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Auch der Kölner Dompropst Heinz Werner Ketzer gab hinreißende Geschichten zum Besten. Zum Beispiel diese:

Der kleine Tünnes hat fünf Mark von der Oma gekriegt und soll auf die Kirmes gehen, nach Nippes. Und dann kommt er dahin,

und es steht alles still. Kein Karussell läuft.

Und er sagt: »Isch will Karussell fahren, wat is los?«

Da kommt einer vorbei: »Ruhig Junge, der Papst ist gestorben.«

Fragt der Tünnes: »Habt ihr keinen anderen, der dat Karussell anstellen kann?«

Da muss man die fabelhafte Geschichte von Heinrich Lützeler aus der >Philosophie des Kölner Humors< aufwärmen. Es ist vermutlich die bekannteste Kölner Pointe:

Fronleichnamsprozession in Köln. Eine ortsfremde Dame bemerkte höchst unkundig zu ihrer Freundin: »Sieh doch mal, wie hübsch die weißen Kinderchen sind!«

Da wandte sich das Mädchen aus der Reihe um und stellte, gekränkt, knapp richtig:

»Mer sin doch de Engelscher, du Aaschloch!«

Heinrich Lützeler habe ich auch noch in einer Talk-Show-Sendung, dem >Kölner Treff<, erlebt. Dort erzählte er:

Ein Mann kommt in die Post in Bonn und sagt: »Ich hätte gern zehn Briefmarken.«

Fragt der Verkäufer: »Wünschen Sie sie einzeln oder am Stück?« »Bitte am Stück, aber ganz dünn geschnitten. Wir haben heute abend noch Besuch!«

Lützeler knüpfte eine kleine Abhandlung daran, was sich alles aus diesem Dialog an tiefsinnigen Erkenntnissen ableiten lässt. Von guter Vorsorge bis zum Geiz.

C. W. Koch hat jetzt lauter kleine, gutmütige Lachfältchen im Gesicht. Das seien Kölner Klassiker, meint er. Aber auch die Bayern und ihre Witze liebe er sehr. Vor allem dann, wenn die Preußen mitspielen. Die seien so etwas wie die Ostfriesen der Bayern.

Ein Preuße steht auf dem Turm der Münchner Frauenkirche. Es ist ein wunderschöner Tag mit strahlend weiß-blauem Himmel. An der Balustrade stehen zwei in Trachtenmäntel gekleidete Männer neben ihm. Neugierig schaut der Preuße herüber. Die Männer zwinkern freundlich zurück. Dann bewundern sie die Aussicht:

»Ah, welch ein wunderbarer Blick.«

Da sagt der eine von den bayerisch gewandeten Leuten: »Du, lass uns fliegen.«

Der Preuße schaltet sich ein und fragt erstaunt: »Fliegen, wieso fliegen?«

Da sieht er, wie einer der beiden auf die Balustrade steigt, seinen Lodenmantel ausbreitet, hinabspringt und durch die Luft segelt. »Wunderbar«, schwärmt er vom blau-weißen Himmel herab, umkreist die beiden Kirchtürme und landet wieder. Der andere Bayer hat sich das Ganze vergnügt angeschaut und meint: »Ja, des mach i auch.«

Und so breitet auch er seinen Lodenmantel aus, fliegt in die Höhe, dreht ein paar Runden und kommt zurück. Da sagt der Preuße: »Was die mit ihren Lodenmänteln können, das kann ich mit meinem Trenchcoat auch.« Er öffnet seinen Mantel, springt hinab und klatscht unten aufs Pflaster. Da sagt der eine Bayer zum anderen: »Gell, mir sann schon rechte Teifi, mir bayrischen Engeln.«

Aber sein Lieblingswitz von den Bayern, sagt C. W. Koch, sei immer noch dieser:

Ein Preuße kommt am Hauptbahnhof in München an und erblickt zwei Seppelhosenträger. Er geht auf die beiden Einheimischen zu und fragt: »Männeken, können Se mir mal sagen, wo dat Hofbräuhaus is'?«

Er kriegt keine Antwort.

»Excuse me, Sir, where is the Hofbräuhaus?«

Keine Antwort.

