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Allmählich gewann ich den Eindruck, daß der Zorn der unermüdlich weiterschimpfenden Maisie zwar sicherlich echt war, daß sie ihn aber jedesmal, wenn er nachzulassen drohte, schnell wieder schürte. Sie wollte unbedingt als die beleidigte Unschuld dastehen. Ich fragte mich, warum, und als sie wieder einmal Luft holte, warf ich ein:»Haben Sie ihnen auch von dem Munnings erzählt?«

Die roten Wangenflecken glühten plötzlich stärker.

«Ich bin doch nicht verrückt«, zischte sie.»Wenn das jetzt rauskäme, würden sie mir wohl kaum abnehmen, daß alles andere, was ich erzählt habe, stimmt.«

«Ich habe mal gehört«, sagte ich zögernd,»daß sich Gauner besonders aufregen, wenn man versucht, ihnen eine Sache anzuhängen, die ausnahmsweise nicht auf ihr Konto geht.«

Einen Moment lang sah es so aus, als würde ich zum neuen Sündenbock erkoren, aber mitten in dem bösen Blick, den sie mir zuwarf, meldete sich ihr arg gebeutelter Humor zurück und ließ sie innehalten. Der starre Zug um ihren Mund löste sich, die Augen blickten entspannter, funkelten, und auf einmal lächelte sie verschämt.

«Da liegen Sie nicht ganz verkehrt, glaube ich. «Aus dem Lächeln wurde ein leises Lachen.»Wie wär’s mit dem Gin?«

Kleinere Ausbrüche gab es auch noch während der Aperitifs und des Essens, aber die Temperatur des Vulkans war erträglich geworden.

«Sie schienen mir gar nicht überrascht, mein Lieber, als ich Ihnen sagte, was die Polizei vermutet. «Sie sah mich über ihre Tasse hinweg an, ein scharfer, fragender Blick von der Seite.

«Nein. «Ich schwieg.»Denn etwas ganz Ähnliches ist vor kurzem meinem Cousin passiert. Auffallend ähnlich in vieler Hinsicht. Wenn Sie dazu bereit wären und er einverstanden ist, würde ich Sie gern mit ihm bekannt machen.«

«Aber wieso, mein Lieber?«

Ich sagte es ihr. Der Zorn über das Unrecht, das sie erfahren hatte, flammte als Zorn über Donalds Schicksal wieder auf.

«Wie furchtbar. Sie finden mich bestimmt sehr selbstsüchtig nach dem, was der arme Mann alles durchgemacht hat.«

«Aber keineswegs. Ich finde, Sie sind wirklich ein Prachtmensch, Maisie.«

Sie sah mich erfreut und beinah kokett an, und in dem Augenblick konnte ich sie mir lebhaft mit ihrem Archie vorstellen.

«Trotzdem muß ich noch etwas loswerden, mein Lieber«, sagte sie verlegen.»Nach allem, was ich heute zu hören bekommen habe, liegt mir nichts mehr an Ihrem Bild. Ich will das Haus nicht mehr so, wie es jetzt ist, in Erinnerung behalten, sondern nur so, wie es früher war. Wären Sie also mit fünfzig Pfund zufrieden?«

Kapitel 5

Wir fuhren mit Maisies Jaguar nach Shropshire und wechselten uns am Steuer ab. Donald war am Telefon zwar nicht begeistert gewesen über die Aussicht, mich so bald wiederzusehen, hatte aber auch nicht die Energie gehabt, mich abzuwimmeln. Als er uns jetzt die Haustür öffnete, erschrak ich.

Vor zwei Wochen hatte ich ihn allein gelassen, um nach Yorkshire zu fahren. In dieser Zeit hatte er mindestens sieben Kilo abgenommen und war um zehn Jahre gealtert. Seine Haut war bläulich, im Gesicht traten die Knochen stark hervor, und auch die Haare schienen grau durchzogen zu sein.

Der Schatten des alten Donald bemühte sich offensichtlich, uns mit Anstand zu empfangen.

«Immer herein«, sagte er.»Ich bin gerade im Eßzimmer. Was zu trinken?«

«Das wäre nett, mein Lieber«, sagte Maisie.

Er blickte sie mit trüben Augen an, die dicke, gutmütige, teuer gekleidete Frau mit dem glänzenden Haar, deren schicke Aufmachung knapp, aber elegant am Ordinären vorbeiging.

