdenkt, fallen einem vielleicht doch ein paar Tenniswitze ein:
»Schlechtere Tennisspieler als mich gibt es nicht«, klagt ein
Clubmitglied nach dem Match.
»Doch«, sagt ein anderer, »aber die spielen nicht.«
Fachlich heißt Rückschlag »return« und Aufschlagen »servieren«. Aber Kellner werden da nicht gebraucht. Und wer reserviert ist, ist noch kein Rückschläger. Er wird höchstens abserviert. Mahlzeit! Und für alle, die auf ihre Linie achten müssen, gibt es Linienrichter.
Wir kennen im Tennis auch die Schlaghand. Schlagfuß müsste so gesehen mit Fußball zu tun haben. Hat er aber nicht. Dafür gibt es dort Abschläge. Auch ohne neues Rabattgesetz.
Sie merken, Tennis ist fast eine Wissenschaft, und ich verliere mich in der Tennissprache, die so vieldeutig ist und manchmal rätselhaft. Schläger, Aufschläger, Rückschläger, Schmetterer. Wenn ein guter Aufschläger dem Ball auch noch Schnitt mitgibt, ist er dann auch ein guter Aufschneider? Dann hieße Schnitt im Aufschlag auch Aufschnitt. Sehe ich verschlagen aus, wenn ich den dritten Ball nacheinander ins Aus verschlagen habe? Mindestens fluche ich. Also Fluchball.
Oder sollte ich mich lieber bei verunglückten Schlägen an den alten Bibelspruch halten: Die einfachen werden die schwersten sein?
So haben manchmal im Doppel meine Gegner vor mir weniger Angst als meine Partner.
Eine Mit-Sportlerin hat mir neulich gesagt, ein schwarzer Schläger passe zu mir. Sie hat es nicht begründet. Aber ich musste mich fragen: Bin ich überhaupt ein Schlägertyp? Wenn ja, dann aber doch zart besaitet, denke ich.
Manche Tennisspieler haben Fußfehler. Nicht nur solche, aber allein für die gibt es Punktabzüge. Andere leiden offenbar unter Sehfehlern. Immer, wenn sie den Ball ins Netz hauen, schieben sie es auf die Netzhaut.
Woran denken wir bei dem Wort Netz zuerst? An das Verkehrsnetz? An Fischer? Das soziale Netz könnte uns einfallen. Netz-Ge-wölbe, Netz-Melonen, Haarnetze, Moskitonetze, Schienennetze und Spionagenetze. Netzstrümpfe auch. Erinnern wir uns an das nostalgische Schmetterlingsnetz? Darin ist das Wort »schmettern« enthalten.
Neulich wäre ich einer Partnerin gerne ins Netz gegangen. Aber sie hielt mich konstant Longline. An langer Leine. Als ich dann über Kopf spielen wollte und zu reden anhub, machte sie einen Punkt. Das war mein letzter Satz.
Dafür habe ich Lob für einen Lob bekommen. Der Schiedsrichter rief Einstand, aber mein Gegner hat keinen ausgegeben. Einen halben Fluch war mir das wert. Halb-Fluchball.
»Sie machen mir Mut. Ich habe manchmal den Eindruck, ich sollte noch einmal Trainerstunden nehmen.«
»Ach «, erwiderte der Partner: »Hatten Sie schon mal welche?«
Und noch ein Tenniswitz? Nicht ganz überzeugend. Man kann ihn für fast jede Sportart benutzen.
»Kann ich den Aufschlag noch verbessern?« »Man kann alles verbessern.«
»Bevor Sie gehen — was finden Sie denn richtig gut bei mir?«
»Tja, richtig gut?«
»Gar nichts?«
»Doch.«
»Was denn?«
»Dass Sie jedesmal neue Bälle mitbringen!«
Solche Geschichten kann man selber erfinden. Ich stelle mir dann gern einen souveränen Schiedsrichter vor:
»Dreißig beide«, ruft der Schiedsrichter im Doppel. Er verbessert sich, sagt: »Dreißig alle!«
Als die Spieler fragend hochsehen, fügt er hinzu: »Jedenfalls viele!«
Für Golfspieler, so finden Tennisspieler, ist einer, der sich noch mit Tennis befasst, ein Gestriger, einer, der den Anschluss verpasst hat. Wie einer, der noch Steuern zahlt, kein Geld in Luxemburg oder Lichtenstein deponiert hat, besser Deutsch als Englisch spricht und zuweilen Gruppenreisen macht.
