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Kapitel 7

Freitag erwies sich als ein magerer Tag für Nachrichten von Weltrang, so daß viel zuviel Platz für Katyas gefährliches Leben blieb. Selten war die Presse im voraus zu einem solchen Schauspiel eingeladen worden, und die meisten Zeitungen brachten es anscheinend auf der Titelseite.

Eine von ihnen deutete unfreundlicherweise erst an, das Ganze sei ein Werbetrick gewesen, der schiefgelaufen war, und bestritt es dann wenig überzeugend in dem nachfolgenden Artikel.

Ich fragte mich, während ich ihn las, wieviele Leute genau das glauben würden. Ich fragte mich im Gedanken an ihr schalkhaftes Lächeln, ob Katya es möglicherweise selbst inszeniert haben könnte. Sie und Roderick gemeinsam.

Aber sie hätte nicht ihr Leben riskiert. Es sei denn, ihr wäre nicht klar gewesen, daß sie es aufs Spiel setzte.

Ich griff zum Rand Daily Star, um zu sehen, was sie mit Rodericks Informationen angefangen hatten, und sah, daß er den Artikel selbst geschrieben hatte.»Vom Augenzeugen des Rand Daily Star, Roderick Hodge«, hieß es vorneweg. Gemessen an seiner gefühlsmäßigen Beteiligung dramatisierte er die Geschichte kaum, doch mehr als jeder andere war er es, der wie Conrad hervorhob, daß ich den Schlag bekommen haben würde, hätte Katya mir das Mikrofon nicht abgenommen.

Ich fragte mich, wie sehr Roderick sich das wünschte. Schon weil es eine bessere Story abgegeben hätte.

Mit einem schiefen Lächeln las ich zu Ende. Katya, berichtete er abschließend, sei über Nacht im Krankenhaus geblieben, ihr Zustand werde als zufriedenstellend bezeichnet.

Ich schob die Zeitungen beiseite, und während ich duschte und mich rasierte, zog ich ein doppeltes Fazit. Einmal, daß das, was ich getan hatte, nicht sonderlich bemerkenswert war und die Berichterstattung wirklich nicht verdiente, und zum anderen, daß es mir nach diesem Rummel noch schwerer fallen würde, Nerissa zu erklären, wieso ich ihr nur Mutmaßungen bringen konnte statt Beweise.

An der Rezeption fragte ich, ob sie mir ein Lunchpaket schnüren und mir für den Tag ein Pferd in irgendeinem vernünftigen Trekkinggelände mieten könnten. Selbstverständlich, hieß es. Sie schwangen ihre Zauberstäbe, und Mitte des Vormittags ritt ich 25 Meilen nördlich von Johannesburg auf einem pensionierten Rennpferd, das einmal bessere Tage gesehen hatte, bei strahlendem Sonnenschein eine Naturstraße entlang. Zufrieden atmete ich in tiefen Zügen den süßen Geruch Afrikas und empfand im Dahintrotten ein großartiges Gefühl von Freiheit. Die Leute, denen das Pferd gehörte, hatten sanft darauf bestanden, mir ihren Stallmeister mitzugeben, damit ich mich nicht verirrte, doch da er wenig Englisch sprach und ich kein Bantu, fand ich in ihm einen denkbar ruhigen Gefährten. George war klein, gut zu Pferd und hatte immer ein bananenbreites Lächeln auf Lager.

Wir kamen zu einer Kreuzung, an der ganz für sich allein eine Bude stand, beladen mit leuchtend orangen Früchten, vollgehängt mit Ananas, behütet von einem strahlenden Verkäufer.

«Naartjies«, sagte George und zeigte mit dem Finger.

Ich signalisierte ihm, daß ich nicht verstand. Manchmal kam einem die Schauspielerei schon zugute.

«Naartjies«, wiederholte George, stieg von seinem Pferd und führte es auf den Obststand zu. Da ich begriff, daß er etwas kaufen wollte, rief ich ihn und kramte einen 5-Rand-Schein hervor. George lächelte, verhandelte flugs und kam mit einem großen Beutel Naartjies, zwei reifen Ananas und dem größten Teil des Geldes zurück.

In ungezwungener, anspruchsloser Zweisamkeit ritten wir weiter, saßen irgendwo im Schatten ab, aßen jeder eine Ananas und kaltes Hähnchen vom Iguana Rock und tranken erfrischenden ungesüßten Apfelsaft aus Dosen, die man George mitgegeben hatte. Die Naartjies waren eine Art große, dicke Mandarinen mit grünen Flecken auf der Schale; sie schmeckten auch wie Mandarinen, nur besser.

George aß sein Mittagsbrot zehn Meter entfernt von mir. Ich winkte ihm, näher zu kommen, aber das wollte er nicht.