Als wäre es ihm zu anstrengend, überließ er es mir, die Getränke einzuschenken, und bat Maisie, Platz zu nehmen. Sein Eßzimmer war halbwegs wieder hergerichtet mit einem großen Teppich, den Stühlen aus der Glasveranda und zwei kleinen Tischen aus den Schlafzimmern. Wir setzten uns alle um einen Tisch, da ich Fragen stellen und die Antworten schriftlich festhalten wollte. Mein Cousin sah ohne jedes Interesse zu, wie ich Notizbuch und Stift bereitlegte.

«Don«, sagte ich,»hör dir bitte mal eine Geschichte an.«

«Okay.«

Maisie faßte sich ausnahmsweise kurz. Als sie erzählte, daß sie in Australien einen Munnings gekauft hatte, hob Donald den Kopf um ein paar Zentimeter und blickte mit erwachender

Aufmerksamkeit von ihr zu mir. Als sie schloß, war es kurz still.

«Ihr seid also beide nach Australien gefahren«, faßte ich zusammen,»habt beide einen Munnings gekauft, und kurz nach eurer Rückkehr ist bei euch beiden eingebrochen worden.«

«Ungewöhnliches Zusammentreffen«, sagte Donald, aber mehr sah er nicht darin.»Bist du extra hergekommen, um mir das zu erzählen?«

«Ich wollte sehen, wie es dir geht.«

«Hm. Mir geht’s gut. Nett von dir Charles, aber mir geht’s gut.«

Selbst Maisie, die ihn vorher nicht gekannt hatte, sah, daß es ihm schlechtging.

«Wo hast du dein Bild gekauft, Don? Wo genau, meine ich.«

«Na ja… in Melbourne. Im Hilton Hotel. Gegenüber dem Kricketplatz.«

Ich hatte meine Zweifel. In Hotels wurden vielerorts Bilder einheimischer Künstler angeboten, aber Werke von Munnings doch eher selten.

«Auf Bestellung«, erläuterte Don.»Jemand hat uns das Bild aufs Zimmer gebracht. Von der Galerie, wo wir es entdeckt hatten.«

«Welche Galerie?«

Er versuchte sogar, sich zu erinnern.»Könnte so was wie >Fine Arts< gewesen sein.«

«Hast du den Namen vielleicht noch auf einem Scheckabschnitt oder so?«

Er schüttelte den Kopf.»Die Kellerei, mit der ich in Verhandlung stand, hat für mich bezahlt, und nach meiner Rückkehr hat deren britische Niederlassung einen Scheck von mir bekommen.«

«Wie heißt die Kellerei?«»Monga Vineyards Proprietary Limited of Adelaide and Melbourne.«

Ich schrieb das alles auf.

«Und was war auf dem Bild? Ich meine, kannst du es beschreiben?«

Donald sah mich müde an.»So ein Aufgalopp-Bild war das. Ein typischer Munnings.«

«Meins auch«, sagte Maisie überrascht.»Eine schöne lange Reihe von Jockeys in ihren Farben vor einem dunkel gehaltenen Himmel.«

«Auf meinem waren nur drei Pferde«, sagte Donald.

«Der größte, oder richtiger vielleicht, der vorderste Jockey auf meinem Bild hatte einen purpurroten Dreß und eine grüne Kappe«, sagte Maisie,»und auch wenn Sie das jetzt albern finden, das war mit ein Grund, warum ich es gekauft habe, denn Archie und ich haben uns mal vorgestellt, wie schön es wäre, ein Pferd zu kaufen und die Rennen als Besitzer zu erleben, und als Farben wollten wir dann Purpur mit grüner Kappe nehmen, falls das noch nicht vergeben war.«

«Don?«sagte ich.

«Hm? Ach so… drei galoppierende Braune… im Profil… einer vorn, die zwei dahinter haben sich teils überschnitten. Leuchtende Rennfarben. Genau weiß ich’s nicht mehr. Weiße Rails und viel sonniger Himmel.«

«Welches Format?«

Er runzelte leicht die Stirn.»Nicht allzu groß. Ungefähr 60 mal 45 cm, ohne Rahmen.«

«Und Ihres, Maisie?«

«Noch etwas kleiner, glaube ich.«

«Hör mal«, sagte Donald.»Worauf willst du hinaus?«

«Ich will nur sicher sein, daß es nicht noch mehr zufällige Übereinstimmungen gibt.«

Er starrte mich ausdruckslos an.

«Auf der Fahrt hierher«, sagte ich,»hat Maisie mir genau«(aber wirklich ganz genau)»erzählt, wie sie zu dem Bild gekommen ist. Kannst du uns also jetzt vielleicht erzählen, wie du zu deinem gekommen bist? Hast du beispielsweise gezielt nach einem Munnings gesucht?«

Donald fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, als wäre es zu mühsam, die Frage zu beantworten.

«Bitte, Don«, sagte ich.