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»Wir haben bereits Köder ausgelegt, die sie zur Verlustflotte locken sollen«, merkte Desjani an.

Stirnrunzelnd betrachtete er das Display. Ihm war klar, dass sie damit die Hilfsschiffe meinte. Ohne diese Schiffe war die Allianz-Flotte erledigt, da ihr die Brennstoffzellen und die Munition ausgehen würden, lange bevor sie auch nur in die Nähe des Allianz-Gebiets gekommen waren. Also war es von entscheidender Bedeutung, dass diese Schiffe ganz besonders geschützt wurden. Natürlich waren sie damit auch der beste Köder, um den Feind anzulocken. »Wir haben sie damit bei Sancere auch schon mal angelockt. Meinen Sie, die lassen sich nochmals hinters Licht führen?«

»Wir müssen es diesmal einfach nur anders anstellen«, entgegnete Desjani.

»Irgendeine Idee?«, fragte er.

Wie sich im nächsten Moment zeigte, hatte sie sogar einige Ideen. Es war nichts, was ihm uneingeschränkt zusagte, aber es genügte, um damit zu spielen und einen Plan auszuarbeiten.

Hin und wieder schaute er zu Rione, um festzustellen, ob sie auch etwas dazu beizutragen hatte, doch sie saß nur da und schaute mit versteinerter Miene auf ihr eigenes Display.

»Captain Tyrosian, stellen Sie alle Shuttles und alle Leute, die nicht damit beschäftigt sind, die Reparaturschiffe leerzuräumen oder die Sprengladungen zu platzieren, dazu ab, deutlich sichtbar die anderen Syndik-Schiffe zu plündern.«

Tyrosian, die zweifellos gerade eben dazu hatte ansetzen wollen, voller Stolz von den Fortschritten zu berichten, die ihre Leute machten, verstummte gleich wieder und sah ihn verwirrt an. »Sir?«

»Die Syndiks sollen sehen, dass wir uns völlig verzweifelt alles unter den Nagel reißen, was wir nur kriegen können«, erklärte Geary. »Lebensmittel und alles andere. Die sollen glauben, dass Sie so lange wie möglich bei der Verlustflotte bleiben, um alles einzusammeln, was Sie finden können. Wir müssen einen verzweifelten Eindruck erwecken, damit sie glauben, dass wir dringendst unsere Vorräte aufstocken müssen.«

»Wir… müssen dringendst unsere Vorräte aufstocken, Sir«, wandte Tyrosian ein.

Desjani konnte sich nur mit Mühe ein Lachen verkneifen, stattdessen gab sie einen erstickten Laut von sich, den Geary lieber ignorierte. »Captain Tyrosian«, erklärte er geduldig.

»Sobald die Verfolgerflotte auftaucht, werden wir die Hilfsschiffe länger bei der Verlustflotte verweilen lassen, als es unter Sicherheitsaspekten ratsam wäre. Die Syndiks werden sich ohnehin auf Sie konzentrieren, da die vier Hilfsschiffe für sie von ganz besonderem Interesse sind. Aber wir müssen den Syndiks einen plausiblen Grund geben, wieso Sie weiter bei der Verlustflotte bleiben, obwohl der Feind anrückt.

Wenn die glauben, dass Sie Vorräte zusammensuchen, ohne die wir aufgeschmissen sind, dann haben wir den plausiblen Grund.«

Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann fragte Tyrosian: »Wir sind schon wieder der Lockvogel?«

»Ja, Captain, Sie sind abermals der Lockvogel.«

Tyrosian wirkte niedergeschlagen, nickte dennoch. »Verstehe, Sir.«

»Ich muss wohl nicht extra betonen«, fühlte er sich veranlasst zu sagen, »dass wir alles tun werden, um Ihre Schiffe davor zu bewahren, dass sie tatsächlich vernichtet werden.«

»Danke, Sir. Das weiß ich zu schätzen.«

»Ich werde Ihnen einen detaillierten Einsatzplan für Ihr Schiff zukommen lassen, sobald die Verfolgerflotte eingetroffen ist und wir ihre Bewegungsvektoren kennen. Vielen Dank, Captain Tyrosian.«

Zwanzig Minuten später waren Matrosen in Schutzanzügen damit beschäftigt, Vorräte aus den geplünderten Syndik-Schiffen auf Shuttles zu verladen, als auf einmal der Alarm ertönte, den Geary schon vor Stunden erwartet hatte.

»Die Syndik-Flotte ist durch den Sprungpunkt von Ixion gekommen«, meldete ein Wachhabender fast gleichzeitig.

