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1948 sollten wir eigentlich nicht mit deutschen Mädchen sprechen, aber natürlich taten wir es. Amerikanische Soldaten hatten das gleiche Problem, aber sie taten es auch.

Zwei Amis wollten sich unter die Deutschen mischen und Bier in einem Münchner Gasthaus trinken.

Um nicht entdeckt zu werden, kleiden sie sich wie Bayern, mit derben Schuhen, Socken, Lederhosen, Hosenträgern und Hüten, in denen Rasierpinsel stecken. Sie finden eine Kneipe, treten ein und bestellen Bier. 30 Minuten später schauen zwei amerikanische Militärpolizisten durch die Tür, sehen die beiden und nehmen sie auf der Stelle fest.

Wieso wussten sie, dass es sich um amerikanische Soldaten handelte? Weil es Schwarze waren!

Oder dieser:

»Liebst du mich wirklich?«, fragt das deutsche Mädchen, das mit dem britischen Soldaten tanzt. »Oder ist das deine Pistole?«

Ein anderer britischer Soldat betritt eine Drogerie.

»Ich möchte kaufen Nivea Creme.«

»Fünfundvierzig Pfennige«, sagt die Verkäuferin.

»Ah!«, sagt der Soldat. »Fuunf-und-veerzisch — ist das for die Pfeife?«

»Ja«, nickt die Verkäuferin, »aber auch fürs Gesicht.«

Gewöhnlich waren Barkeeper unsere ersten deutschen Kontakte. Jeder kennt den alten Witz von dem Engländer, der einen »Dry Martini« bestellt und drei Wermut serviert bekommt. Ich habe das häufig gesehen.

Noch komischer war die junge Frau, die entschlossen war, um jeden Preis Deutsch zu lernen. Als sie eine Schale mit Erdnüssen auf der Theke sieht, bittet sie den Barmann, ihr das deutsche Wort für »peanuts« zu sagen. »Penis«, sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken.

An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass wir in jener Zeit allesamt unschuldige und prüde Menschen waren. Wir machten alle das Gleiche wie alle anderen auch, aber wir redeten nicht darüber. Selbst Ehepaare sprachen vom männlichen Anhängsel als »dein ... hmm ...«.

Wobei mir einfällt, dass das weibliche Gegenstück wahrscheinlich genauso bezeichnet wurde.

Kein Wunder also, dass die junge Frau, die mit dem Barmann sprach, keinen Schimmer hatte, wie das englische Wort für »Öhh ... hmm« lautete, vom lateinischen Begriff ganz zu schweigen. Also betrat sie ganz unbefangen einen deutschen Lebensmittelladen und verlangte »Ein Pfund Penis!«. Sie wäre wohl höchst überrascht gewesen, wenn sie eines Tages bekommen hätte, was sie bestellt hatte.

Es gab weitere Beispiele für »Besatzungshumor«. Den größten Spaß machte es, deutsche Redewendungen wortwörtlich ins Englische zu übersetzen.

»You are me a stamp!«, war die erste Übersetzung dieser Art, die ich hörte.

Später kamen »It is me completeley sausage!«, »You are heavy on wire«, »Equal goes it loose«, »Goes it you well?« — »Yes. Thank you for the after-question.«.

Oder in einem Restaurant:

»Medium oder durch, Sir?«

»I always like a bloody steak.«

»And some fucking chips, too?«

Eine große Quelle des Vergnügens war das Wort »Fahrt«, denn im Englischen bedeutet fart Furz.

Noch heute lachen britische Besucher über Ein- und Ausfahrt an der Autobahn, und sie fragen sich, ob das mit der Qualität der Speisen zu tun hat, die in einigen Raststätten verkauft werden.

Als ich eines Tages mit meinem Bruder, der zu Besuch war, durch Hamburg spazierte, zeigte er plötzlich unter brüllendem Gelächter auf ein Schild.

»Was ist los?«, fragte ich ihn.

»Sieh mal, was da steht! Spark-arse (Blitzarsch)!« johlte er, während ihm die Lachtränen übers Gesicht liefen.

Er hatte bis dahin noch nie eine Sparkasse gesehen! Da verwundert es nicht, dass viele von uns die Sprache nie richtig gelernt haben.

Lentz/Thoma

1950-1959

Bundeskanzler Adenauer kauft sich in seiner zweiten Amtszeit eine Schildkröte. Er will herausbekommen, ob sie wirklich 300 Jahre alt wird.

