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Im selben Moment fühlte sie seine Wut. Ihr eiskalter Hauch wallte von seinem mächtigen Körper und konzentrierte sich auf Ben. Dante senkte den Kopf, der Fokus seines Blicks auch durch die dunklen Linsen spürbar, die seine Augen beschirmten. Ein Glühen schien durch die schwarzen Gläser – funkelnd klar und tödlich.

Mit der Geschwindigkeit eines Lichtstrahls hob Bens gekrümmter Körper vom Boden ab und flog in die Schränke an der Wand. Er trat und schlug um sich, aber Dante hielt ihn allein mit der Kraft seines Willens in der Höhe. Als ein weiterer schwarz gekleideter Krieger im Flur auftauchte, knurrte Dante ein Kommando.

„Bring sie hier raus, Chase. Ich will nicht, dass sie das sieht.“

Dantes Kamerad kam herüber und schnitt Tess los, nahm sie vorsichtig auf die Arme und trug sie aus der Klinik zu einem Geländewagen, der im Leerlauf hinter dem Gebäude stand.

Sobald Chase Tess aus dem Raum gebracht hatte, löste Dante seinen mentalen Griff. Die Verbindung brach ab, und Sullivan fiel wie ein Stein zu Boden. Er versuchte sich aufzurappeln und das Messer zu fassen, das er auf dem Tisch hatte liegen lassen. Dante ließ die Klinge mit einem harten mentalen Hieb wegfliegen, und die Spitze bohrte sich in die gegenüberliegende Wand.

Er schritt weiter in den Raum hinein. Seine eigenen Waffen ließ er stecken. Zu stark war das Verlangen, Ben Sullivan mit den Händen zu erledigen. Er wollte Vergeltung, und er hatte die Absicht, den Scheißkerl leiden zu lassen für das, was er Tess antun wollte. Und für alles, was er ihr schon angetan hatte.

„Steh auf“, befahl er dem Menschen. „Es endet hier.“

Sullivan kicherte, während er langsam auf die Füße kam. Als Dante seinem Blick begegnete, sah er das stumpfe Glimmen eines Geistsklaven in den Augen des Crimson-Dealers. Ben Sullivan war zu einem Lakaien umgedreht worden. Das erklärte immerhin, warum er zwischenzeitlich verschwunden gewesen war. Ihn zu töten hieß in jedem Fall, ihm einen Gefallen zu tun.

„Wo versteckt sich denn dein Meister dieser Tage, Lakai?“

Sullivan starrte ihn nur an.

„Hat er dir erzählt, wie wir ihm letzten Sommer in den Arsch getreten haben? Dass er mit dem Schwanz zwischen den Beinen weggerannt ist, statt dem Orden Auge in Auge entgegenzutreten? Er ist ein Feigling und ein Angeber, und wir werden ihn niedermachen.“

„Fick dich, Vampir.“

„Nein, ich denke nicht“, erwiderte Dante, der ein Zucken in den Beinmuskeln des Lakaien bemerkt hatte und an dieser vielsagenden Bewegung erkannte, dass Sullivan im Begriff war anzugreifen. „Fick dich selbst, du Stück Lakaienscheiße. Und fick auch den Hurensohn, dem du gehörst.“

Ein schrilles Kreischen kam aus dem Mund des Lakaien, als er sich durch den Raum auf Dante warf. Sullivan schlug und hämmerte auf ihn ein. Seine Fäuste flogen schnell, aber nicht so schnell, dass Dante sie nicht blocken konnte. Im Handgemenge riss Dantes Brustschutz ab und gab ein Stück Haut frei. Mit einem Aufbrüllen versetzte er dem Lakaien einen Schlag ins Gesicht und genoss das Krachen von Knochen und das dumpfe Schmatzen von reißendem Fleisch beim Einschlag.

Ben Sullivan ging der Länge nach zu Boden. „Es gibt nur einen wahren Herren der Rasse“, keuchte er zu Dante auf. „Bald wird er als König herrschen – wie es sein Geburtsrecht ist!“

„Nicht im Entferntesten“, antwortete Dante, hob die Gestalt des Lakaien mit einer Hand vom Boden und schickte ihn in die Luft.

Sullivan glitschte über die polierte Oberfläche des Tischs, auf den er Tess gefesselt hatte, und krachte in die Fensterfront auf der anderen Seite des Raumes. Sofort richtete er sich wieder auf, sprang auf die Füße und pendelte wie ein Boxer tänzelnd vor den Rollos hin und her, die hinter ihm vor- und zurückschwangen. Dante schützte instinktiv seine Augen vor dem eindringenden Licht und riss den Arm hoch, um die Strahlen abzuschirmen.