»Excusez moi, Monsieur, ou se trouve la maison de Hofbräu?« Keine Antwort.

Der Preuße wird immer ärgerlicher. In 14 Sprachen versucht er es, ganz zum Schluss auch auf Hebräisch. Vollkommen entnervt geht er weg.

Da sagt der eine Bayer zum anderen: »Du, hast g'hört, wie viele Fremdsprachen der hat kenna?«

»Jo mei«, antwortet der, »aber hat's ihm was g'nutzt?«

Dabei ist mir ein relativ seltenes Beispiel eingefallen, ein skurriler Witz im regionalen Milieu:

Der Schäl stöhnt: »Mensch, was bin ich üde!«

Tünnes fragt: »Wat soll dat heißen? Etwa, du bist müde?«

»Ja, genau.«

»Warum sagst du dann nicht müde statt üde?« »Dazu bin ich zu üde.«

Manchmal ähneln Kölner Witze jiddischen Geschichten, und die Figuren darin dem Schwejk.

Tünnes und Schäl haben ein Restaurant eröffnet. Faul wie er ist, hat Schäl nur auf die Speisekarte geschrieben: »Fleisch von allen Tieren«. Der Tünnes kellnert, und gleich der erste Gast bestellt nach einem Blick auf die Karte: »Eine Scheibe Elefantenrüssel.« Tünnes läuft in die Küche und sagt: »Da ha'm wir den Salat! Wat soll ich denn jetzt sagen?«

Der Schäl geht selber hin und fragt den Gast: »Wie viel Elefant wollen Sie denn haben?«

»Na, wie ich gesagt habe, eine Scheibe.«

»Nä«, sagt Schäl, »für eine Scheibe schneiden wir unseren

Elefanten nicht an!«

Dieter Thoma.

Adel verpflichtet: Die baltischen Barone

Es gibt Menschen, die scheinen beim Thema Witz auszulaufen wie ein Fass Bier, das man ansticht, ohne den Hahn zu schließen. C. W. Koch ist so einer.

Ich kenne ihn seit 1965. Damals holte ich ihn in die erste und beinahe »legendäre« Redaktion des neuen >Mittagsmagazin<. Jetzt sitzt er bei mir im Wohnzimmer, verweigert gegen meine Erwartungen westfälischen Korn, trinkt Wasser und geht gleich an den Start.

»Die baltischen Adelsfamilien, nehmen wir die Freiherrn von Korff, von Firks, Kayserling oder Hahn, sind so weit verbreitet, dass sich kein lebender Nachfahre dieser Familien auf den Schlips getreten fühlen muss, wenn sein Name in einer der fröhlichen Geschichten auftaucht, die man sich bis heute an den Kaminfeuern östlich der Elbe zu erzählen pflegt.«

Der junge Korff hatte sich im Alter von 21 Jahren eine Probenummer von >Wild und Hund< kommen lassen. Seitdem nannte man ihn in der Familie den Bücherwurm.

So viel also zur literarischen Kompetenz des baltischen Adels, der sich im Gebiet von Litauen, Lettland und Estland niederließ und dessen männliche Mitglieder große Anhänger des schönen Geschlechts waren.

Der Baron von Firks nimmt Platz in einem Abteil des Bummelzuges von Riga raus aufs Land. Ein lecker Marjellchen sitzt ihm gegenüber. Nach einer halben Stunde Fahrt bemerkt er: »Schönes Wetter heute, mein Fräulein.«

Nach einer weiteren halben Stunde erwidert sie: »Ganz recht, Herr Baron, schönes Wetter.«

Der Zug holpert weitere 20 Minuten durch die baltische Landschaft, da sagt der Baron: »Jenug jeflirtet, zieh dich aus, mein Ferkelchen.«

Ein alter Bekannter ist auch die folgende Geschichte:

Der alte Baron von Kayserling fährt einmal im Jahr zur Grünen Woche nach Berlin. Das gehört sich einfach so, man kann ruhig mal etwas Neues erfahren. Doch im Grunde seines Herzens fühlt der Baron sich unwohl. Die Stadt ist ihm zu groß, beinahe wäre er unter die Straßenbahn gekommen.