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«Hier herunter bitte«, Hudson wies mit dem Finger.

«Dort hinauf dürfen wir nur in Damenbegleitung?«

Er sah mich schräg an und lächelte.»Seltsame Sitten, finden Sie? Gehen wir halt nach oben.«

Ich folgte ihm, und wir machten es uns in der vorwiegend weiblichen Gesellschaft bequem, wobei er ringsum Leute begrüßte und mich wohlwollend als seinen Freund Charles aus England vorstellte. Vornamen und Aufgeschlossenheit nach australischer Art.

«Regina, das arme Mädel, konnte diese Geschlechtertrennung nicht ausstehen«, sagte Hudson.»Aber die historischen Wurzeln sind interessant. «Er lachte leise.

«Australien wurde fast das ganze vorige Jahrhundert mit Hilfe der britischen Armee verwaltet. Die Offiziere und Gentlemen ließen ihre Frauen in England zurück, aber wie es in der Natur liegt, haben alle hier Beziehungen zu Damen von zweifelhaftem Ruf geknüpft. Um von ihren Kollegen nicht in so wenig standesgemäßer Begleitung gesehen zu werden, haben sie den Zutritt zu den Offizierslogen offiziell auf Männer beschränkt, so daß ihre Gespielinnen gar nicht erst gefragt haben, ob sie mitkommen durften.«

Ich lachte.»Raffiniert.«

«Traditionen einzuführen ist leichter, als sie abzuschaffen«, sagte Hudson Taylor.

«Donald meint, Sie seien dabei, mit Ihrem Wein eine gute Tradition einzuführen.«

Die traurigen Augen funkelten vergnügt.»Er war wirklich begeistert. Er hat natürlich alle großen Weingüter besucht, nicht nur unser Haus.«

Die Pferde für das dritte Rennen galoppierten auf, angeführt von einem widerspenstigen Fuchshengst mit zuviel Weiß am Kopf.

«Ein häßliches Vieh«, sagte Hudson.»Aber er wird siegen.«

«Haben Sie auf ihn gewettet?«

Er lächelte.»Eine Kleinigkeit.«

Das Rennen begann, das Feld flog dahin, und Hudson hielt das Fernglas so fest umklammert, daß seine Fingerknöchel weiß hervortraten und ich mich fragte, wie groß die Kleinigkeit effektiv war. Der Fuchshengst wurde nur Vierter. Hudson ließ das Glas langsam sinken und schaute dem unbefriedigenden Finish ausdruckslos zu.

«Nun ja«, sagte er, und seine traurigen Augen blickten noch trauriger.»Morgen ist auch noch ein Tag. «Er zuckte resigniert die Achseln, nahm den Kopf hoch, gab mir die Hand, bat mich, Donald von ihm zu grüßen, und fragte, ob ich allein hinausfände.

«Vielen Dank für Ihre Hilfe«, sagte ich.

Er lächelte.»Gern geschehen.«

Nach nur zweimaligem falschen Abbiegen kam ich nach draußen, nicht ohne unterwegs ein paar faszinierende

australische Gesprächsfetzen aufzuschnappen.

«… Im Ausschuß soll er eine Zumutung sein. Angeblich macht er nur den Mund auf, wenn er das Standbein wechselt…«

«… einen bösen Virus, deswegen konnte er nicht…«

«… hör mal, sag ich, jammer hier nicht rum wie ein

verdammter Brite… «

«… zwanzig Dollar gewonnen? Glückwunsch, Joanie…«

Und überall die Doppelvokale, die aus der kleinsten Silbe fünf Einzellaute herausholten und mir den Gaumen verdrehten, wenn ich sie nachahmen wollte. Auf dem Flug von England hatte mir ein Australier gesagt, hier würden alle mit dem gleichen Akzent sprechen. Ebensogut konnte man behaupten, alle Amerikaner oder alle Briten hätten die gleiche Aussprache. Englisch war unendlich wandlungsfähig, und hier in

Melbourne schöpfte es aus dem vollen.

Als ich wieder zu Jik und Sarah stieß, stritten sie gerade über ihre Tips für das nächste Rennen im Programm, das Victoria Derby.