„Was ist los mit dir? Zu hell für dich, Vampir?“ Er grinste durch seine blutverschmierten Zähne. In seiner Hand befand sich ein abgebrochenes Stück Schublade, das er hielt wie einen schartigen Knüppel. „Wie wär’s mit einer kurzen Szene aus Stirb langsam?“

Er schwang den Arm und zertrümmerte das Fenster, schlug die Rollos zur Seite und ließ die Glassplitter um sie regnen. Sonnenlicht ergoss sich in den Raum und versengte Dantes Augen hinter der Schutzbrille. Er brüllte im plötzlichen Todeskampf seiner zerfetzten Hornhäute. In diesem kurzen Moment der Unachtsamkeit rollte Ben Sullivan unter ihm durch und versuchte zu entwischen.

Jetzt spürte Dante trotz der Schutzkleidung, wie seine Haut heißer wurde und zischte, wo das nackte Fleisch dem Licht ausgesetzt war. Zeitweilig blind, musste er den Lakaien mit seinen anderen Sinnen verfolgen, alle übersensibilisiert, seit seine Wut ihn verwandelt hatte. Die Fangzähne streckten sich in seinem Mund zu ganzer Länge. Seine Pupillen verengten sich hinter den dunklen Linsen zu senkrechten Schlitzen.

Er warf sich in die Luft, sprang in einer flüssigen Bewegung durch den Raum und stieß von hinten auf Sullivan nieder. Der Aufschlag warf beide zu Boden. Dante gab dem Lakaien keine Chance zu reagieren. Er griff ihn an Kinn und Stirn und beugte sich hinab, bis seine scharfen Reißzähne die Ohren des Scheißkerls kitzelten.

„Yippeekayay, Schweinebacke!“

Mit einem scharfen Ruck drehte Dante den Hals des Lakaien in seinen Händen. Er ließ den leblosen Körper zu Boden fallen und bemerkte kaum noch den sauren Geruch in der Luft und das leichte Zischen, das in seinen Ohren summte wie ein Schwarm Fliegen. Schmerz überflutete ihn, als er sich aufrichtete und von dem geborstenen Fenster wegtaumelte. Er hörte das schwere Stampfen von Stiefeln vor dem Raum, konnte aber den Blick nicht auf die dunkle Kontur scharf stellen, die jetzt den Raum zwischen den Türpfosten ausfüllte.

„Draußen ist alles klar – heilige Scheiße!“ Nikos Stimme brach ab, dann war der Krieger an Dantes Seite, stützte ihn und geleitete ihn mit der gebotenen Eile aus dem lichtdurchfluteten Raum. „O Gott, D. Wie lange warst du dem ausgesetzt?“

Dante schüttelte den Kopf. „Nicht so lang. Der Scheißkerl hat das Fenster rausgehauen.“

„Ja“, sagte Niko mit seltsam erbitterter Stimme. „Ich kann’s sehen. Wir müssen dich hier rausbringen, Mann. Komm schon.“

36

„Hölle und Verdammnis!“

Der schwarz gekleidete Krieger auf dem Vordersitz des Geländewagens neben Tess – sie nannten ihn Chase – stieß die Fahrertür auf und sprang hinaus, als Dante und ein anderer Mann aus der Klinik gelaufen kamen.

Dante lief nicht wirklich, er humpelte mehr. Schwer stützte er sich auf den Krieger, der ihn herausgebracht hatte. Sein Kopf hing tief auf der Brust, unbedeckt, die Vorderseite seines Anzugs war aufgerissen, und die lohfarbene Haut seiner Brust schimmerte hindurch, glühend in einem feurigen Rot durch das helle Licht des Morgens.

Chase öffnete die Heckklappe des Geländewagens und half dem anderen Mann, Dante hineinzuhieven. Dantes Fangzähne waren lang, die Spitzen glänzten weiß bei jedem Atemzug, den er durch seinen offenen Mund zog. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, seine Pupillen dünne schwarze Schlitze in der Mitte ihrer hellen bernsteinfarbenen Iris. Er war vollständig verwandelt, ein Vampir, den Tess fürchten sollte, aber jetzt nicht konnte.

Seine Freunde arbeiteten schnell. Ihr verbissenes Schweigen ließ Tess das Blut gefrieren. Chase schloss die Heckklappe und rannte herum zur Fahrertür. Er sprang hinein, warf den Gang rein, und sie waren unterwegs.

„Was ist ihm passiert?“, fragte sie ängstlich, da sie kein Blut oder andere Zeichen einer Verletzung an Dante entdecken konnte. „Ist er verwundet?“

„Strahlung“, sagte der, den sie nicht kannte. In seinem ernsten Ton klang ein slawischer Akzent mit. „Der verfluchte Crimson-Dealer hat ein Fenster rausgehauen. Dante musste den Scheißkerl im Sonnenlicht killen.“