Das ist einer der ältesten Witze der Welt, mit einem Bart von etwa 2000 Jahren. Er steht schon in der altgriechischen Witzsammlung >Philogelos< aus dem 3.-5. Jahrhundert. Nur hält sich der alte Mann da einen Raben zu demselben Zweck. Die werden bis 200 Jahre alt. Witze leben noch länger.

Es hat immer wieder prominente Männer gegeben, die so alt wurden, dass man von ihnen sagte: »Jetzt stirbt er auch nicht mehr.« Männer, muss man einschränken, weil sie zumeist allein öffentliche Ämter von Rang einnehmen durften. Auf die Emanzipation kommen wir dann später noch.

Als der 73-jährige Adenauer 1949 mit der berühmten einen Stimme Mehrheit Bundeskanzler wurde, war es vor allem das Alter, das in den Amtsperioden danach zu Witzen reizte:

Was ist der Unterschied zwischen Adenauer und einem Handwerker? Der Handwerker kommt nicht, und Adenauer geht nicht.

Um die Hauptstadt Bonn hatte der alte Herr listig und hartnäckig gekämpft, Frankfurt als kräftigen Konkurrenten abgewehrt.

Warum wollte Adenauer unbedingt Bonn zur neuen Hauptstadt machen? Der Witz antwortet: Weil in diesem Klima jeder schlapp und schläfrig wird, nur er selber nicht.

Die fünfziger Jahre waren die Ära Adenauer. Zweimal gewann er Bundestagswahlen für seine CDU mit absoluter Mehrheit, 1953 und 1957. Er musste seine eigene Stimme nicht mehr einsetzen, um erneut Kanzler zu werden.

»Ich will nicht wieder jung werden, ich möchte nur fortfahren, alt zu werden«, versicherte er seinem Arzt.

Wahr sollen auch diese Anekdoten sein:

»Ich kann Sie nur vor Menschen warnen, die Sie immer nur loben«, warnte ein Freund Adenauer. »Aber wenn 'se nun recht haben?«, antwortete der Alte.

»Herr Bundeskanzler, gestern haben Sie aber noch einen ganz anderen Standpunkt vertreten«, warf ihm ein Redner vor. »Dat kann schon sein«, gibt Adenauer zu, »aber et kann mich doch schließlich keiner daran hindern, alle Tage klüger zu werden.«

Der Schweizer Publizist Fritz Rene Alleman schrieb 1953 im >Mo-nat<: »Zum Bilde der deutschen >Zweiten Republik< gehört die Skepsis gegenüber der eigenen Leistung und ihrer Fähigkeit zu dauern.«

Das hat die »Väter des Grundgesetzes«, den Parlamentarischen Rat, beeinflusst, eine Verfassung zu entwerfen, die zu den freiheitlichsten der Welt gehört und die Macht ganz vorsichtig verteilt.

Vielleicht war es ein Glück für den jungen Staat, dass Adenauer nicht nur so viel Autorität einbrachte, sondern auch durch die Erfahrungen der zwanziger Jahre trickreich mit den Gegebenheiten einer Parteien-Demokratie zu spielen wusste. So fiel es den an die Obrigkeit gewöhnten Deutschen leichter, sich auf die neue Situation einzustellen. Es blieb, wie man scherzte, »alles beim Alten«. Und es gab den Spruch:

»Der liebe Gott ahnt es, der Kanzler weiß es, und das Volk geht es nichts an.«

Nach der sensationell gewonnenen Fußball-Weltmeisterschaft 1954 kamen Fußballerwitze auf, die der »Wir-sind-wieder-wer«-Euphorie entgegenwirkten. Manche Deutsche taten ja so, als hätten sie eine Art neuen Krieg gewonnen und als Verlierer nun endlich gesiegt.

Bundestrainer Herberger sagt zu Adenauer: »Sie haben mich mit Ihrem Hinweis auf die Außenpolitik überzeugt. So etwas wie die Weltmeisterschaft soll nicht wieder vorkommen!« Die deutsche Mannschaft hatte 1954 das Endspiel in Bern gegen den hohen Favoriten Ungarn mit 3:2 gewonnen. 2:0 führten die Ungarn schon nach neun Minuten, und alles sah nach einer Katastrophe wie im vorherigen Spiel aus, das die Deutschen 3:8 verloren hatten. Aber nach 18 Minuten stand es 2:2. Und Helmut Rahn, den Schützen des Siegtores in der 84. Minute, kannte danach ganz Deutschland. Den Torwart Toni Turek feierte der Radio-Reporter Herbert Zimmermann mit sich überschlagender Stimme: »Toni, du bist ein Fußballgott!« Gott hatte einen schwierigen Ball gefangen.