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«Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, sagte ich.

«Ja, gut… also habe ich dich angerufen. Ich sagte Greene, du kämst in zehn Minuten, weil du noch nicht angezogen seist, aber ich glaube, er hat dich sowieso gehört, denn er stand direkt neben mir und war ganz Ohr. Ich wußte nicht genau, ob du begriffen hattest, ich konnte es nur hoffen… und du hättest mal ihre Gesichter sehen sollen, als der Kellner den Servierwagen reinschob. Der Schrank ließ Sarah los, der Junge glotzte mit offenem Mund, in der Hand den MiniFlammenwerfer… «

«Greene sagte, der Champagner sei nicht erwünscht und solle wieder mitgenommen werden«, ergänzte Sarah.»Aber Jik und ich sagten, wir wollten ihn doch, und Jik bat den Kellner, ihn auch gleich zu öffnen.«

«Bevor er den ersten Korken raushatte, schneiten auf einmal die anderen rein… und es wurde voll im Zimmer… und schon hieß es, hoch die Gläser… und weil Greene, der Jüngling und der Schrank durch den Servierwagen und die vielen Leute quasi auf der Fensterseite eingepfercht waren, habe ich mir Sarah geschnappt und bin mit ihr raus. Ich habe noch gesehen, wie Greene und die anderen hinter uns herwollten, aber das war bei dem trinklustigen Gedränge nicht einfach… und ich glaube, mit dem Wäschewagen haben wir uns dann endgültig den nötigen Vorsprung bis zum Fahrstuhl verschafft.«

«Wie lange wohl die Party gedauert hat?«fragte ich.

«Bis kein Schampus mehr da war.«

«Die müssen dich für verrückt gehalten haben«, meinte Sarah.

«Am Cup-Tag ist alles erlaubt«, sagte ich.»Und im Hilton wird das Personal an exzentrische Gäste gewöhnt sein.«

«Was wäre denn gewesen, wenn Greene eine Pistole gehabt hätte?«fragte Sarah.

Ich lächelte schief.»Dann hätte er vor verdammt vielen Leuten damit herumwedeln müssen.«

«Das hätte ihn vielleicht nicht gehindert.«

«Mag sein… aber er war auch weit von der Tür weg. «Ich kaute an meinem Daumennagel.»Ehm… woher wußte er denn, daß ich im Hilton war?«

Eine spürbare Stille entstand.

«Von mir«, antwortete Sarah schließlich, mit einer Mischung aus Scham und Trotz.»Jik hat dir nicht alles erzählt. Es fing damit an, daß sie sagten… daß Greene sagte… sie würden mir das Gesicht verbrennen, wenn Jik nicht verrät, wo du bist. Das wollte er nicht… aber was blieb ihm sonst übrig? Also habe ich

es ihnen gesagt, damit er es nicht tun mußte… so blöd sich das jetzt auch anhört.«

Ich fand es im Gegenteil sehr anrührend. Wieviel Liebe sprach daraus — und wieviel Verständnis.

Ich lächelte sie an.»Zuerst wußten sie also nicht, daß ich im Hotel war?«

Jik schüttelte den Kopf.»Sie wußten wohl noch nicht mal, daß du in Melbourne bist. Sie waren überrascht, als Sarah sagte, du seist oben. Ich glaube, die wußten nur, daß du nicht mehr in Alice Springs im Krankenhaus warst.«

«Wußten sie von unserem Einbruch?«

«Bestimmt nicht.«

Ich grinste.»Die kriegen Krämpfe, wenn sie dahinterkommen.«

Jik und ich vermieden es tunlichst, daran zu denken, was passiert wäre, wenn ich geradewegs zu ihnen hinuntergelaufen wäre, aber ich sah ihm an, daß er es wußte. Da sie Sarah als Geisel hielten, hätte ich mit Greene das Hilton verlassen müssen und nur noch hoffen können. Hoffen können, daß man mich wider Erwarten noch einmal mit dem Leben davonkommen ließ.

«Ich habe Hunger«, sagte ich.

Sarah lächelte.»Futtern kannst du immer, hm?«

Wir aßen in einem kleinen B.Y.O.-Restaurant in der Nähe, wo sich die Gäste an allen Tischen darüber unterhielten, auf wen sie im Cup gesetzt hatten.

«Du liebe Zeit«, rief Sarah plötzlich.»Das habe ich ganz vergessen.«

«Was denn?«

«Du hast doch gewonnen«, sagte sie.»Du hast Ringwood gewettet.«

«Aber…«, setzte ich an.

