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«Dann war der junge Mann ein Fälscher, oder — «, setzte Mrs. Petrovitch an, nur um von Wyatt Minchless unterbrochen zu werden, der ihre Frage mit einer Handbewegung und erhobener Stimme abwürgte.

«Wollen Sie damit sagen, dieser Maler hat ein Werk von Munnings kopiert in der Absicht, es nachher als Original zu verkaufen?«

«Ehm…«, sagte ich.

Wyatt Minchless war nicht zu halten.»Wollen Sie damit sagen, daß auch der zum Verkauf stehende Munnings, auf den er uns hingewiesen hat, eine Fälschung ist?«

Die anderen waren entsetzt über die Vorstellung und beeindruckt vom Scharfsinn des Wyatt L.

«Ich weiß es nicht«, sagte ich.»Ich würde ihn nur gern mal sehen.«

«Sie wollen nicht selbst einen Munnings erwerben? Sie treten nicht als Agent für jemand anders auf?«Wyatts Doppelfrage klang scharf wie bei einem Verhör.

«Sicher nicht«, sagte ich.

«Also gut. «Wyatt blickte zu den drei anderen, holte sich ihr stillschweigendes Einverständnis.»Er hat Ruthie und mir erzählt, in einer kleinen Galerie nicht weit von hier gebe es ein gutes Rennsportbild von Munnings zu einem sehr annehmbaren Preis…«Er langte mit Daumen und Zeigefinger in seine Brusttasche.»Na bitte. Yarra River Fine Arts. Von der Swanston Street die dritte Straße rechts ab, etwa zwanzig Meter rein.«

Mr. und Mrs. Petrovitch trugen es mit Fassung.»Uns hat er genau dasselbe gesagt.«

«Dabei war er so nett«, ergänzte Mrs. Petrovitch traurig.»Ganz Ohr für unsere Reise. Auf wen wir im Cup wetten, wollte er wissen.«

«Er hat uns gefragt, wo wir von Melbourne aus hinwollen«, nickte Mr. Petrovitch.»Nach Adelaide und Alice Springs, haben wir gesagt, und er meinte, Alice Springs sei eine Hochburg der Malerei, da sollten wir unbedingt auch in die Yarra River Gallery gehen. Gleiche Firma wie hier. Die hätten immer gute Bilder.«

Mr. Petrovitch würde es mißverstanden haben, wenn ich mich über den Tisch gebeugt und ihn umarmt hätte. Ich konzentrierte mich auf meinen Eiskaffee und behielt meine Erregung für mich.

«Wir wollen weiter nach Sydney«, erklärte Wyatt L.»Für Sydney hatte er keinen Tip parat.«

Die hohen Gläser waren beinah leer. Wyatt sah auf die Uhr und trank seinen Schwarzen ohne Zucker aus.

«Sie haben uns noch nicht erzählt, warum Ihr Freund den jungen Mann als kriminell bezeichnet hat«, sagte Mrs. Petrovitch nachdenklich.»Ich meine… mir leuchtet ein, daß der Kerl auf ihren Freund losgegangen und davongelaufen ist, wenn er etwas auf dem Kerbholz hat, aber wie kam Ihr Freund darauf?«

«Genau das wollte ich Sie auch gerade fragen«, sagte Wyatt und nickte gewichtig mit dem Kopf. Aufgeblasener Lügner, dachte ich.

«Mein Freund Jik«, sagte ich,»ist selbst Maler. Er war von der Arbeit des jungen Mannes nicht begeistert. Deswegen hat er sie als kriminell abgetan. Er hätte ebensogut >stümperhaft< sagen können.«

«Mehr war nicht dahinter?«sagte Mrs. Petrovitch enttäuscht.

«Nun… der junge Mann hat Farben benutzt, die nicht richtig zusammenpassen. Jik ist Perfektionist. Er kann nicht mitansehen, wie Farbe falsch angewendet wird.«

«Was heißt, nicht zusammenpassen?«

«Farben sind Chemikalien«, holte ich die versäumte Erklärung nach.»Die meisten tun sich zwar nichts, aber aufpassen muß man schon.«

«Was kann denn sonst passieren?«wollte Ruthie Minchless wissen.

