„Grundgütiger“, keuchte er und streckte die Arme aus, um sich am Kopfteil des Bettes festzuhalten, während ihr seltsamer Tanz sich zu einem wilden Crescendo steigerte.
Sie ritt ihn immer schneller und härter. Ihre stumpfen menschlichen Zähne gruben sich in seinen Hals, als sie stärker als bisher an seiner Ader saugte. Er fühlte, wie ihr Höhepunkt sich ankündigte und dann befreiend ausbrach. Sein eigener Höhepunkt nahte ebenso schnell, sein Schwanz schwoll an, schnellte hoch, bereit zum Schuss. Als Tess ein zweites Mal kam, gab auch Dante sich seiner Erlösung hin. Der Orgasmus überrollte ihn, legte ihn flach, presste ihn aus. Er verlor sich darin, unfähig, den heftigen, pulsierenden Ausbruch zu stoppen, der endlos zu dauern schien. Dann fiel Tess auf ihm in einen übersättigten, tiefen Schlaf.
Nach einer Weile nahm Dante die Hände vom Kopfteil und legte sie auf ihren schlanken Körper. Er wollte in ihr sein. Er brauchte es so sehr wie Luft zum Atmen, aber sie war jetzt sehr verwundbar, und er würde sie nie missbrauchen. Jetzt, wo sie außer Gefahr war, würden andere Gelegenheiten kommen, auf diese Art zusammen zu sein; bessere Gelegenheiten.
Gott, ja, so sollte es sein.
31
Tess erwachte langsam, durchbrach die Oberfläche der warmen, dunklen Welle, die ihren Körper auf eine sie willkommen heißende Küste zutrieb. Sie atmete tief ein, und kühle, reinigende Luft strömte in ihre Lungen. Sie blinzelte ein paarmal, ihre Augenlider fühlten sich schwer an, als hätte sie drei Tage durchgeschlafen.
„Hallo mein Engel“, sagte eine tiefe, vertraute Stimme dicht an ihrem Gesicht.
Tess hob ihren Blick, bis sie ihn erspähte – Dante, der auf sie heruntersah. Seine Augen blickten besorgt, aber er lächelte. Er liebkoste ihre Stirn und strich sanft einige feuchte Haarsträhnen aus ihrem Gesicht.
„Wie fühlst du dich?“
„Ganz gut.“ Sie fühlte sich besser als nur ganz gut. Ihr Körper lag auf einer weichen Matratze, umhüllt von schwarzen seidenen Laken und Dantes starken Armen. „Wo sind wir?“
„An einem sicheren Ort. Hier wohne ich, Tess. Niemand kann dir hier etwas tun.“
Sie vernahm seine Beteuerungen mit leichter Verwirrung; etwas Schattenhaftes und Kaltes schwebte am Rand ihres Bewusstseins. Furcht. Sie empfand diese Furcht nicht im Augenblick und nicht seinetwegen, aber das Gefühl klang nach wie ein Dunstschleier, der sich auf die Haut legt und frösteln macht.
Noch vor ganz kurzer Zeit hatte sie große Angst gehabt – Todesangst.
Tess griff sich an den Hals, und ihre Finger berührten eine entzündete, empfindliche Stelle. Wie ein Blitz der Erkenntnis schoss ihr eine Erinnerung durch den Kopf: ein abscheuliches Gesicht mit leuchtenden Augen wie glühende Kohlen, der Mund in einem schrecklichen Fauchen weit aufgerissen, mit entblößten riesigen, scharfen Reißzähnen.
„Ich bin überfallen worden“, murmelte sie, die Worte formten sich, noch bevor die Erinnerung richtig griff. „Sie haben mich auf der Straße umzingelt und dann … angefallen. Zwei haben mich von der Straße gezerrt, und …“
„Ich weiß“, sagte Dante und nahm vorsichtig ihre Hand von ihrem Hals. „Aber es geht dir wieder gut, Tess. Es ist vorbei, du brauchst keine Angst mehr zu haben.“
Mit einem Mal liefen die nächtlichen Ereignisse im Schnelldurchlauf vor ihrem geistigen Auge ab wie ein Wirbelsturm aus Gedächtnisbildern. Sie durchlebte alles noch einmal; von ihrem Spaziergang zu Ben, ihrem Erkennen, dass jemand sich in seiner Wohnung aufhielt, bis zu dem schrecklichen Anblick der großen Männer – falls es Männer waren –, die vom Balkon sprangen und sie verfolgten. Sie sah ihre schrecklichen Gesichter, fühlte die gewaltige Kraft ihrer Hände, als sie sie packten und in die Dunkelheit verschleppten, wo die eigentliche brutale Unmenschlichkeit erst begann. Sie konnte noch immer das Entsetzen des Augenblicks fühlen, als einer der Kerle ihre Arme festhielt und der andere sie mit dem Gewicht seines riesigen muskulösen Körpers nach unten drückte. Sie hatte geglaubt, sie würde vergewaltigt und geschlagen werden, aber die Absicht ihrer Angreifer war eine ganz andere, wenn auch nicht weniger entsetzlich.
