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Ich hielt durch bis zum Morgengrauen. Alles hätte viel schlimmer kommen können.

Das wirklich Alarmierende war nicht die Brutalität der beiden Männer, sondern wie schnell sie uns gefunden hatten. Seit dem Anblick von Reginas eingeschlagenem Kopf wußte ich, daß hinter dem Ganzen ein Mensch von skrupelloser Gewaltbereitschaft stand. Wie die Chargen, so der Chef. Mit einer weniger brutalen Einstellung hätte man sie gefesselt und geknebelt, statt sie umzubringen.

Mein Sturz vom Balkon verriet die gleiche rohe Handschrift. Rabiat, aber keine sichere Methode, jemanden ins Jenseits zu befördern. Einen Sturz aus dieser Höhe konnte man durchaus überleben, auch wenn kein Baum den Fall bremste. Soweit ich mich erinnern konnte, hatten die beiden nicht nachgesehen, ob ich lebte oder tot war, und sie hatten die Sache nicht zu Ende gebracht, während ich hilflos dalag.

Entweder hatten sie mich also einfach hauruck aus dem Weg geräumt, um ungestört mein Zimmer zu durchstöbern, oder sie hatten es darauf angelegt, mir so die Knochen zu lädieren, daß ich meine Nase künftig nicht mehr in ihre Angelegenheiten stecken würde. Oder beides.

Aber wie hatten sie uns gefunden?

Ich grübelte lange darüber nach, kam aber zu keinem schlüssigen Ergebnis. Sehr wahrscheinlich hatte Harley Renbo einen Anruf von Wexford oder Greene aus Melbourne bekommen, er solle auf der Hut sein, falls ich auftauchte. Als ihnen dann aufging, daß ich nicht nur den Munnings und die pinselfrische Millais-Kopie gesehen, sondern sogar eins von Renbos Werken abgeschleppt hatte, waren sie sicher bös überrascht, aber unmöglich konnten sie in der kurzen Zeit zwei Schläger von Melbourne nach Alice Springs geschickt haben.

Zwischen dem Bildkauf und dem Überfall waren gerade mal vier Stunden vergangen, und dabei hätten sie ja noch unser Motel und unsere Zimmernummern ermitteln müssen, um dann abzuwarten, bis ich nach oben ging.

Vielleicht waren wir also doch von der Rennbahn in Melbourne aus beschattet worden, oder man hatte unsere Spur über die Passagierlisten der Fluglinie bis hierher verfolgt. In diesem Fall wäre Renbo aber sicher rechtzeitig gewarnt worden und hätte uns nichts von all dem gezeigt, was wir gesehen hatten.

Ich gab es auf. Ich wußte nicht mal, ob ich meine beiden Angreifer wieder erkennen würde. Bestimmt nicht den, der hinter mir gewesen war, denn ihn hatte ich gar nicht richtig zu Gesicht bekommen.

Jedenfalls hatten sie nach dem Überfall Grund genug anzunehmen, daß ich fürs erste außer Gefecht gesetzt war — und wäre ich vernünftig gewesen, hätte ich auch wirklich den Rückzug angetreten.

Wenn sie Zeit gewinnen wollten, wofür?

Um ihre Tarnung auszubauen, ihre Spuren zu verwischen, damit die Polizei, falls ich sie auf eine Verbindung zwischen Gemälden und Einbruchsdiebstählen hinwies, bei ihren Ermittlungen gegen eine solide Betonwand rennen würde.

Vorläufig rechneten sie sicher nicht mit meinem Eingreifen, auch wenn sie wußten, daß ich überlebt hatte; je früher ich also in Aktion trat, desto besser.

Gut. Mein Verstand war leicht zu überreden. Vom Hals abwärts sah die Sache anders aus.

Jik und Sarah erschienen erst gegen elf, und ich empfing sie im Bett sitzend. Aufrecht, aber nicht gerade munter.

«Himmel«, sagte Sarah,»du siehst schlimmer aus als gestern.«

«Zu gütig.«

«Dich kriegen wir im Leben nicht nach Melbourne. «Es klang entmutigt.»Adieu, Cup.«

«Ihr könnt doch ruhig fahren«, sagte ich.

Sie trat zu mir ans Bett.»Sollen wir dich vielleicht hier einfach liegen lassen, während wir uns ein paar schöne Tage machen?«

«Warum denn nicht?«

«Sei nicht albern.«

Jik rekelte sich in einem Besuchersessel.»Wir können doch nichts dafür, wenn er sich irgendwo runterschmeißen läßt.«

Sarah fuhr zu ihm herum.»Wie kannst du so was sagen?«

«Wir wollen da nicht hineingezogen werden«, stieß Jik nach.

