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Frage an Radio Eriwan: »Stimmt es, dass der Genosse Stalin die Witze sammelt, die über ihn erzählt werden?« Antwort: »Im Prinzip ja, aber er sammelt auch diejenigen, die sie erzählen.«

Ich habe jetzt zwölf Tassen Kaffee getrunken. In Kännchen. Obwohl ich nur drei bestellt hatte. In Tassen. Der Ober kommt wieder vorbei und ich schaue schüchtern zu Boden. Als ich wieder aufblicke, lächelt mich Gast Nr. 7 an: »Hallo Dieter!«, begrüßt er mich. »Kennst du den schon?«

Ausgerechnet ein Kollege ist von meinem Ober angeworben worden. Er erzählt:

Ein Mann klingelt an der Etagentür. Krächzend antwortet zu seiner Überraschung von innen ein Papagei: »Wer ist denn da?«

Sagt der Mann: »Der Klempner!«

Der Papagei: »Wer ist denn da?«

»Der Klempner!«

»Wer ist denn da?«

Der Mann, immer lauter: »Der Klempner!«

Das geht so über zehn Minuten. Dann fällt der Mann vor der Tür ohnmächtig um. Als die Wohnungsinhaberin nach Haus kommt,

sieht sie den Mann und fragt: »Wer ist denn da?«

Da ruft der Papagei: »Der Klempner!«

Damit sind wir offenbar mit den Witzen aus dem Osten im Westen angekommen. »Möchten Sie noch etwas trinken?«, fragt mein Ober. »Ich habe gleich Feierabend.« - »Vielleicht eine heiße Schokolade«, überlege ich laut. »Tasse oder Kännchen?« - Ich schaue ihn einen kurzen Augenblick an. »Ach, bringen Sie einfach ein Kännchen.«

Als ich, zurück in Köln, meine Wohnungstüre aufschließe, entdecke ich zu meiner Freude einen Brief von Wolfgang Kohlhaase. Unser Freund Michael Lentz, selbst Drehbuchautor, hatte Wolfgang Kohl-haase schon früh nach DDR-Witzen gefragt. Kohlhaase schrieb mehr als zwanzig Drehbücher für DEFA-Filme, darüber hinaus Hörspiele und Erzählungen. Aber vor allem Filmdrehbücher. Daher kannten sich die beiden.

»Lieber Dieter Thoma«, schreibt er. »Wenn ich Michael Lentz traf, Ihren Kompagnon bei der Herausgabe des Buches >Ganz Deutschland lacht!<, pflegten wir uns Witze zu erzählen. Meist nahm ich mehr mit, als ich brachte. Wiederum kam ich aus einer Gegend, die mit anderen Widersprüchen lebte, mit dem Scheitern einer Utopie. Der Witz in halber Öffentlichkeit war eine ständige Übung, er wohnte gern an dem Weg, auf dem das Ziel nicht näher kam. Die Ehre Ihrer Aufforderung, Ihnen noch ein paar Beispiele dafür zu nennen, bringt mich aber in Verlegenheit. Neue alte Witze kann es nicht geben. Die platten Exemplare hat man sich nie gemerkt, und auch die guten verblassen allmählich. Der Witz braucht ja die Wirklichkeit, die er damals meinte, um zu funktionieren. Er rechnete mit ihrem Gewicht und ihrer Dauer. Er benötigte eine subversive Geselligkeit, und sei es für den Moment einer Pointe.

Das Lachen berührte Dinge von Bedeutung, den Versuch einer anderen Gesellschaft. Sie ist aus Gründen missglückt, aber auch aus Gründen auf die Welt gekommen. Sie fühlte sich nie sicher. Deshalb spielte die Musik so laut.

Das Sein verstimmt das Bewusstsein.

Frage: Was sind die vier Hauptschwierigkeiten des Sozialismus? Antwort: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

Alles ist schlechter geworden.

Nur eines ist besser geworden: Die Moral ist schlechter geworden.

Was hat 36 Zähne und vier Beine? Antwort: Das Krokodil. Was hat 36 Beine und vier Zähne? Antwort: Das Politbüro.

