Выбрать главу

Ich lächelte unbestimmt, unverbindlich. Aus meiner eigenen Erfahrung als Besitzer, wenn auch nur eines mittelmäßigen Hindernispferdes, konnte ich dem» immer «nicht zustimmen. Manchmal oder auch meistens, ja. Aber immer, nein. Ich wußte von mindestens einem Grand-National-Sieger, der niemals angetreten wäre, hätte sein Besitzer auf den Rat des Trainers gehört.

«Wie ich sehe, hat Mrs. Cavesey einen Starter im vierten«, sagte ich.

Die dogmatische Miene verschwand und machte einem leichten Stirnrunzeln Platz.

«Ja«, sagte Arnold.»Vielleicht hat sie Ihnen ja erzählt, daß ihre Pferde nicht gut laufen.«

«Sie sagte mir, Sie hätten keine Ahnung, warum«, erwiderte ich und nickte.

Er schüttelte den Kopf.»Ich verstehe das nicht. Sie werden behandelt wie alle anderen. Dasselbe Futter, dieselbe Arbeit und alles. Sie sind nicht krank. Ich habe sie mehrmals von einem Tierarzt untersuchen lassen. Es ist beunruhigend. Sehr.«

«Ja, sicher«, sagte ich mitfühlend.

«Und Dopingproben!«sagte er.»Wir haben bestimmt schon hundert Dopingproben gemacht. Allesamt negativ.«

«Sehen sie denn fit aus?«fragte ich.»Ich meine, würde man ihnen vom Aussehen her zutrauen, daß sie besser laufen?«

«Überzeugen Sie sich selbst. «Er zuckte die Achseln.»Das heißt… ich weiß ja nicht, wie Sie sich mit Pferden auskennen.«

«Sicher ziemlich gut«, warf Danilo ein.»Es ist schließlich kein Geheimnis, daß sein Vater ein Stallangestellter war.«

«So?«sagte Arknold.»Möchten Sie sich dann vielleicht im Stall einmal umsehen? Am Ende können Sie uns sogar einen Tip geben zum Lot von Mrs. Cavesey, man weiß ja nie.«

Sein ironischer Tonfall ließ erkennen, daß er das für ausgeschlossen hielt. Das bedeutete entweder, er wußte wirklich nicht, was mit den Pferden los war, oder er wußte es, war aber fest überzeugt, daß ich nicht dahinterkommen würde.

«Ich möchte sehr gerne die Ställe sehen«, sagte ich.

«Gut. Dann sollen Sie das auch. Wie wär’s mit morgen, am Spätnachmittag? Sie können mich bei der Stallkontrolle begleiten. Um halb fünf.«

Ich nickte.

«In Ordnung also. Und Sie, Danilo? Möchten Sie auch kommen?«

«Fänd’ ich prima, Greville. Würd’ ich gern.«

Damit war das abgemacht; und Danilo sagte, er werde selbst am Iguana Rock vorbeikommen und mich abholen.

Chink, Nerissas Starter im vierten Rennen, sah im Führ-ring eigentlich ganz gut aus, mit einem gesunden Glanz im

Haarkleid und einer Muskulatur, die kräftig, beweglich und locker wirkte. Er hatte nicht besonders viel Substanz, aber einen intelligenten Kopf und starke, gut liegende Schultern. Nerissas Schwester Portia hatte auf sein Pedigree hin fünfundzwanzigtausend Rand für ihn als Jährling bezahlt, und bisher hatte er nur ein Rennen gewonnen, sein erstes, im vergangenen April.

«Was halten Sie von ihm, Link?«fragte Danilo und lehnte sich mit der Hüfte gegen den Führringzaun.

«Er sieht ganz fit aus«, sagte ich.

«Eben. Tun sie alle, sagt Greville.«

Chink wurde von zwei Pflegern herumgeführt, einem auf jeder Seite. An Arknolds Sicherheitsvorkehrungen gab es nichts auszusetzen.

Wegen der steilen Fesseln fand ich es schwierig, die Elastizität von Chinks Gang einzuschätzen. Die Pferde kamen mir alle vor, als gingen sie auf den Zehenspitzen, eine Eigenart, die ich darauf zurückführte, daß sie von Geburt an auf hartem, trockenem Boden lebten. Jedenfalls ging er nicht steifer als die anderen zum Start hinunter, und problemlos stellte er sich in die Startbox und schnellte aus ihr hervor. Ich beobachtete jeden Schritt seines Weges durch mein 8 x 50er Zeissglas.

Er nahm die erste halbe Meile anscheinend ohne Mühe, geschickt etwa an sechster Stelle liegend, gleich hinter der Spitzengruppe. Als sie auf die Einlaufgerade gingen, beschleunigten die führenden Pferde, aber Chink nicht. Ich sah, wie der Kopf des Jockeys wippte und sein übriger Körper energisch in Bewegung geriet, um das Pferd anzutreiben; aber wenn ein Jockey schon weit vor dem Ziel so arbeiten muß, kann er sich die Mühe gleich sparen. Chink war die Puste ausgegangen, und daran hätte der beste Reiter der Welt nichts ändern können.

