»Den Beweis dafür finden Sie in jedem Sternensystem, das diese Flotte nach der Flucht aus Ihrem Heimatsystem durch-quert hat. Tun Sie nicht so, als hätten Sie nichts davon ge-hört.«
CEO Cafiro legte die Handflächen aneinander und drückte die Fingerspitzen an seinen Mund, als er wieder überlegte.
»Das genügt nicht. Jetzt nicht. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Solange die Chance besteht, dass Sie gestoppt werden können, wird sich niemand gegen die Mitglieder des Exekutivrats stellen.«
Er sagt die Wahrheit, ließ ein erstaunter Lieutenant Iger ver-nehmen.
»Und wenn diese Flotte nach Hause zurückkehrt?«
Der Syndik musterte Geary. »Dann haben wir es mit einem gewaltigen Versagen zu tun, dessen Preis zu hoch ist, um ihn zu berechnen, und dessen Folgen gänzlich unabsehbar sind.
Aber selbst dann werden die momentanen Mitglieder des Exekutivrats nicht verhandeln wollen. Das können sie sich gar nicht leisten, weil ihnen dann das Versagen zugeschrieben werden kann.«
Geary nickte und erinnerte sich an das, was Rione dazu gesagt hatte.
»Aber«, fügte Cafiro an, »wenn es dazu gekommen ist, wird der Rest der Syndikatwelten nicht bereit sein, sich zu opfern, nur um den Exekutivrat zu beschützen.«
Fragen Sie, ob das eine Revolte bedeutet oder ob der Exekutivrat dann neu besetzt wird, riet Rione ihm.
Gearys Nicken bezog sich auf Cafiros, zugleich aber auch auf Riones Worte. »Soll das heißen, es wird zu einer Revolte kommen? Oder werden dann neue Mitglieder den Exekutivrat bilden?«
»Das weiß ich nicht«, gab Cafiro zurück und schaute kurzweg.
Gelogen, meldete Iger.
»Nehmen wir an, es rücken neue Mitglieder nach«, hakte Geary nach. »Werden die bereit sein, über ein Ende des Krieges zu verhandeln?«
»Unter den gegebenen Umständen? Ich glaube schon.
Aber es hängt natürlich von den Bedingungen ab.«
Stimmt, erklärte Iger.
»Würden diese Mitglieder mit uns zusammenarbeiten, um gegen die Aliens vorzugehen, anstatt weiterhin so zu tun, als würden die nicht existieren?«
»Ja, ich…« Zu spät erkannte Cafiro, dass er im Begriff war zuzugeben, von der Existenz der Aliens zu wissen. Wieder lief sein Gesicht rot an.
»Wir kennen doch beide die Wahrheit«, sagte Geary. »Und wir wollen beide das Gleiche: diesen sinnlosen Krieg beenden und eine geschlossene Front gegen eine Macht bilden, die die Menschheit bedroht. Das sollte eine Grundlage für eine Zusammenarbeit sein.«
Der CEO nickte einmal knapp.
Appellieren Sie an sein eigenes Interesse!, forderte Rione ihn auf. Sprechen Sie nicht davon, was für die Menschheit oder für die Syndikatwelten wichtig ist. Sein eigenes Interesse zählt. Er ist nicht durch Uneigennützigkeit ein CEO geworden!
Ja, Rione hatte recht. Geary zwang sich zu einem flüchtigen Lächeln. »Wenn ich von Zusammenarbeit rede, dann meine ich damit natürlich die Arbeit mit jemandem, den wir kennen.
Jemand, der die Situation begreift.«
Das Belohnungszentrum seines Gehirns leuchtet auf, meldete Iger.
Wieder nickte Cafiro, diesmal noch nachdrücklicher. »Wie Sie schon sagten, wir müssen den gemeinsamen Nutzen bedenken.«
»Ja, natürlich«, stimmte Geary ihm zu und gab sich gelassen, obwohl er am liebsten ausgespuckt hätte. Warum konnte Rione das nicht selbst machen? Aber sie wäre genauso voreingenommen wie jede andere Führungskraft der Allianz, die alle nach jahrzehntelangem Krieg von Hass und Misstrauen erfüllt waren. Er dagegen war nach wie vor der Außenseiter, er hatte einen anderen Status. Aber er wusste nicht, wie er sich richtig ausdrücken sollte, und Rione half ihm nicht weiter.
Vermutlich ging sie davon aus, dass er schon die richtigen Worte finden würde. Vielleicht lag sie damit sogar richtig. Er durchforstete seine Erinnerungen nach einem vorgesetzten Offizier, unter dem er jahrelang so sehr gelitten hatte, dass Geary durch dessen ständige Versuche, jeden in seiner Umgebung zu manipulieren, fast aus der Flotte vergrault worden wäre. Er musste nur an die Dinge denken, die er immer gesagt hatte. »Die Allianz braucht die richtigen Leute, mit denen sie zusammenarbeiten kann«, erklärte Geary und betonte das »richtigen« genau so, dass die Botschaft unmissverständlich durchklang.
