«Danke.«
Er lächelte.»Noch etwas Suppe?«
Evan blieb lange fort und wirkte, als er zurückkam, ernst und angespannt.
«Ich soll ihn später noch mal anrufen. Er war ziemlich verwirrt, als ich alles erzählt hatte. «Evan zog die Brauen hoch, erstaunt, daß jemand Zeit brauchte, um so ein paar unangenehme Tatsachen zu verdauen.»Er sagte, er wolle darüber nachdenken, was zu tun sei. Und — ach ja, ich soll Sie fragen, wie Sie jetzt darauf kommen, daß es Clifford Wenkins war, der Danilo geholfen hat.«
Ich sagte:»Clifford Wenkins hätte bestimmt geholfen — «
«Schreiben Sie es auf«, sagte Evan ungeduldig.»Sie hören sich an wie ein kehlkopfkranker Rabe.«
Ich schrieb: »Clifford Wenkins hätte zu Werbezwecken alles getan! So hat er zum Beispiel auch Aufnahmegeräte und Mikrofone vertauscht. Ich glaube nicht, daß er gedacht hat, dabei könnte jemand sterben — aber wenn ich bei einer Pressekonferenz einen Stromschlag kriegte, würde mein Name und der Zweck meines Besuches garantiert in die Zeitungen kommen. Ich glaube, Danilo hat ihm das alles in den Kopf gesetzt und ihm die stromführenden Geräte verschafft. Wenkins war entsetzt, als Katya einen so schweren Schlag bekam, und danach sah ich ihn mit sehr besorgtem Gesicht telefonieren. Ich dachte, er spreche mit Worldic, aber er könnte auch Danilo berichtet haben, daß der Werbetrick schiefgegangen war.«
«Von Worldics Standpunkt aus, lieber Junge, ist er mehr als gutgegangen«, bemerkte Conrad.
«Worldic hat Clifford Wenkins erbarmungslos genötigt, für Publicity zu sorgen; wenn Danilo ihm also vorgeschlagen hätte, sie sollten mich kidnappen und in mein Auto sperren wie in meinem neuen Film, dann wäre er wohl blöd genug gewesen, dem zuzustimmen.
Als ich drei Tage in dem Wagen gesessen hatte, glaubte ich nicht mehr, daß Wenkins der sein könnte, der Danilo zur Hand gegangen war, denn Wenkins hätte mich nicht so lange da sitzen lassen. Aber als Wenkins erst tot war, wußte niemand außer Danilo, wo ich geblieben war. Er brauchte mich nur dazulassen.
Nach der Entdeckung meiner Leiche würde man zu dem Schluß kommen, daß es sich um einen von Wenkins und mir selbst geplanten Werbetrick gehandelt hat, der schiefging, weil er ertrank und die notwendige Suchaktion nicht einleiten konnte.
Er und Danilo dürften mit Wenkins ’ Wagen in den Park gekommen sein, und so wird bei der Anmeldung am Num-bi-Tor belegt sein, daß er hier war.«
Evan, der, während ich schrieb, ungeduldig umhergetigert war, riß mir förmlich den Notizblock aus der Hand. Er las alles durch und gab Conrad den Block.
«Sind Sie sich darüber im klaren«, wollte er wissen,»daß Sie Danilo praktisch beschuldigen, er habe Clifford Wenkins umgebracht, damit man Sie nicht findet?«
Ich nickte.
«Ich glaube, das hat er getan«, krächzte ich.»Wegen einer Goldmine.«
Sie ließen mich mit Wasser und Suppe am Bett allein und gingen zum Abendessen in das Restaurant. Als sie zurückkamen, hatte Evan noch einmal mit van Horen telefoniert.
«Jetzt hat er etwas besser durchgeblickt«, meinte Evan herablassend.»Ich habe ihm vorgelesen, was Sie über Wenkins geschrieben haben, und er war der Ansicht, da könnten Sie recht haben. Er sagte, er sei bestürzt wegen Danilo, denn er habe ihn gemocht, aber er werde tun, was Sie verlangen. Er sagte, er will selbst herkommen. Er fliegt morgen in aller Frühe nach Skukusa. Die Polizei wird dann ordnungsgemäß informiert sein. Conrad und ich holen Sie und van Horen vom Flugplatz ab und machen weiter im Text, wenn es so aussieht, als ob Danilo angebissen hat.«
Wir wollten Danilo am nächsten Morgen anrufen. Selbst wenn er ebenfalls so schnell wie möglich herflog, würden alle auf dem Posten sein, bevor er ankam.
Die Nacht war das Paradies im Vergleich zu den vorhergehenden, aber immer noch weit entfernt vom Himmel. Am Morgen fühlte ich mich schon viel kräftiger: Die Krämpfe hatten aufgehört, und das Feuer in meiner Kehle hätte Celsius nicht mehr erschreckt. Ich schleppte mich ins Bad, krumm und gebeugt wie Adam, der greise Gärtner, aber ich schaffte es; und ich aß die Banane, die Conrad mir zum Frühstück brachte.
