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»Ich würde sagen, das reicht für den Anfang«, meinte Desjani.

Seine unorganisierte Flotte » kletterte« zwischen dem Minenfeld und dem Sprungpunkt nach oben und bewegte sich immer noch mit nur 0,05 Licht voran. Natürlich gab es im Weltraum eigentlich kein Oben oder Unten, aber Menschen benötigten diese räumlichen Bezüge, um sich im Weltall orientieren zu können. Vor langer Zeit hatte man sich darauf geeinigt, dass alles, was sich oberhalb der Ebene eines Sternensystems befand, nach oben wies, alles darunter dementsprechend nach unten. Zur Sonne hin redete man von Steuerbord, von der Sonne abgewandt von Backbord. Nur mit diesen Richtungsangaben im Hinterkopf war es möglich, dass ein Befehl auf allen Schiffen gleich verstanden wurde und niemand in die falsche Richtung flog.

Sobald die Flotte einen Punkt erreicht hatte, von dem aus sie wieder »nach unten« fliegen und sich dem Feind nähern konnte, mussten Befehle ausgegeben werden, die jedem Schiff sagten, wohin es sich zu begeben hatte. Er musste praktisch alles sofort erledigen, da es auf jede Sekunde ankam.

Hätte er bloß nicht so viel auf einmal zu regeln gehabt…

Warum machte er eigentlich alles selbst? Warum übertrug er nicht einen Teil seiner Aufgaben auf einen vertrauenswürdi-gen Offizier, von dem er wusste, dass der sein Handwerk verstand und dass der ihn seit Monaten bei der Arbeit erlebte?

"Captain Desjani, würden Sie den Plan für die Flugmanöver der Zerstörer und der Leichten Kreuzer erstellen, während ich mich um die schweren Jungs kümmere? Unsere Enterteams müssen so viele Reparaturschiffe wie möglich gleichzeitig erreichen.«

Desjanis Miene hellte sich auf, und ohne zu zögern nickte sie. »Wird erledigt, Sir. Ich verbinde unsere Manöverdisplays, damit wir die Bewegungen koordinieren können, während wir sie planen.« Sie beugte sich vor und studierte ihr Display, dann begannen ihre Finger förmlich über die Kontrollen zu fliegen.

Geary konzentrierte sich auf sein eigenes Display, um sich einen Überblick zu verschaffen, wo seine Schweren Kreuzer, Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer sich befanden, wohin er sie schicken musste und wann sie wo zu sein hatten. Seine Divisionen waren noch immer ungeordnet, was die Situation weiter verkomplizierte. Auch hatten viele Schiffe nach der letzten Schlacht bei Lakota noch nicht ihre volle Schlagkraft zurückerlangt. Die Antriebseinheiten praktisch aller Schiffe waren wieder mit voller Leistung einsatzbereit, aber selbst mit seiner Erfahrung in der Choreographie von Schiffsbewegungen hätte er in der verfügbaren Zeit niemals Ordnung schaffen können, wären da nicht die Steuersysteme gewesen, die die einfachste und schnellste Lösung vorschlugen, sobald er ein Schiff einem Ziel zugewiesen hatte. Während er damit beschäftigt war, wurden auf seinem Display zugleich Lösungs-vorschläge für die Leichten Kreuzer und die Zerstörer angezeigt, die von Desjani zugeordnet wurden. Nach wenigen Sekunden merkte er, wie er seine Arbeit der von Desjani an-passte, die ihrerseits das Gleiche bei seinen taktischen Zügen machte.

»Die Audacious befindet sich in dieser großen Gruppe aus Syndik-Reparaturschiffen und beschädigten Kriegsschiffen«, stellte sie plötzlich fest. »Zumindest, was von ihr noch übrig ist.«

Und das war nicht sonderlich viel, wie Geary erkennen musste, als er sich auf das Wrack konzentrierte. Die optischen Sensoren seiner Flotte waren empfindlich genug, um kleinere Objekte quer durch ein Sternensystem zu verfolgen, und sie konnten mühelos ein deutliches Bild von einem Schiff liefern, das gerade mal zehn Lichtminuten entfernt im Raum hing. Da alle Kommando-, Kontroll- und Gefechtssysteme ausgefallen waren und massive Schäden die Hülle erheblich deformiert hatten, war sie von den Flottensensoren nicht sofort als eigenes Kriegsschiff erkannt worden.

