— Kappnaht, sagte ich, eine tolle Erfindung, muß nicht gesäumt werden — ein so fortgeschrittener Schneider bin ich aber noch nicht.
Selbstverständlich fuhr ich mit dem Finger hauptsächlich an der vertikalen, also an der brisanteren Naht lang und malte mir Danas Schamlippen aus, ohne überhaupt zu wissen, was die Schamlippen einer erwachsenen Frau aus nächster Nähe alles zu offenbaren haben. Leider schrie uns der Wirt, den Danas oberhalb der Tischkante sichtbares Knie störte, plötzlich an:
— Runter mit dem Dreckfuß da!
Die Sitten wurden nach der 68er Okkupation immer rauher. Dana nahm ihren Fuß herunter, wehrte sich nicht gegen den Ton, mich machte der machtbewußte Fettklops hinter dem Tresen sowieso zu einem Kaninchen. Kneipiers gehörten im Sozialismus zu einer reichen und schwer angreifbaren Kaste. Alle Kneipen gehörten zwar theoretisch dem Volk, also uns allen, waren wie Gaswerke, Möbelkombinate oder Kurzwarengeschäfte Volkseigentum, in vorderster Front konnten aber ausgerechnet Kneipiers oder Fleischer am Staat am besten vorbeiwirtschaften, und sie benahmen sich dementsprechend wie Privatunternehmer. Und da sie ihre Gewinne nicht zur Sparkasse bringen durften, horteten sie ihre Hundertkronenbündel zu Hause in Koffern. Wir bezahlten an der Theke und gingen nach Hause. Dort blieben wir eine Weile im Treppenhaus stecken, wortlos und unbeholfen wie zwei Jugendliche, es war noch hell. Ich drückte Dana irgendwann gegen die stark abfärbende Hausflurwand — und weil ihre Jeans einen leichtgängigen Reißverschluß hatte, konnte ich ihr problemlos zwischen die Beine fassen — mit dem über uns schwebenden Risiko, daß jemand seine Wohnungstür oder unten die Haustür plötzlich aufreißen würde. Durch die Verkettung glücklicher Umstände gelang mir überraschend sogar ein Nacktangriff auf ihren Schamhügel, da Dana ein Höschen mit einem vollkommen erschlafften Gummizug anhatte. Ihr nachfolgender Gesichtsausdruck war herrlich — voller Staunen und Unglauben über so viel Mut. Da sie trotzdem geduldig und passiv blieb, wurde mir klar, daß ich mit ihr noch viel mehr würde anstellen dürfen. In aller Unwissenheit und Unschuld, versteht sich.
Wenn Dana von vornherein eine grundlegende Frauenweisheit meiner Mutter befolgt hätte, wäre es zu diesem frühzeitigen Ausflug in ihr Buschgelände nie gekommen. Meine Mutter meinte einmal, eine Frau müsse immer einwandfreie Höschen tragen, da sie nie wissen könne, wann sie sich würde ausziehen müssen. Als ich es auf Danas Schamberg voller ungeahnt langer und gekräuselter Haare nicht mehr aushalten konnte und mich zu ihrem Lippenpaar vorarbeitete, wühlte ich weiter in den Informationsbrocken, mit denen mich meine Mutter für das spätere Geschlechtsleben vorbereiten wollte. An sich fand ich Mutters kurze Schulungen, diese regelmäßige Streuung von Pikanterien eher abstoßend — auch wenn sie für Gespräche auf dem Schulhof durchaus nützlich waren. Daß sich die fraulichen Innenräume so feucht anfühlen, regelrecht vollgesabbert sind, war für mich bei diesem Vorstoß auf der Treppe allerdings ein kleiner Schock. Darüber hatte mir meine Mutter nie etwas verraten. Seit dem Vorfall mit dem schlaffen Gummiband war Danas Unterwäsche tadellos — eine Zeitlang jedenfalls.
Was die Annäherung unserer — meiner und Danas — Gesichter, Lippen und Zungen betrifft, klappte es nie wirklich zwischen uns. Sie ließ sich von mir ohne jegliche Abwehrmanöver zwar küssen, ihr stummer Mund blieb aber auch mimisch stumm. Wie schon angedeutet: Unsere horizontal-zwischenseelische Beziehung war von Anfang an eine wortlose; und sie blieb es auch. Wir waren beide — dumpf benebelt wie wir waren — nicht in der Lage, die Masse an Verstrickung, die wir uns und den anderen eingehandelt hatten, beim Namen zu nennen. Im Grunde versuchten wir, unsere Verbindung wie eine nicht existente zu behandeln. Nach so viel Schweigen gab es für unser Getue irgendwann keine passenden Worte mehr.