Evan telefoniere gerade mit Danilo, sagte Conrad, und später kam Evan dann mit einem zufriedenen Lächeln herein.
«Er war da«, sagte er.»Und ich würde behaupten, er hat es eindeutig geschluckt. Er hörte sich ziemlich besorgt an scharfe Stimme und so weiter. Er fragte, woher ich das mit dem goldenen Stift so genau wüßte. Ist das zu glauben? Ich sagte, den hätte Conrad Ihnen am Donnnerstag abend geborgt, und ich hätte gesehen, wie Sie ihn eingesteckt haben. Freitag früh seien Sie dann nach Johannesburg gefahren, ohne ihn zurückzugeben.«
Kapitel 17
Das Schwierigste, was ich je gemacht habe, war, mich wieder in diesen Wagen zu setzen.
Wir erreichten ihn um halb elf, und Evan und Conrad beeilten sich, verschiedene Gerätschaften zu montieren, darunter einen Summer, der mir signalisieren würde, wann Danilo anrückte.
Eine halbe Stunde später, als sie fertig waren, bahnte sich wieder ein knallheißer Tag an. Ich trank die ganze Flasche Wasser, die wir aus Satara mitgenommen hatten, und aß noch eine Banane.
Evan hüpfte auf der Stelle.»Los doch. Kommen Sie. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Wir müssen schnellstens nach Skukusa, van Horen abholen.«
Ich stieg aus dem Kombi, humpelte zu meinem Wagen hinüber, setzte mich auf den Fahrersitz und schnallte mich an.
Die fast überwundenen Schmerzen flammten sofort wieder auf.
Conrad nahte mit den Handschellen, und es schnürte mir die Kehle zu. Ich konnte ihn nicht ansehen, konnte Evan nicht ansehen… noch sonst etwas. Ich konnte es nicht; alle meine Nerven und Muskeln sträubten sich dagegen.
Es ging nicht.
Conrad, der mich beobachtete, sagte sachlich:»Sie müssen es ja nicht machen, Link. Es war Ihre eigene
Idee, lieber Junge. Er wird kommen, ob Sie hier sind oder nicht.«
«Versuchen Sie doch jetzt nicht, es ihm auszureden«, meinte Evan verärgert.»Wofür mühen wir uns denn hier die ganze Zeit ab? Und Link hat ja selbst darauf hingewiesen, daß sich kein schlüssiger Beweis ergibt, wenn Danilo kommt und er nicht im Wagen ist.«
Conrad zögerte noch immer. Meine Schuld.
«Machen Sie schon«, sagte Evan.
Ich schob meinen Arm durch das Lenkrad. Er zitterte.
Conrad ließ die Handschellen erst um das eine, dann um das andere Handgelenk schnappen, und ich erschauerte von Kopf bis Fuß.
«Junge, Junge…«:, sagte Conrad unsicher.
«Kommen Sie«, drängte Evan.
Ich sagte nichts. Ich dachte, jedes Wort würde mir zu einer flehenden Bitte geraten, daß sie mich nicht alleinlassen sollten. Aber alleinlassen mußten sie mich.
Evan schlug barsch die Wagentür zu und bedeutete Conrad, ihm zu dem Kombi zu folgen. Conrad blickte im Weggehen über die Schulter, um zu sehen, ob ich ihn rief.
Sie stiegen ein, wendeten und fuhren davon. Die Stille des zundertrockenen Parks senkte sich über mich.
Ich wünschte, ich hätte diesen Plan nie vorgeschlagen. Das Auto erschien mir heißer denn je, die Hitze noch unerträglicher. Innerhalb einer Stunde stellte sich trotz der Wassermengen, die ich am Morgen getrunken hatte, heftiger Durst ein.
In meinen Beinen zuckten wieder Krämpfe auf. Mein Rückgrat protestierte. Meine Schultern waren verspannt.
Ich verfluchte mich.
Wenn er nun den ganzen Tag braucht? dachte ich. Wenn er nicht geflogen, sondern gefahren ist? Um acht hat Evan ihn angerufen. Mindestens fünf Stunden Fahrt bis Numbi, dann noch mal anderthalb bis zu mir… Möglicherweise kam er erst um drei oder vier, und das würde fünf Stunden im Wagen bedeuten.
Ich steckte meine Hände in die Hemdsärmel und nahm den Kopf aus der Sonne.
Da war kein Wasserdampf, keine Plastiktüte, die meinen Geist beschäftigt hätten. Die krakelig beschriebenen Blätter lagen auf meinen Knien, und der Clip von Conrads goldenem Bleistift, passend zu seinem Kuli, hielt sie zusammen. Es gab kein Pendeln mehr von Hoffnung zu Verzweiflung und wieder zurück, und das war sicher eine wohltuende Erleichterung, doch wurde die Zeit dadurch unerwartet lang.