Ich grinste. Sarah merkte, daß ihr ironisch die Worte vorgehalten wurden, die sie vor drei Tagen selbst im Mund geführt hatte, und warf gereizt die Arme hoch.

«Du widerliches Miststück!«schimpfte sie.

Jik schmunzelte wie ein sahnesatter Kater.»Wir waren noch mal bei der Galerie«, sagte er.»Sie ist immer noch geschlossen. Also sind wir außen rum und haben hinten durch die Glastür geschaut, und rate mal, was wir gesehen haben?«

«Gar nichts.«

«Keine Staffelei mit einem Pseudo-Millais. Alles Zweifelhafte sorgfältig versteckt. Was noch da ist, sieht nach normalem, ehrlichem Geschäft aus.«

Ich verlagerte ein wenig das Gewicht, um eine schmerzende Körperpartie zu entlasten, und erntete Protest von einer anderen.»Selbst wenn ihr reingekommen wärt, hättet ihr wahrscheinlich nichts Fragwürdiges entdeckt. Bestimmt hat er alles Belastende schon gestern nachmittag verschwinden lassen.«

Jik nickte.»Klar.«

«Wir haben die Empfangsdame im Motel gefragt, ob sich jemand nach uns erkundigt hat«, sagte Sarah.

«Und?«

Sie nickte.»Ein Mann hat angerufen. Um kurz nach zehn, meinte sie. Er wollte wissen, ob ein Mr. Charles Todd mit einem befreundeten Ehepaar bei ihnen wohne, und als sie es bestätigte, ließ er sich deine Zimmernummer geben. Er hätte eine Lieferung für dich.«

«Himmel. «Schöne Lieferung. Expreß. Abwärts.

«Sie nannte ihm zwar die Nummer, sagte aber, wenn er das Paket am Empfang abgebe, werde sie es weiterleiten.«

«Er wird sich eins gelacht haben.«

«Dafür dürfte es ihm an Humor fehlen«, meinte Jik.

«Um kurz nach zehn?«fragte ich nachdenklich.

«Als wir in der Stadt waren«, nickte Sarah.»Gar nicht lange nachdem wir die Galerie verlassen hatten… vielleicht, als wir die Schwimmsachen kaufen waren.«

«Warum hat die Frau uns nichts von dem Anruf gesagt?«»Sie war in der Kaffeepause, als wir zurückkamen. Und danach hat sie’s vergessen. Außerdem hielt sie es auch für ganz unwichtig.«

«Allzu viele Motels gibt es nicht in Alice«, sagte Jik.»Als erst mal feststand, daß wir hier sind, waren wir sicher leicht zu finden. Ich nehme an, die Clique in Melbourne hat Renbo verständigt, und es ging los.«

«Die hat wahrscheinlich der Schlag getroffen, als sie hörten, daß du das Bild gekauft hast.«

«Ich wünschte, ich hätte es versteckt«, sagte ich. Und prompt mußte ich an Maisie denken, die ihr Bild versteckt hatte und deren Haus angezündet worden war.

Sarah seufzte.»Tja… was machen wir jetzt?«

«Letzte Gelegenheit, nach Hause zu fahren«, sagte ich.

«Hast du das vor?«wollte sie wissen.

Ich lauschte kurz dem flehentlichen Bitten meines geschundenen Körpers, und ich dachte an Donald in seinem kalten Haus. Ich schwieg.

Es war ihr Antwort genug.»Na bitte«, sagte sie.»Was tun wir also?«

«Hm«, sagte ich.»Zuerst mal laßt ihr die Empfangsdame im Motel wissen, daß ich in sehr schlechter Verfassung bin und wohl noch mindestens eine Woche im Krankenhaus bleiben muß.«

«Nicht mal übertrieben«, meinte Jik leise.

«Sagt ihr, sie darf das ruhig weitergeben, falls sich jemand erkundigt. Sagt, daß ihr nach Melbourne wollt, zahlt unsere Rechnungen, laßt euch euren Flug für heute nachmittag bestätigen, storniert meinen und nehmt dann ganz normal den Bus zum Flughafen.«

«Und du?«fragte Sarah.»Wann willst du nachkommen?«

«Ich komme mit euch«, sagte ich.»Falls ihr eine Möglichkeit findet, eine bandagierte Mumie in ein Flugzeug zu verfrachten, ohne daß es jemand merkt.«»Heiland«, rief Jik begeistert.»Das kriegen wir schon hin.«

«Ruft beim Flughafen an und bucht mir einen Platz unter einem anderen Namen.«