Das Allianz-Kriegsschiff hatte zusammen mit zwei anderen die Nachhut gebildet, als die Flotte aus Lakota geflohen war, und war dabei schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Der gepanzerte Rumpf hatte so viele Treffer einstecken müssen, das die Hülle aussah wie ein Stück Blech, das in einen Säure-regen geraten war und das man achtlos weggeworfen hatte, während es von der Säure langsam weiter zersetzt wurde. Jedes Waffensystem der Audacious war zerstört worden — entweder während des Gefechts oder unmittelbar danach und keine der Antriebseinheiten war noch in der Lage, das Schiff von der Stelle zu bewegen. Aber die Syndiks schleppten das Wrack trotzdem ab. »Was haben die vor? Warum nehmen die die Audacious mit?«

Desjani überlegte einen Moment, dann halte sie eine Idee.

»Ein Gefangenentransport. Sehen Sie? Es entweichen Wärme und Atmosphäre, was bedeutet, dass die Syndiks einige Quartiere hergerichtet haben und dass die Lebenserhaltungssysteme noch arbeiten. Ich möchte wetten, auf der Audacious wimmelt es von Kriegsgefangenen der Allianz. Wahrscheinlich ziehen sie sie zur Zwangsarbeit heran, damit sie mithelfen, deren Schiffe zu reparieren.«

»Verdammt.« Er musste den Plan anpassen. Sie mussten das beschädigte Allianz-Schiff in ihre Gewalt bekommen, bevor…

»Tanya, würden die den Antrieb der Audacious in die Luft sprengen?«

Mit ernster Miene nickte sie. »Wir haben das schon gemacht, sie ebenfalls. Ganz sicher treffen sie jetzt die ersten Vorbereitungen dafür.«

Dann hatten sie ja nichts zu verlieren. Für Geary war es einer der größten Schocks gewesen, als er miterlebt hatte, wie Flottenpersonal der Allianz den kaltblütigen Mord an Kriegsgefangenen plante, indem es alles vorbereitete, um ein feindliches Schiff zu vernichten — während alle Gefangenen noch an Bord waren! Diese Flotte — seine Flotte — würde so etwas nicht länger dulden, doch Geary wusste auch, dass das für die Syndiks sicher kein Anlass war, anders als bislang üblich zu verfahren. Er musste also nicht fürchten, die Syndiks auf Ideen zu bringen, die ihnen nicht schon längst durch den Kopf gegangen wären. Er unterbrach seine Arbeit und tippte auf die Komm-Kontrolle: »An das Personal der Syndikatwelten im Lakota-System. Hier spricht Captain John Geary, Kommandant der Allianz-Flotte. Ich mache Sie hiermit auf Folgendes aufmerksam: Sollten die Kriegsgefangenen der Allianz auf dem Schlachtschiff Audacious oder auf einem anderen Schiff durch einen vorsätzlich überhitzten Antrieb oder einen anderen Gewaltakt ums Leben kommen, dann werde ich dafür sorgen, dass jedes Schiff, jedes Shuttle und jede Rettungskapsel der Syndikatwelten in diesem System vernichtet werden.

Wenn Sie unsere Leute am Leben lassen, dann schwöre ich bei der Ehre meiner Vorfahren, dass ich Sie alle entkommen lasse. Wenn Sie sie töten, erwartet jeden Einzelnen von Ihnen der qualvollste Tod, den ich Ihnen zufügen kann.« Es würde ungefähr zehn Minuten dauern, ehe seine Nachricht die Syndik-Formation erreicht hatte, in deren Mitte sich die Audacious befand, also kurz nachdem die Syndiks das Eintreffen der Allianz-Flotte bemerkt haben würden. Er konnte nur hoffen, dass das noch genügte.

»Das sollte sie aufhorchen lassen«, murmelte Desjani, die wieder auf das Display sah und ihre Kontrollen bediente.

Geary widmete sich seinen Aufgaben, zu denen nun auch noch gehörte, die Überreste der Audacious zu schützen. Die Arbeit schien ewig zu dauern. Langgestreckte Kurven zogen sich über das Display, überschnitten sich und vollführten einen komplizierten Tanz. Tatsächlich nahm das alles nur Sekunden in Anspruch, auch wenn es um zahllose Schiffe ging, die in Position gehen sollten.

»Fertig«, sagte Desjani und schnappte nach Luft.

Nachdem er sich um den letzten Schweren Kreuzer gekümmert hatte und die vom Computersystem errechnete Lösung dargestellt wurde, nickte Geary. »Ich auch. Überprüfen wir gemeinsam noch mal alles, okay? Ich will sichergehen, dass die schweren und die leichten Schiffe so positioniert sind, dass sie sich gegenseitig unterstützen können, wenn es nötig werden sollte.«