Ein Neuankömmling kommt in die Hölle, die zwei Abteilungen hat. Vor der sozialistischen steht eine Schlange, vor der kapitalistischen ist es leer. Er geht erst einmal dort hinein. >Was passiert einem denn hier?<

>Man sitzt in siedendem Öl und läuft auf glühenden Kohlen und wird mit spitzen Eisenstangen durchstoßen.< >Und drüben?<

>Man läuft auf glühenden Kohlen und sitzt in siedendem Öl und wird mit spitzen Eisenstangen durchstoßen.< >Wenn es keinen Unterschied gibt, warum stehen die Leute dann dort an?<

>Mal fehlt das Öl, mal die Kohlen, mal sind die Stangen nicht da.<

Die Frösche schreiben ans Politbüro: >Uns fressen die Störche, was sollen wir tun? Helft uns!<

Nach längerer Zeit kommt die Antwort: >Fresst die Störche doch selbst!<

Die Frösche schreiben wieder: >Wir sind Frösche. Wir können keine Störche fressen.<

Das Politbüro schreibt zurück: >Wir treffen nur Grundsatzentscheidungen. Die Lösung müsst ihr selbst finden.<

Ein Volkspolizist stoppt eine Straßenbahn. Er sagt: >Fahren Sie rechts ran!<

In Sibirien hält ein Zug lange auf offener Strecke. Die Reisenden fragen den Schaffner: >Warum stehen wir?< >Wir tauschen die Lok.<

Es dauert, die Reisenden fragen erneut: >Warum halten wir immer noch?<

>Wir haben die Lok getauschte >Ja und?< >Gegen Wodka.<

Eine ausländische Delegation bereist das Gebiet Witebsk. Man erklärt ihr die kulturelle Entwicklung: >Wir haben heute im Gebiet Witebsk vierunddreißig Schriftsteller. Früher gab es hier nur einen einzigen. Er hieß Leo Tolstoi.<

Der Kosmonaut Gagarin kreist um die Erde. Auf einer polnischen Baustelle ruft ein Maurer von unten nach oben:

>Antek!<

>Ja?<

>Die Russen sind im Kosmos!<

>Alle?<

>Einer.<

>Scheiße!<

Der zuständige Minister besucht eine landwirtschaftliche Genossenschaft. Er lobt in einer langen Rede den Sachverstand der Bauern. Er hat eine letzte Frage: Warum hat diese Kuh keine Hörner?< Der Vorsitzende antwortet: >Eine Kuh kann aus verschiedenen Gründen keine Hörner haben. Sie kann ohne Hörner geboren sein. Man kann ihr die Hörner abgesägt haben. Sie kann die Hörner auch verloren haben. In diesem speziellen Fall handelt es sich allerdings um ein Pferd!<

Wie steigert man den Wert eines Forint?

Man bohrt in einen Forint vier Löcher. Dann ist er ein Knopf.

Und ein Knopf kostet zehn Forint.

Wir haben ein so genanntes mittleres Jahr. Was heißt das?

Schlechter als das letzte, aber besser als das nächste.

Frage an Radio Eriwan: Stimmt es, dass der Kapitalismus dem Abgrund entgegenrast? Im Prinzip ja.

Warum wollen wir ihn dann überholen?

Die beiden nächsten Witze sind, glaube ich, neueren Datums und haben schon mit dem Kapitalismus mit menschlichem Antlitz zu tun, den es ja geben soll.

Was unterscheidet den deutschen und den ungarischen Geschäftsmann?

Beide verkaufen ihre Großmütter. Aber der Ungar liefert nicht.

Wie wird ein Mann, der nur einen Apfelbaum besitzt, Millionär? Er kümmert sich um den Baum von früh bis spät. Er wässert ihn im Sommer, und im Winter schützt er seine Wurzeln vor Frost. Er vertreibt die Wespen, so gibt es keine Maden. Wenn der Wind den Baum schüttelt, ist er da, um die Äpfel aufzufangen. So gibt es kein Fallobst. Er verliert keinen seiner Äpfel und bringt sie poliert auf den Markt. Er macht einen kleinen Gewinn und hat im nächsten Jahr schon zwei Apfelbäume. Er handelt wieder mit aller Umsicht. Dennoch, einige Äpfel fallen und bekommen Flecke. Aber auch die gibt er nicht verloren und macht aus ihnen Kompott. Er bringt alles zum Markt und macht wieder Gewinn. Er hat im dritten Jahr drei Apfelbäume. Die Mühe wächst, aber auch seine Erfahrung und seine Liebe zur Apfelzucht. Die meisten seiner Äpfel erntet er unversehrt, und wenn dennoch welche fallen, werden sie zu Kompott, und wenn einige sogar faulen, macht er Most aus ihnen und denkt schon im Voraus an die Her-stellung von Wein. Er bringt alles auf den Markt, wo er nun schon als erfolgreicher Mann gilt, macht wieder einen Gewinn und hat im vierten Jahr schon vier Apfelbäume. Nach sieben Jahren stirbt seine Tante und er erbt eine Million.