«Ivory Ball ist überfordert und hat ungefähr soviel Chancen wie ein Blinder in einem Schneesturm.«

Sarah ignorierte das.»Er hat vorige Woche in Moonee Valley gesiegt, und zwei Tipster haben ihn vorn.«

«Die waren wahrscheinlich besoffen.«

«Hallo, Todd«, rief Sarah.»Sag um Himmels willen eine Nummer.«

«Zehn.«

«Wieso zehn?«

«Elf minus eins.«

«Heiland«, sagte Jik.»Du warst auch mal vernünftiger.«

Sarah schaute die Zehn nach.»Royal Road. Dagegen ist Ivory Ball ein ganz sicheres Ding.«

Wir setzten unser Geld und stiegen aufs Dach und gingen alle leer aus. Sarah schimpfte über Ivory Ball, der immerhin noch Fünfter wurde, aber Royal Road blieb vollends auf der Strecke. Es siegte die Nummer zwölf.

«Elfplus eins hättest du nehmen müssen«, sagte Sarah.»Wie kann man nur so dumm sein.«

«Was schaust du?«fragte Jik.

Ich sah aufmerksam auf die Zuschauer hinunter, die das Rennen vom Rasen vor der Mitgliedertribüne aus verfolgt hatten.

«Gib mir mal dein Fernglas.«

Jik reichte es mir. Ich hob es an die Augen, sah hindurch und ließ es langsam wieder sinken.

«Was ist?«fragte Sarah besorgt.»Was hast du?«

«Jetzt ist alles zu spät«, sagte ich.

«Wieso?«

«Seht ihr die beiden Männer da… ungefähr zwanzig Meter vom Führring entfernt, einer im grauen Cut?«

«Was ist mit ihnen?«fragte Jik.

«Der Mann im Cut ist Hudson Taylor, mit dem ich gerade etwas getrunken habe. Er ist Geschäftsführer einer Kellerei und hatte viel mit meinem Cousin Donald zu tun, als der hier war. Der andere Mann heißt Ivor Wexford und ist Leiter der Yarra River Fine Arts Gallery.«

«Na und?«sagte Sarah.

«Ich kann mir die Unterhaltung gut vorstellen, die zwischen den beiden da abläuft«, sagte ich.»Zum Beispieclass="underline" >Verzeihen Sie, Sir, habe ich Ihnen nicht kürzlich ein Bild verkauft?< >Mir nicht, Mr. Wexford, sondern meinem Freund Donald Stuart.< >Und wer war der junge Mann, mit dem ich Sie gerade sprechen sah?< >Das war Donald Stuarts Cousin, Mr. Wexford.< >Und was wissen Sie über ihn?< >Daß er von Beruf Maler ist und Sie gerade gezeichnet und mich nach Ihrem Namen gefragt hat, Mr. Wexford.<«

Ich schwieg.

«Weiter«, drängte Jik.

Ich sah zu, wie Wexford und Taylor ihr Gespräch beendeten, sich flüchtig zunickten und ihrer Wege gingen.

«Ivor Wexford weiß jetzt, daß es ein krasser Fehler war, mich laufenzulassen, als er mich gestern abend in seiner Galerie hatte.«

Sarah blickte mir forschend ins Gesicht.»Du nimmst das wirklich sehr ernst.«

«Allerdings. «Ich lockerte ein paar angespannte Muskeln und versuchte ein Lachen.»Zumindest wird er jetzt auf der Hut sein.«

«Und wenn’s hart kommt«, meinte Jik,»wird er dich suchen.«

«Ehm…«, sagte ich nachdenklich.»Was haltet ihr von einer kleinen Spontanreise?«

«Wohin?«

«Alice Springs?«schlug ich vor.

Kapitel 9

Jik hörte auf dem ganzen Weg zum Flughafen nicht auf zu maulen. Erstens würde er das Kricketmatch verpassen. Zweitens hatte ich nicht zugelassen, daß er seine Farben aus dem Hilton holte. Drittens waren die Sachen, die er zum Derby angehabt hatte, für Alice Springs sicher zu warm. Und viertens würde er sich wegen eines hergelaufenen kleinen Gauners mit Fliege nicht den Melbourne Cup entgehen lassen.

Bei all dem lebhaften Gemecker verlor er kein Wort darüber, daß er unsere Flugkarten mit seiner Kreditkarte würde bezahlen müssen, denn meine Reiseschecks lagen im Hotel.

Es war Sarahs Idee gewesen, dort nicht mehr vorbeizufahren.

«Wenn wir verschwinden wollen, dann gleich«, sagte sie.»Wer zurückläuft, um seine Handtasche aus den Flammen zu retten, verbrennt.«

«Ihr müßt nicht mitkommen«, sagte ich zögernd.

«Das hatten wir doch alles schon. Was glaubst du, was mir für ein Leben bevorsteht, wenn ich Jik davon abhalte, dir zu helfen, und dir passiert was?«