Manche haben diesen nur mühsam zurückgehaltenen Ausdruck in den Augen, diese Distanz, mit der man sich abgrenzt von Menschen, die nicht ganz gleichberechtigt, nicht satisfaktionsfähig, zu sein scheinen. Die altmodisch, halbgebildet oder hinter der Entwicklung zurückgeblieben sind.
Golfspieler besitzen etwas, das sie von Tennisanhängern signifikant unterscheidet: Sie haben ein Handikap. Ein Handikap ist nicht etwa eine Mütze mit eingebautem Telefon, sondern es beschreibt den erreichten Durchschnittswert von Schlägen. Golfspieler haben vergessen, dass ein Handikap aus dem Pferdesport kommt und dort benachteiligten Pferden eine Chance geben soll. Pferde spielen selten Golf.
Tennis kommt vom französischen »Tenez«, das heißt halten, den Ball im Spiel halten. Der japanische Kaiser, der Tenno, hat nichts damit zu tun. Golf ist Englisch, erinnert an schnelle Autos, milde Meeresbuchten, den Golfstrom, der sogar Palmen in England wachsen lässt. Golf ist die große Welt, die Weite des Platzes mit achtzehn Löchern und bis zu 550 Meter langen Spielbahnen. Golf ist Natur pur, man kann Golf nicht auf Teppichboden spielen. Tennis geht sogar in einer westfälischen Tenne.
Nein, es ist einleuchtend und sinnfällig, dass Tennisspieler, vom Golfstrom mitgezogen, die Sportart wechseln, den Tennisschläger mit einem Siebener Eisen vertauschen oder wie die anderen dreizehn Möglichkeiten sonst heißen.
Ist es der bei Golfspielern vermutete Snobismus, der zu Witzen reizt? Paul Kuhn, Handicap 24 und kein »Neugolfer«, ist der erste, der mir eine Erklärung für Golfwitze anbietet: »Weil es ein Sport ist, der wie kein anderer so verbissen und ehrgeizig von Nichtsportlern betrieben wird.«
Das Wetter ist trübe, der Golfplatz kaum besucht. Als ein Spieler am zweiten Loch bewusstlos zusammenbricht, ist niemand da, der dem erschrockenen Partner helfen kann.
Als der schließlich mit dem Mann über der Schulter am Clubhaus ankommt, springen die anwesenden Menschen auf. »Den ganzen Weg zurück haben Sie den Kranken getragen!«, rühmt einer der Clubfreunde.
»Das war nicht das Schlimmste«, antwortet der Ankömmling, »aber diese sechzehn Löcher: jedes Mal wieder rauf und runter. . .«
Es gibt auch Witze, die nicht unbedingt an einen Golfplatz gebunden sein müssten.
Die berühmte Dreiergruppe, ein katholischer Geistlicher, ein evangelischer Pfarrer und ein Rabbi spielen Golf. Es ist ein besonders heißer Tag, und in der Mittagszeit ist der Platz ganz leer. An einem Teich schlägt der Rabbi vor: »Wollen wir nicht kurz hineinspringen und uns abkühlen?«
»Aber wir haben doch gar kein Badezeug mitgenommen«, wenden die beiden anderen ein.
»Es ist doch keiner da, der uns sehen könnte«, meint der Rabbi. Nach einigem Zögern legen alle die Kleidung ab und erfrischen sich. Als sie danach nackt am Ufer stehen, kommt hinter einer Buschreihe eine Besuchergruppe daher. Die drei reagieren erschrocken, aber unterschiedlich: Die zwei Geistlichen verschränken ihre Hände unten vor dem Körper, während der Rabbi sich rasch das Gesicht zudeckt.