«Er hatte die Elf.«»Ich fasse es nicht.«

Sie öffnete ihre Handtasche und zog ein dickes Bündel Banknoten hervor. Irgendwie war es ihr gelungen, der brenzligen Situation im Hilton mit der cremefarbenen Ledertasche am Arm zu entkommen. Wie Frauen mit ihrer Handtasche verwachsen waren, hatte mich schon manches Mal verblüfft, jedoch nie mehr als heute.

«Er stand vierhundertzehn zu zehn«, sagte sie.»Zwanzig habe ich für dich gesetzt, du kriegst also achthundert Dollar, und ich finde das unerhört.«

«Teilen wir doch«, meinte ich lachend.

Sie schüttelte den Kopf.»Auf keinen Fall. Ich dachte offen gestanden, er sei ohne jede Chance, und nur um dich von deiner unmöglichen Wettmethode zu kurieren, habe ich einen Zwanziger auf ihn gesetzt, sonst hätte ich es bei zehn belassen.«

«Ich stehe sowieso bei Jik in der Kreide«, sagte ich.

«Das eilt nicht«, sagte er.»Wir rechnen später ab. Soll ich dein Steak schneiden?«

«Gern.«

Er schnitt es mir klein und schob mir den Teller mit bereitliegender Gabel wieder hin.

«Was gab es sonst noch auf der Rennbahn?«fragte ich und spießte den ersten saftigen Happen auf.»Wen habt ihr gesehen?«Das Steak schmeckte so gut, wie es aussah, und mir wurde bewußt, daß ich mich, auch wenn meine Blessuren noch schmerzten, nicht mehr wie ausgewrungen fühlte. Offenbar war ich wirklich auf dem Weg der Besserung.

«Greene haben wir auf der Rennbahn nicht gesehen«, sagte Jik.»Auch den Jungen und den Schrank nicht.«

«Aber sie werden euch gesehen haben.«

«Meinst du?«fragte Sarah.

«Ich nehme an, sie sind euch von der Rennbahn aus einfach zum Hilton nachgefahren.«»Heiland«, stöhnte Jik.»Wir haben nichts davon gemerkt. Da war ein Mordsverkehr.«

Ich nickte.»Und alles im Kriechtempo. Wenn Greene nur drei Wagen hinter euch war, konntet ihr ihn schon nicht mehr entdecken, aber er konnte euch gut im Blick behalten.«

«Tut mir wirklich leid, Todd.«

«Sei nicht albern. Außerdem ist nichts passiert.«

«Bloß, daß ich immer noch nichts zum Anziehen habe«, meinte Sarah.

«Du siehst blendend aus«, sagte ich zerstreut.

«Wir haben eine Frau getroffen, die ich aus Sydney kenne«, erzählte Sarah.»Die ersten beiden Rennen haben wir uns zusammen angeschaut und uns zwischendurch mit ihrer Tante unterhalten. Und als Jik dann wiederkam, haben wir mit einem Fotografen gesprochen, den wir beide kennen… es wird also, wie du es wolltest, leicht nachzuweisen sein, daß Jik den ganzen Nachmittag beim Pferderennen war.«

«Von Wexford habt ihr nichts gesehen?«

«Nicht, wenn deine Zeichnung stimmt«, sagte Sarah.»Dagewesen sein kann er natürlich trotzdem. Wer erkennt schon in so einem Trubel einen völlig Unbekannten anhand einer Skizze?«

«Wir haben mit allen möglichen Leuten geredet«, sagte Jik.»Mit jedem, den Sarah auch nur entfernt kannte. Immer unter dem Vorwand, ich sei ihr frischgebackener Ehemann.«

«Mit deiner Verabredung vom Samstag haben wir uns auch unterhalten«, ergänzte Sarah nickend.»Oder vielmehr, er hat uns angesprochen.«

«Hudson Taylor?«fragte ich.

«Der Mann, den du mit Wexford hast reden sehen«, sagte Jik.

«Er fragte, ob du auch da wärst«, sagte Sarah.»Denn dann hätte er sich gern noch mal mit dir unterhalten. Wir sagten, wir würden es dir ausrichten.«»Sein Pferd ist ganz gut gelaufen, oder?«sagte ich.

«Unser Gespräch war vorher. Wir haben ihm noch Glück gewünscht, und er meinte, das könne er gebrauchen.«

«Er wettet ganz gern«, entsann ich mich.

«Wer denn nicht?«

«Wieder ein Auftrag gestorben«, sagte ich.»Er wollte Vinery malen lassen, wenn er siegt.«

«Du verkaufst dich wie eine Hure«, sagte Jik.»Das ist ja schon unanständig.«

«Und außerdem«, ergänzte Sarah vergnügt,»hast du auf Ringwood mehr gewonnen, als du für das Bild bekommen hättest.«