Ich ließ mein Fernglas sinken. Der Sieger gewann Kopf an Kopf, die Menge tobte, und Chink kam ungefeiert, un-gewettet, unbeachtet gut dreißig Längen hinter dem Ersten ein.

Zusammen mit Danilo ging ich zum Absattelplatz, und wir traten in den Bannkreis ratlosen, finsteren Brütens, den Greville Arknold dort um sich gezogen hatte.

«Na bitte«, sagte er.»Sie haben es selbst gesehen.«

«Ja«, sagte ich.

Chink schwitzte und sah müde aus. Er stand da mit hängendem Kopf, als spürte er die Schmach.

«Was meinen Sie dazu?«fragte Arknold.

Ich schüttelte den Kopf. Eigentlich hatte er schlicht wie ein langsames Pferd ausgesehen, aber bei seinem Pedigree und bei der schnellen Zeit des Rennens, das er gewonnen hatte, konnte er das nicht sein.

Er und die zehn anderen konnten nicht alle ein schwaches Herz oder schlechte Zähne oder Blutkrankheiten haben, die noch keiner entdeckt hatte. Nicht nach all den eingehenden tierärztlichen Untersuchungen. Und nicht sie alle. Das war unmöglich.

Sie waren nicht alle jedesmal von dem gleichen Jockey geritten worden. Wie ich Nerissas Rennsportzeitungen entnommen hatte, gab es in Südafrika sehr wenige Jockeys im Vergleich zu England: ganze dreizehn — und zweiundzwanzig Lehrlinge — ritten auf den Natal-Bahnen bei Durban, dem offiziellen Zentrum des Sports.

Es gab vier große Rennsportregionen: die Johannesburger Bahnen in Transvaal, die Pietermaritzburg-Durban-Pisten in Natal, die Port-Elizabeth-Bahnen im östlichen Kapland und die Kapstadt-Bahnen in der Kapprovinz. Verschiedene Pferde Nerissas waren in allen vier Regionen gelaufen, waren von den einheimischen Jockeys geritten worden und hatten die gleichen Ergebnisse vorzuweisen.

Schnell bis Mai, Schneckentempo seit Juni.

Wenn sie umherreisten, hieß das wohl auch, daß ihr Versagen sich nicht auf etwas in ihrem Stammquartier zurückführen ließ.

Keine Krankheit. Kein Doping. Keine feste Adresse. Kein gemeinsamer Jockey.

Das alles deutete auf nur eine Lösung hin. Eine einzige Wurzel des Übels.

Der Trainer selbst.

Ein Trainer konnte relativ leicht dafür sorgen, daß eins seiner Pferde nicht gewann, wenn er das wollte. Er brauchte ihm bloß einen zu harten Galopp zu kurz vor dem Rennen aufzubürden. Tatsächlich wurden so viele Rennen ungewollt auf diese Weise verloren, daß sich unmöglich nachweisen ließ, ob jemand es mit Absicht machte.

Trainer dopten ihre Pferde selten zur Minderung der Leistung, da sie in der Regel mehr zu gewinnen hatten, wenn die Pferde siegten. Mir sah es aber ganz so aus, als müsse Arknold hier der Verantwortliche sein, selbst wenn die Methode, die er anwandte, die einfachste der Welt war.

Ich dachte, Nerissas Problem sei dadurch zu lösen, daß sie mit ihren Pferden zu einem anderen Trainer ging.

Ich dachte, ich könnte eigentlich gleich nach Hause fliegen und ihr das sagen.

Zwei böse Hindernisse gab es.

Ich hatte eine Premiere in vierzehn Tagen zugesagt.

Und wenn ich auch ahnte, wer die Pferde manipulierte und wie, so wußte ich doch nicht warum.

Kapitel 5

Die Damen und Herren von der Presse (oder anders gesagt, ein teilweise rasierter, Rollkragen tragender, kunstvoll-lässiger und uninformierter Verein) gähnten zum Steinerweichen, als ich im Dettrick-Saal von Randfontein House eintraf, während die Uhrzeiger noch auf halb zwölf standen.

Clifford Wenkins hatte mich in der Halle empfangen, flatterig wie zuvor und mit noch feuchteren Händen. Wir fuhren zusammen mit dem Lift hoch, wobei er mir genau erklärte, wen er eingeladen hatte und wer gekommen war. Interviewer von zwei Rundfunksendern; ich hatte doch hoffentlich nichts dagegen? Sie wollten nur gern meine Antworten auf ihre Fragen auf Band aufnehmen. Ich würde also in ein Mikrofon sprechen müssen. Schlimm? Außerdem waren da noch die Tageszeitungen, die Wochenzeitungen, die Frauenzeitschriften und ein, zwei Leute, die eigens mit dem Flugzeug von Kapstadt und Durban angereist waren.