Gebannt hielt Geary den Atem an, während die Flottensensoren die feindliche Streitmacht analysierten, die aus dem Sprungpunkt geflogen kam, der nun fünfzehn Lichtminuten entfernt war. Das bedeutete, dass die Syndiks bereits eine Viertelstunde lang hatten überlegen können, wie sie vorgehen sollten, ehe die Allianz-Flotte überhaupt deren Ankunft hatte sehen können.

Die Anzahl der Jäger und der Leichten Kreuzer in der Verfolgerflotte war trotz der ihnen von der Allianz-Flotte zugefügten Verluste immer noch beeindruckend groß. Dagegen hatten sich die Reihen der Schweren Kreuzer deutlich gelichtet.

Beim letzten Aufeinandertreffen in diesem System waren etliche zerstört worden und man hatte zweiundzwanzig der Schiffe bei der schwer beschädigten Flotte zurückgelassen.

Neun dieser zweiundzwanzig waren bereits vernichtet, den Rest hatte man aufgegeben. In der Verfolgerflotte befanden sich jetzt nur noch sechzehn Schwere Kreuzer.

Dann folgten die großen Kriegsschiffe aus dem Sprungpunkt. Erst zehn Schlachtschiffe, dann fünfzehn, schließlich einunddreißig. Sechs Schlachtkreuzer, dann dreizehn.

»Einunddreißig Schlachtschiffe, dreizehn Schlachtkreuzer«, zählte Desjani. »Nicht ganz so schlimm.«

»Aber die sind allesamt in einem besseren Zustand als unsere«, entgegnete Geary und ging noch einmal die Zahlen durch, obwohl er sie längst kannte. Die Allianz-Flotte verfügte noch über zweiundzwanzig Schlachtschiffe, zwei Scout-Schlachtschiffe und siebzehn Schlachtkreuzer. Dazu kamen neunundzwanzig Schwere Kreuzer. Aber etliche der Allianz-Schiffe hatten erhebliche Schäden erlitten, und auch wenn inzwischen die Munitionsvorräte aufgefüllt worden waren, mussten sie davon ausgehen, dass die Syndiks weitaus mehr Munition zur Hand hatten.

Einunddreißig feindliche Schlachtschiffe. Geary nahm sich einen Moment Zeit, um sich zu entspannen. Er wusste, er hatte diese feindliche Schlagkraft zu respektieren, ohne sich davon verrückt machen zu lassen. »Unser einziger Vorteil ist die große Zahl an Schweren Kreuzern«, sagte er schließlich.

Desjani schüttelte den Kopf. »Wir haben noch einen anderen großen Vorteil«, widersprach sie ihm. »Als dieser Syndik-Commander uns das letzte Mal gesehen hat, da waren wir auf der Flucht. Seitdem hatte er elf Tage Zeit, um dieses Bild von uns in seinem Kopf zu festigen. Nun sieht dieser Commander, welchen Schaden wir hier angerichtet haben, und das wird ihn wütend machen. Überheblichkeit und Wut sind eine Kombination, die zu gedankenlosem Handeln verleitet, Sir.«

»Dem kann ich nichts entgegensetzen«, meinte Geary.

Unwillkürlich überlegte er, ob seine eigene Überheblichkeit und seine Wut auf jene Befehlshaber in seiner Flotte, die bei jeder Gelegenheit gegen ihn arbeiteten, ihn womöglich auch zu gedankenlosem Handeln verleitet hatten, als er das erste Mal entschied, nach Lakota zu fliegen. Allerdings war das jetzt eigentlich völlig unerheblich. Nun kam es darauf an, sich die vermutliche geistige Verfassung des feindlichen Befehlshabers zunutze zu machen. »Dann wollen wir mal sehen, ob er so reagiert, wie wir das von ihm erwarten.«

Während die Minuten verstrichen, wurde zunehmend deutlicher, dass der Syndik-Kommandant tatsächlich so reagierte wie erhofft. Ob aus Gedankenlosigkeit oder nicht, spielte für den Augenblick keine Rolle. Die Syndiks veränderten leicht ihre Formation, während sie auf einen Abfangkurs zu den Allianz-Schiffen gingen. Die standardmäßige Kastenformation wurde dabei zu einer tiefen rechteckigen Form umgebaut, deren breite Seite der Allianz-Flotte zugewandt war. Diese Formation war vielseitig einsetzbar, da Länge, Breite und Tiefe an unterschiedliche taktische Situationen angepasst werden konnten, aber sie hatte auch ihre Nachteile, da die Feuerkraft nicht so leicht auf einen bestimmten Punkt in einer feindlichen Formation konzentriert werden konnte und sich auch nicht so schnell anders ausrichten ließ. Trotzdem schien es die einzige Formation zu sein, die den Syndik-Befehlshabern beigebracht wurde — oder die einzige, die sie anwenden durften.

»Sie befinden sich auf Abfangkurs zu den Allianz-Schiffen in der Verlustflotte«, merkte Desjani lächelnd an.