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Unsichtbare entschwebenden Decke, und hatte auf allen vier Seiten eine anmutige Kolonnade, mit Säulen und Rundbögen: Es sah aus wie eine reizende kleine italienische Piazza mit einem Dach irgendwo oben darüber.

Aus einer Tür unter der Kolonnade auf der anderen Seite kamen ein Mann und eine Frau in die Halle.

«Ich bin Quentin van Horen«, sagte er.»Und das ist meine Frau Vivi.«

«Guten Tag«, sagte ich höflich und gab ihnen die Hand.

Eine kleine Pause trat ein.

«Ja. so«, sagte er und machte eine Gebärde, die fast ein Achselzucken war.»Dann kommen Sie mal rein.«

Ich folgte ihnen in den Raum, aus dem sie gekommen waren. Im hellen Licht dort war Quentin van Horen sofort als ein seriöser, vermögender Mann zu erkennen, denn ihn umgab jene unverwechselbare Aura von Erfahrung, Tüchtigkeit und Sachverstand, die wahre Autorität ausmacht. Da Solidität und Professionalismus mir vertraute Eigenschaften waren, war ich gleich geneigt, ihn mehr zu mögen als er wahrscheinlich mich.

Vivi, seine Frau, war anders: elegant anzusehen, aber geistig nicht auf demselben Niveau.

Sie sagte:»Setzen Sie sich doch, Mr. Lincoln. Wir sind so froh, daß Sie kommen konnten. Nerissa ist uns eine sehr liebe Freundin.«

Sie hatte kühle Augen und routinierte Umgangsformen. In ihrer Stimme lag weniger Wärme als in ihren Worten.

«Whisky?«fragte van Horen, und ich sagte:»Ja, danke «und bekam das Glas voll Wasser mit dem Spritzer Scotch.

«Leider habe ich noch keinen Ihrer Filme gesehen«, sagte van Horen ohne hörbares Bedauern, und seine Frau setzte hinzu:»Wir gehen selten ins Kino.«

«Sehr klug«, sagte ich neutral, und beide wußten nicht recht, wie sie das auffassen sollten.

Ich fand es im großen ganzen leichter, mit Leuten umzugehen, die mich kurz abfertigten, als mit Schmeichlern aller Art. Den Achselzuckern fühlte ich mich nicht verpflichtet.

Ich setzte mich auf das Goldbrokatsofa, auf das sie gedeutet hatte, und nippte an meinem verpanschten Drink.

«Hat Nerissa Ihnen gesagt, daß sie… krank ist?«fragte ich.

Sie setzten sich beide ohne Eile. Van Horen verrückte ein kleines Kissen, drehte sich dabei im Sessel, um zu sehen, was er machte, und antwortete über seine Schulter hinweg.

«Sie hat vor einiger Zeit geschrieben. Sie schrieb, mit ihren Drüsen stimme etwas nicht.«

«Sie stirbt«, sagte ich geradeheraus und bewirkte damit ihre erste ehrliche Reaktion. Sie hörten auf, an mich zu denken. Dachten an Nerissa. An sich selbst. Der Schock und das Bedauern in ihren Gesichtern waren echt.

Van Horen hielt noch das Kissen in der Hand.

«Sind Sie sicher?«sagte er.

Ich nickte.»Sie hat es mir selbst gesagt. Ein oder zwei Monate, sagt sie, bleiben ihr noch.«

«O nein«, sagte Vivi, und der Kummer stach durch den gesellschaftlichen Firnis wie eine Distel im Orchideenbeet.

«Ich kann es nicht glauben«, rief van Horen aus.»Sie ist immer so voll Leben. So fröhlich. So vital.«

Ich dachte an Nerissa, wie ich sie zurückgelassen hatte: die Vitalität dahin, das Leben selbst rapide im Schwinden begriffen.

«Sie macht sich Sorgen um ihre Rennpferde«, sagte ich.»Die Pferde, die Portia ihr hinterlassen hat.«

Sie waren beide noch nicht bereit, an Rennpferde zu denken. Van Horen schüttelte den Kopf, legte das Kissen endgültig in seinem Sessel zurecht und starrte ins Leere. Er war ein gut gebauter Mann in den Fünfzigern, mit edlen grauen Schläfen wie Hermesflügel. Im Profil gesehen, war seine Nase oben stark gehöckert, endete aber gerade und kurz, ohne den Eindruck einer Hakennase zu vermitteln. Er hatte einen vollippigen, festen, klar gezeichneten Mund, Hände mit geraden, gut manikürten Fingernägeln und trug einen dunkelgrauen Anzug, mit dem sich jemand viel Mühe gegeben hatte.