Cafiro verkniff sich ein Lächeln, aber seine Augen blitzten vor Eifer auf. »Ja. Ich kenne andere, die mit mir zusammenarbeiten könnten. Mit uns.« Cafiro brachte ein angespanntes Lächeln zustande. »Natürlich kann ich als Kriegsgefangener nicht viel unternehmen.«
»Wie es scheint, verstehen wir uns.« Mehr als es Geary gewollt hatte. Andererseits war klar, dass dieser Syndik-CEO ehrgeizig und machthungrig sein musste, sonst hätte er es nicht bis zum stellvertretenden Befehlshaber dieser Flotte gebracht. Folglich war auch klar, dass er so reagieren würde, wenn Geary ihm einen derartigen Handel vorschlug. Ein CEO, der nicht so egozentrisch war und dessen Loyalität nicht der Durchsetzung der eigenen Interessen galt — jemand wie die CEO, die das Sagen über das Cavalos-System hatte -, wäre ein viel besserer Partner, um einen Handel einzugehen, aber Geary musste die Waffen nutzen, die ihm zur Verfügung standen.
Selbst wenn es um sehr unappetitliche Waffen ging. Waffen, die ihre eigene Freilassung verhandelten, aber sich nicht die Mühe machten, nach dem Schicksal der anderen überlebenden Syndiks jener Flotte zu fragen, die von Geary geschlagen worden war. Er bemühte sich, Ruhe zu bewahren, auch wenn er den Syndik-CEO am liebsten gewürgt hätte, bis' dem die Augen hervorquollen. »Ich glaube, es ist für alle Beteiligten das Beste, wenn Sie freigelassen werden.« Bevor ich mich entschließe, Desjani zu mir zu rufen, damit wir dich gemeinsam erwürgen können. Er konnte aber nicht anders, als deutlich auf die anderen Uberlebenden zu sprechen zu kommen. »Wir haben hier keine Gefangenen genommen. Einige der Rettungskapsel aus Ihren Kriegsschiffen sind beschädigt, sollten aber in der Lage sein, ihre Passagiere in Sicherheit zu bringen.«
»Ahm… ja, natürlich«, stimmte Cafiro ihm nach kurzem Zögern zu.
»Die Syndikatwelten werden von uns hören, CEO Cafiro.
Sobald diese Flotte zu Hause eingetroffen ist.« Geary stand auf, um zu signalisieren, dass das Gespräch beendet war, und verließ den Raum.
»Er ist nervös«, ließ Lieutenant Iger Geary wissen, als der zu den anderen zurückgekehrt war. »Zweifellos überlegt er, ob er tatsächlich freigelassen wird.«
»Wird er den Syndiks wirklich genug Ärger bereiten, wenn wir ihn gehen lassen?«, fragte er Iger und Rione. Als beide nickten, fügte er an: »Dann schaffen Sie ihn bitte von diesem Schiff, Lieutenant Iger.«
»Jawohl, Sir. In einer halben Stunde wird er wieder in seiner Rettungskapsel sitzen und das Schiff verlassen haben.«
Geary führte Desjani und Rione aus der Geheimdienstabteilung. »Ich glaube, ich würde lieber mit den Aliens verhandeln«, meinte er und war sich gar nicht so sicher, ob das wirklich nur als Scherz gemeint war.
»Dazu könnte es noch kommen«, erwiderte Rione völlig ernst. »Wenn unsere Vermutungen zutreffen, dann haben diese Aliens nur deshalb den Krieg angezettelt, weil sie mit der Syndik-Führung schlechte Erfahrungen gemacht hatten. Vielleicht wollen sie einfach nur in Ruhe gelassen werden, oder sie haben den Wunsch, vor uns sicher zu sein. Wenn die Bedrohung durch menschliche Aggressoren erst einmal besei-tigt ist, können sich die Aliens ungehindert in alle Richtungen ausbreiten.«
Desjani schien mehr mit sich selbst zu reden, da sie zu Boden sah, als sie sagte: »Es sei denn, an ihren anderen Grenzen gibt es auch noch jemanden.«
Geary stutzte, dann murmelte er besorgt: »Wenn es da draußen eine nichtmenschliche Intelligenz gibt, dann…«
»Dann könnte es auch noch andere geben. Es wird sogar ganz sicher noch andere geben«, erwiderte Desjani und sah Geary an. »Wir müssen diesen Feind begreifen, und das ist eine sehr wichtige Möglichkeit. Diese Aliens könnten selbst das Gefühl haben, von potentiellen Gegnern umgeben zu sein. Vielleicht führen sie sogar einen Krieg auf der vom Syndik-Territorium abgewandten Seite. Womöglich müssen sie uns nur deshalb beschäftigen, weil sie ihre Flanken schützen wollen. Vielleicht heißt das, dass wir potenzielle Verbündete gegen diese Kreaturen haben. Oder noch schlimmere potenzielle Feinde.«