Sie hatten sie gebissen.
Die zwei grausamen Monster drückten sie auf dem Boden eines dunklen, verfallenen Schuppens nieder wie geschlagene Beute. Dann bissen sie sie in Hals und Handgelenk und begannen ihr das Blut auszusaugen.
Sie war sicher, dort zu sterben, aber dann geschah etwas Wunderbares. Dante kam. Er tötete beide; eine Tatsache, die Tess mehr gespürt als gesehen hatte. Auf dem rauen Sperrholzboden des Schuppens – der Geschmack ihres eigenen Blutes erstickte ihre Wahrnehmungen – fühlte sie Dantes Gegenwart. Sie fühlte, wie sein Zorn den kleinen Raum füllte wie ein Hurrikan aus schwarzer Hitze.
„Du … du warst auch da, Dante.“ Tess setzte sich aufrecht. Ihr Körper schien wie durch ein Wunder gekräftigt, sie empfand keine nachklingenden Schmerzen ihrer Marter. Nun, da ihr Geist langsam aufklarte, fühlte sie sich energiegeladen und erfrischt, als wäre sie aus einem tiefen Verjüngungsschlaf erwacht. „Du hast mich dort gefunden. Du hast mich gerettet, Dante.“
Sein Lächeln wirkte gequält, als wäre er sich dessen nicht sicher oder als fühlte er sich bei ihrer Dankbarkeit nicht wohl. Aber er legte seine Arme um sie und hauchte ihr einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. „Du bist am Leben, und nur darauf kommt es an.“
Tess hielt ihn fest und fühlte sich auf seltsame Weise als Teil von ihm. Sein Herzschlag hallte wie ein Echo ihres eigenen Herzschlags wider, die Wärme seines Körpers schien durch ihre Haut und ihre Knochen zu sickern und sie von innen zu wärmen. Sie fühlte sich ihm im tiefsten Innern verbunden. Das Gefühl war so außergewöhnlich, so gewaltig, dass es ihr die Sprache verschlug.
„Jetzt, wo du wach bist“, flüsterte Dante in ihr Ohr, „gibt es da nebenan jemanden, der dich gern sehen würde.“
Bevor sie antworten konnte, hatte Dante das große Bett verlassen und ging ins angrenzende Zimmer. Als sie ihn von hinten sah, konnte sie nicht umhin, seine männliche Geschmeidigkeit zu bewundern. Es war unwiderstehlich sexy, wie die bunten Ranken seiner Tattoos auf Rücken und Schultern spielten und sich bei jedem Schritt anmutig bewegten. Er verschwand im Nebenzimmer, dann hörte Tess ein leises Winseln, das sie auf Anhieb erkannte.
„Harvard“, rief sie, als Dante mit dem zappelnden kleinen Terrier auf den Armen zurück ins Schlafzimmer kam. „Du hast ihn ebenfalls gerettet?“
Dante schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn allein herumlaufen sehen, kurz bevor ich dich fand und hierher brachte. Als ich dich in Sicherheit wusste, habe ich jemanden losgeschickt, um ihn zu holen.“
Er setzte den Hund aufs Bett, und das freche Fellknäuel stürzte sich sofort auf Tess. Harvard leckte ihr wild die Hände und das Gesicht, und sie hob ihn hoch, um ihn an sich zu drücken. Sie hatte schon geglaubt, dass sie ihn vor Bens Apartment verloren hatte. Nun war sie außer sich vor Freude, ihn wiederzuhaben.
„Ich danke dir“, sagte sie und lächelte Dante durch einen Schleier von Glückstränen an. „Ich muss gestehen, dass ich in das kleine Biest total verliebt bin.“
„Glücklicher Hund“, sagte Dante gedehnt. Er saß auf der Bettkante und sah zu, wie Tess’ Kinn einer gründlichen, begeisterten Waschung unterzogen wurde. Seine Miene war zu sorgfältig beherrscht, zu ernst, als ihre Blicke sich trafen. „Es gibt … Dinge, über die wir reden müssen, Tess. Ich hatte zuerst gehofft, dass du nicht damit behelligt werden musst, aber offenbar ziehe ich dich immer tiefer hinein. Nach dem, was heute Nacht passiert ist, musst du verstehen, was geschehen ist, und warum.“
Sie nickte schweigend, ließ von Harvard ab und begegnete Dantes düsterem Blick. Ein Teil von ihr ahnte bereits, wohin die Unterredung führen würde – auf fremdes Territorium, das ganz bestimmt in keiner Karte verzeichnet war. Alles, was sie heute Nacht erlebt hatte, führte zu dem Schluss, dass manches, was sie für selbstverständlich und normal gehalten hatte, keine Gültigkeit mehr besaß.