Am Nachmittag trabten und kanterten wir eine weite Strecke über struppiges, braungedörrtes Gras, und als wir schließlich im Schritt gingen, um die Pferde abzukühlen, stellte ich fest, daß wir uns aus der unserer anfänglichen Marschroute entgegengesetzten Richtung wieder dem Heimatstall näherten.

Sie verlangten zehn Rand Miete für das Pferd, obwohl der Tag, den ich erlebt hatte, mir tausend wert war, und ich gab George fünf Rand extra, auch wenn sein Arbeitgeber flüsterte, das sei zuviel. George reichte mir mit einem letzten blendenden Lächeln den Beutel Naartjies, und sie alle winkten mir freundlich zum Abschied. Wäre doch nur das ganze Leben so natürlich, so anspruchslos, so frei.

Fünf Meilen die Straße hinunter überlegte ich, daß ich mich dann zu Tode langweilen würde.

Conrad war vor mir im Iguana.

Er kam mir entgegen, als ich die Halle betrat, und musterte mich von Kopf bis Fuß — inklusive Staub, Schweiß und Naartjies.

«Mein lieber Junge, was haben Sie denn angestellt?«

«Ich war reiten.«

«Schade, daß ich meine Arriflex nicht dabeihabe«, rief er aus.

«Welch ein Bild — wie Sie da stehen im Zigeunerlook, mit dem Rücken zum Licht und diesen Apfelsinen —, das bringen wir in unserem nächsten gemeinsamen Film unter. So eine Einstellung darf man nicht vergeuden.«

«Sie sind früh dran«, bemerkte ich.

«Ob ich nun hier warte oder irgendwo anders.«

«Dann kommen Sie mit rauf, ich will mich umziehen.«

Er fuhr mit auf mein Zimmer und suchte sich mit unfehlbarem Instinkt den bequemsten Sessel aus.

«Essen Sie ein Naartjie«, sagte ich.

«Ein Martini wäre mir lieber, mein Junge.«

«Dann bestellen Sie sich einen.«

Sein Drink kam, während ich unter der Dusche stand. Ich trocknete mich ab, und als ich in der Unterhose zurück ins Zimmer kam, fand ich ihn außerdem mit einer churchill-kalibrigen Zigarre ausgestattet und in Rauch gehüllt, umweht von einem Duft nach Londoner Clubs und Geldadel. Er sah den Stoß Zeitungen durch, die noch geordnet auf dem Tisch lagen, schlug aber keine auf.

«Die hab’ ich alle gelesen«, sagte er.»Wie finden Sie es, zur Abwechslung mal ein echter Held zu sein?«

«Hören Sie auf zu spinnen. Was ist denn so heldenhaft an Erster Hilfe?«

Er grinste. Wechselte das Thema.

«Was in Dreiteufelsnamen hat Sie veranlaßt, hierher zu einer Premiere zu kommen, nachdem Sie sich all die Jahre geweigert haben, außerhalb der Leinwand Ihr Gesicht zu zeigen?«

«Ich bin hier, um mir ein paar Pferde anzusehen«, sagte ich und erzählte ihm von Nerissa.

«Ah ja, mein Junge, so leuchtet mir das eher ein. Und haben Sie rausgefunden, was da nicht stimmt?«

Ich zuckte die Achseln.»Eigentlich nicht. Wüßte auch nicht, wie. «Ich suchte ein frisches Hemd heraus und zog es an.»Morgen fahre ich zum Pferderennen nach Germiston und halte noch mal die Augen offen, aber ich bezweifle, ob man Greville Arknold etwas nachweisen kann. «Ich zog Socken und dunkelblaue Hosen an und ein Paar Slipper.»Was tun Sie und Evan überhaupt hier?«

«Einen Film drehen, was sonst?«

«Was für einen Film?«

«Irgendeine hanebüchene Geschichte über Elefanten, die sich Evan in den Kopf gesetzt hat. Die war schon geplant, bevor sie ihn verpflichtet haben, den Mann im Wagen fertigzudrehen, und da er so lange in Spanien herumgetändelt hat, sind wir mit Verspätung hier angekommen. Wir sollten längst im Krüger-Nationalpark sein.«

Ich kämmte mir die Haare.

«Wer spielt die Hauptrolle? «

«Drix Goddart.«

Ich warf Conrad über meine Schulter einen Blick zu. Er lächelte ironisch.»Wachs in Evans Händen, lieber Junge. Lechzt nach Regieanweisungen wie ein gut gestreicheltes Hundebaby.«

«Schön für euch.«»Der ist so neurotisch, wenn dem nicht alle fünf Minuten jemand sagt, er sei glänzend, meint er, alle hassen ihn.«