«Tja… in die Luft fliegt nichts«, sagte ich lächelnd.»Aber wenn man Schieferweiß, das auf Blei basiert, mit schwefelhaltigem Kadmiumgelb mischt, wie es der junge Mann getan hat, ergibt das zwar einen schönen hellen Farbton, doch die gegenseitige Reaktion der beiden Mineralien läßt das Bild mit der Zeit dunkler werden und verändert es.«

«Und das nennt Ihr Freund kriminell?«fragte Wyatt ungläubig.»So schlimm kann das doch wohl nicht sein.«

«Ehm…«, sagte ich.»Also van Gogh hat für seine Sonnenblumenbilder ein leuchtendes neues Hellgelb auf Chrombasis benutzt. Kadmiumgelb war damals noch nicht erfunden. Es hat sich aber gezeigt, daß Chromgelb im Lauf von ein paar hundert Jahren zerfällt, es wird zu einem grünlichen Schwarz, und auch die Sonnenblumen sind inzwischen verfärbt, und ich glaube, bisher hat niemand ein Mittel gefunden, das den Vorgang aufhält.«

«Der junge Mann hat aber doch nicht für die Nachwelt gemalt«, meinte Ruthie gereizt.»Wenn er nicht gerade ein neuer van Gogh ist, spielt das doch wohl keine Rolle.«

Sie brauchten nicht unbedingt zu wissen, daß Jik auf Anerkennung im dreiundzwanzigsten Jahrhundert hoffte. Die Haltbarkeit von Farben war ein Thema, das ihn seit jeher beschäftigte, und einmal hatte er mich in einen Kurs über ihre chemischen Eigenschaften mitgeschleppt.

Die Amerikaner standen auf, um zu gehen.

«Alles hochinteressant«, meinte Wyatt mit einem überlegenen Lächeln.»Ich schätze, ich werde mein Geld weiter in Aktien investieren.«

Kapitel 7

Jik war nicht mehr in der Herrentoilette, und er war nicht mehr im Arts Centre. Ich fand ihn und Sarah erst im Hotel wieder, wo sich die attraktive Krankenschwester des Hilton seiner annahm. Die Zimmertür stand offen, und sie war im Begriff zu gehen.

«Möglichst nicht reiben, Mr. Cassavetes«, sagte sie gerade.»Wenn Sie Beschwerden haben, rufen Sie in der Rezeption an, dann schau ich noch mal.«

Sie schenkte mir ein berufsmäßiges Lächeln an der Tür und eilte davon, während ich eintrat.

«Wie geht’s den Augen?«fragte ich zögernd.

«Echt beschissen. «Sie waren glutrot, aber immerhin trocken. Schon besser.

«Damit ist das Maß jetzt voll«, sagte Sarah mit zusammengekniffenen Lippen.»Ich weiß zwar, daß sich Jik in ein paar Tagen wieder erholt, aber wir gehen kein Risiko mehr ein.«

Jik war still und sah mich nicht an.

Das alles kam nicht gerade unerwartet.»Okay… Dann wünsche ich euch ein schönes Wochenende und bedanke mich.«

«Todd…«, sagte Jik.

Sarah fuhr dazwischen.»Nein, Jik. Das ist nicht unsere Angelegenheit. Todd soll denken, was er will, aber mit den Problemen seines Cousins haben wir nichts zu tun. Wir halten uns da raus. Ich war von Anfang an gegen dieses blöde Herumspionieren, und jetzt ist Schluß damit.«

«Für Todd nicht«, sagte Jik.

«Dann ist er ein Narr. «Sie war zornig, abschätzig, bissig.

«Natürlich«, sagte ich.»Heutzutage ist jeder, der Unrecht bekämpfen will, ein Narr. Der Kluge hält sich raus, meidet

Verstrickungen, weist die Verantwortung von sich. Ich sollte wirklich auf meinem Dachboden in Heathrow Bilder malen, mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern und Donald vor die Hunde gehen lassen. Viel vernünftiger, geb ich zu. Dummerweise bringe ich das einfach nicht fertig. Ich sehe doch, was er durchmacht. Da kann ich mich nicht einfach abwenden. Nicht, solange die Möglichkeit besteht, ihn da rauszuholen. Es kann zwar sein, daß mir das nicht gelingt, aber unverzeihlich fände ich, es gar nicht zu versuchen.«

Ich schwieg.

Es war ganz still.

«Tja«, sagte ich und brachte ein Lächeln zustande.»Soweit der Vortrag des weltgrößten Schwachkopfs. Viel Spaß beim Pferderennen. Wer weiß, vielleicht sehen wir uns da.«

Ich winkte kurz zum Abschied und ging hinaus. Beide sagten kein Wort. Leise schloß ich die Tür hinter mir und fuhr mit dem Lift nach oben auf mein Zimmer.

Oh, Sarah, dachte ich. Sie würde Jik in Watte und Pantoffeln stecken, wenn er nicht achtgab, und nie mehr würde er diese herrlichen, schwerblütigen Bilder malen, denn sie entsprangen einer Zerrissenheit, die ihm verwehrt sein würde. Sicherheit konnte für ihn nur eine Art Abdankung, eine Art Tod sein.

Ich sah auf meine Uhr und dachte, die Filiale von Yarra River Fine Arts könnte noch aufhaben. Einen Versuch war es wert.