Unsere Stummheit brachte uns aber auch etwas Positives — unser Miteinander war voll ungeklärter Ausdauer. Worte lenken ab, nüchtern aus. Ich hatte zum Glück genügend Vorwände, Dana zu besuchen — wegen ihrer Tiere, wegen dem kleinen Rest eines nahe gelegenen Teiches, der anfangs noch nicht voller Schlamm war und in dessen brauner Brühe (»wie im Ganges«, meinte ein mit Dana befreundeter Indologe) man noch baden konnte. Aber auch wegen meines legitimen Bedürfnisses, mich auf meinem Rennrad körperlich abzureagieren. Zu meinem Vater fuhr ich an den Wochenenden inzwischen nicht mehr. Meine Touren wurden immer länger und endeten oft in Danas Haus. Dort konnte ich nebenbei meine unerträglich gewordene Hauptstadt kurz vergessen. Auf gefährliche Liebesspiele in der Prager Wohnung ließen wir uns nur in Ausnahmefällen ein.
Ich möchte die Geschichte meiner und Danas anfänglichen Ineinandernäherung zu Ende erzählen — jedenfalls noch etwas über den Verlauf unserer erstinstanzlichen Qualen loswerden. Die einzelnen Begegnungsschübe waren zu meinem Leidwesen jedesmal endlos, und das ganze Prozedere zog sich im Grunde über Wochen hin. Trotzdem empfand ich alle diese Vortriebsphasen als eine Einheit. Da sich mir Dana wochenlang nicht öffnen wollte und ich wiederholt stundenlang nur fruchtlos auf ihr herumlag, entschloß ich mich eines Tages, mit meinem Kopf nach unten zu tauchen. Ich küßte und leckte sie vorsichtig, trotzdem aber ausgiebig — und hatte dabei die berechtigte Hoffnung, sie würde ihren passiven Widerstand irgendwann aufgeben. Nachdem icheinmal wieder auf ihre Kopfhöhe gekommen war, versuchte ich es unten erneut — mit der Aussicht, die Befeuchtung würde mir beim Vorwärtskommen helfen. Gegen Danas totale Unentschlossenheit war ich aber machtlos. In einer besonders langen Nacht — meine Bemühungen hatten sich über Stunden hingezogen — gönnten Dana und ich uns eine kleine Pause. Wir hatten beide Hunger bekommen. Dana brachte aus der Küche etwas trockenes Brot und einen freigiebigen Salzstreuer. Nach der Trockenbrotmahlzeit schmeckten Danas Lippen eine Weile furchtbar salzig.
die storche und der reiher kamen im winter ins haus
Dana wäre liebend gern ein Teil unserer Familie geworden, und sie war so gut wie ein Teil unserer Familie, obwohl sie dummerweise keine Jüdin war. Nebenbei gesagt war mein Vater auch keiner. Bei Danas Gehemmtheit grenzte es schon an ein Wunder, daß uns später auch kompliziertere Griffe und Verrenkungen gelungen waren, daß wir miteinander hinter dem Scheidenrand so glatt zurandekamen. Ihre Sexualität konnte sie mit ihren viel zu kleinen oder viel zu scheuen Tieren nicht teilen, mit meinem Onkel ONKEL auch nicht. Ich war der Stellvertreter unserer Sippe, der einzige Mann, der zu haben war. Dana hätte mich gern in Eigeninitiative erobert, verriet sie mir später, wenn ihr dieser Zugriff nicht als Inzest vorgekommen wäre. Sie hätte mich gern sogar noch viel früher verführt, wenn sie zu solchen Aktivitäten ausreichende Begabung gehabt hätte. Sie habe mich schon zu Zeiten begehrt, als ich angefangen hatte, mich zu rasieren. Diese Beichte kam einmal kaum hörbar aus ihr heraus. Es war vollkommen ungewohnt, sie so etwas sagen zu hören.
Vorübergehend fügte sich alles sauber ineinander, wir wurden mit der Zeit so etwas wie ein ideales Paar: Mein Herz samt seiner mit ihm direkt verbundenen Samenblase war riesig, meine Begeisterungsfähigkeit für alles Weibliche unerschöpflich, und die vielen in der Goldenen Stadt zappelnden Jungfrauen waren alles andere als beinoffen. Trotz ihres Alters war Dana keine zweite Wahl für mich. Sie entsprach äußerlich dem, was ich begehrte — sie war leicht eckig gebaut, mädchenhaft fest anzufassen, dank des Landlebens und der körperlichen Arbeit zu einer Art Jungtiermutiert. Dabei war sie nicht wirklich hübsch. Dessen war ich mir zwar bewußt, ich empfand es aber anders. In meinen Augen war sie wunderschön. Sie war so leicht, daß ich mit ihr luftig, mitten im Zimmer ticken konnte. Außerdem entsprach Danas schlampig-rebellisches Äußeres meinen postpubertären Idealvorstellungen, sie mußte weit und breit keine Konkurrenz fürchten. In ihren Ansichten war sie sowieso jung geblieben. Außerdem begegneten wir uns in unserer Unerfahrenheit: wie zwei Jugendliche, wie ein Brüderchen mit einer etwas älteren Schwester bei einem durch Sommerhitze losgelösten Sündenfall.