Die Tür zur Halle wurde plötzlich geöffnet, und ein Junge und ein Mädchen, die sich erstaunlich ähnlich sahen, kamen herein. Er, ungefähr zwanzig, hatte den leicht verdrießlichen Zug eines jungen Mannes, der sich bei aller Lust am Rebellieren nicht entschließen konnte, das feudale Elternhaus zu verlassen. Sie, ungefähr fünfzehn, hatte die unkomplizierte Direktheit eines Mädchens, dem der Gedanke an Rebellion noch nicht gekommen war.

«Oh, Entschuldigung«, sagte sie.»Wußte nicht, daß jemand mit uns zu Abend ißt. «Sie kam in ihren Jeans und einem blaßgelben T-Shirt durch den Raum, hinter ihr der ähnlich gekleidete Bruder.

Van Horen sagte:»Das sind mein Sohn Jonathan und meine Tochter Sally.«

Ich stand auf, um dem Mädchen die Hand zu geben, was sie anscheinend belustigte.

«Na sowas«, sagte sie.»Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, daß Sie wie Edward Lincoln aussehen?«

«Ja«, sagte ich,»der bin ich auch.«

«Wer sind Sie?«»Edward Lincoln.«

«Aber sicher. «Sie sah mich genauer an.»Menschens-kind. Du lieber Himmel. Der sind Sie auch. «Dann zweifelnd, besorgt, ich könnte sie zum Narren halten:»Sind Sie es wirklich?«

Ihr Vater sagte:»Mr. Lincoln ist ein Freund von Mrs. Cavesey.«

«Tante Nerissa! Stimmt ja. Sie hat uns mal erzählt, daß sie Sie gut kennt. Die ist richtig lieb, was?«

«Ja«, sagte ich und setzte mich wieder.

Jonathan betrachtete mich ruhig, mit kalten, unbeeindruckten Augen.

«So Filme wie Ihre sehe ich mir nie an«, stellte er fest.

Ich lächelte ein wenig und antwortete nicht; solche herabsetzenden Bemerkungen wurden mir mehr oder minder aggressiv fast jede Woche an den Kopf geworfen. Die Erfahrung hatte gezeigt, daß die einzige nicht provozierende Antwort darauf Schweigen war.

«Aber ich«, sagte Sally.»Ich hab’ eine ganze Reihe gesehen. Haben Sie das Pferd in Spion über Land wirklich selbst geritten, wie’s auf den Plakaten stand?«

Ich nickte.»Mhm.«

Sie sah mich nachdenklich an.»Wären Sie da mit einem gebißlosen Zaum nicht besser gefahren?«

Ich lachte unwillkürlich.»Nein. Ich weiß, daß laut Drehbuch das Pferd ein sehr empfindliches Maul hatte, aber das Pferd, auf das sie mich dann gesetzt haben, hatte ein hartes.«

«Sally ist eine große Pferdefreundin«, sagte ihre Mutter überflüssigerweise.»Sie hat die Großpony-Klasse hier beim Osterturnier gewonnen.«

«Auf Rojedda Reef«, fügte Sally hinzu.

Der Name sagte mir nichts. Die anderen dachten aber offensichtlich, er sei mir bekannt. Sie sahen mich erwartungsvoll an, und schließlich sagte Jonathan von oben herab:»So heißt unsere Goldmine.«

«Ah ja? Ich wußte nicht, daß Sie eine Goldmine haben. «Ich sagte das halb absichtlich in dem gleichen Tonfall, in dem Vater und Sohn gesagt hatten, sie sähen sich meine Filme nicht an, und Quentin van Horen bemerkte es. Unvermittelt wandte er sich mir zu, und ich spürte, wie ein Lächeln in meine Augen stieg.

«Ja«, sagte er nachdenklich und hielt meinen Blick fest.»Ich verstehe. «Seine Lippen zuckten.»Hätten Sie Lust, mal eine zu besichtigen? Sich den Betrieb anzusehen?«

Den erstaunten Gesichtern der übrigen Familie entnahm ich, daß sein Angebot mehr oder weniger das Gegenstück zu einer von mir vorgeschlagenen Pressekonferenz war.

«Das würde ich sehr, sehr gern«, versicherte ich ihm.

«Ich fliege Montag früh nach Welkom runter«, sagte er.»Das ist der Ort, wo Rojedda liegt. Ich bleibe die ganze Woche da, aber wenn Sie Montag mit mir kommen, können Sie am selben Abend zurückfliegen.«

Ich sagte, das wäre großartig.

Gegen Ende des Abendessens hatte das van Horen-Lincoln-Bündnis sich so weit entwickelt, daß drei von der Familie beschlossen, am Samstag mit nach Germiston zu kommen, um Nerissas Pferde laufen zu sehen. Jonathan sagte, er habe Wichtigeres zu tun.

«Was denn zum Beispiel?«hakte Sally ein.

Jonathan wußte es nicht genau.