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Schließlich aber ist der Dienst_vertrag auch noch ein Dienst_vertrag, d. h. er setzt die Kontrahenten in ein Rechtsverhältnis zueinander nicht nur in denjenigen besonderen Beziehungen, die der Vertragsgegenstand mit sich bringt, sondern auch noch in den andern allgemeinen Beziehungen, die jeder Vertrag, als Vertrag, zwischen den Vertragschließenden einführt. Also gibt es nun noch einen 7. Punkt, Pflichten betreffend, die zwischen allen solchen bestehen, zwischen welchen Vertrag überhaupt besteht, welche also nicht lediglich unter allgemeiner Bürger-und Menschenpflicht miteinander verbunden sind.

Für die Umgrenzung der auf diesen Punkt bezüglichen -naturgemäß nicht im einzelnen benennbaren -Pflichten finde ich aber zwei Merkmale ganz unentbehrlich, nämlich:

erstens, daß auch sie, um »durch den Dienstvertrag begründet« zu sein, jedenfalls eine erkennbare Beziehung haben müssen auf den Gegenstand des ersteren, also auf die vertragsmäßige Arbeitsleistung -was durch die Unterordnung auch des 7. Punktes unter den Vordersatz des Paragraphen gedeckt ist;

zweitens, daß sie völliger Gegenseitigkeit unter den Kontrahenten fähig sein müssen, hinsichtlich aller Handlungen und Unterlassungen, auf welche sie Anwendung finden sollen -damit durch ihre Einführung nicht beliebigem Beipack zu Lasten des einen Teils wieder Tür und Tor geöffnet sei. Denn die Übernahme von Pflichten dieser Art seitens des einen Kontrahenten kann kein Äquivalent mehr finden in der vertragsmäßigen Gegenleistung des andern an Lohn, Gehalt, Gerechtsamen etc., weil es unsinnig wäre, irgend eine Quote dessen auf Verpflichtungen anrechnen zu wollen, die das Vertragsverhältnis als solches mit sich bringt. Folglich muß, wenn sie dem einen Teil nicht ohne alles Äquivalent, bloß kraft »denn ich bin groß und du bist klein« obliegen sollen, der andere Teil oder dessen jeweiliger Repräsentant und Vertreter befähigt und bereit sein, je die gleiche Verpflichtung auch dem ersteren gegenüber zu tragen. So ist es in der Tat hinsichtlich desjenigen, was zweifellos unter diesen 7. Punkt fällt -wie z. B.: daß kein Teil dem andern böswillig oder fahrlässig die redliche Vertragserfüllung erschweren dürfe -daß jeder Teil gehalten ist, den andern vor unnötigem Schaden bei der Vertragserfüllung zu bewahren -u. a. mehr.

Mancher wird geneigt sein, in diesen Rücksichten »aus Treu und Glauben«, die auch der industrielle Arbeitsvertrag nicht ausschließt, noch einen erfreulichen Rest der sittlichen Beziehungen zu finden, welche das alte Arbeitsverhältnis im Handwerk zwischen Meister und Gesellen auch jetzt noch herstellt, soweit es auch jetzt noch Eintritt in die Hausgenossenschaft und anderes persönliches Nahetreten beider Teile wesentlich einschließt. Jenes träfe hier aber höchstens nur in ganz uneigentlichem Sinne zu. In Wahrheit begründet der industrielle Dienstvertrag keinerlei sittliche Beziehungen zwischen den Kontrahenten als solchen. Denn sittliche Beziehungen können nur bestehen zwischen leibhaftigen Menschen und können Betätigung nur finden im persönlichen Verkehr zwischen solchen. Zum Wesen des industriellen Dienstvertrages aber gehört, daß es für ihn ganz gleichgültig und zu einem zufälligen, nebensächlichen Umstand geworden ist, ob in ihm beide Kontrahenten physische Personen sind oder der eine von ihnen ein bloßer juristischer Begriff -Firma, Aktiengesellschaft oder dergl. Zwischen einer physischen Person und einer juristischen Person, zwischen einem Menschen und einem Vermögens-Inbegriff, gibt es kein sittliches Verhältnis. Hieran wird nichts geändert durch den Umstand, daß infolge des Dienstvertrages der Unternehmer selbst, falls er physische Person ist, oder seine Vertreter und Beauftragten, zu den Arbeitnehmern -wie auch die letzteren untereinander -in persönlichen Verkehr, also in Beziehungen eintreten, welche die Quelle sittlicher Beziehungen werden können. Diese aber bestehen dann nicht kraft des Dienstvertrags; denn sie sind keineswegs mit diesem von selbst schon gegeben, sondern sie entwickeln sich nur möglicherweise aus den die Vertragserfüllung begleitenden tatsächlichen Umständen -möglicherweise aber auch nicht, weil oft genug in der Großindustrie mehrere jahrelang in täglichem Verkehr miteinander stehen können, ohne dadurch irgendwie menschlich einander näher zu kommen. -Wer jedes die Tätigkeit von Menschen regelnde Rechtsverhältnis an sich zur Quelle sittlicher Beziehungen gemacht wissen will, muß zuerst die Gesetzgebung dahin zu bringen suchen, daß sie juristischen Personen verbiete, Arbeitsverträge einzugehen.

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Die ausdrückliche Beschränkung der durch den 5. und 6. Punkt berührten Pflichtbeziehungen auf das Tun »innerhalb des Dienstes« bezw. auf dasjenige, was »vermöge des Dienstverhältnisses« zugänglich ist, und die Ablehnung jeder Ausdehnung der betreffenden Pflichten auf das außerdienstliche Gebiet ergibt sich als unabweisbare Forderung aus dem im Eingang des § 57 ausgesprochenen allgemeinen Grundsatz kraft der folgenden zwei Sätze -welche schwerlich irgend ein Jurist wird bestreiten oder auch nur einschränken wollen:

Erstens. Wenn A zu B in einem Vertragsverhältnis irgend welcher Art steht und B seine vertragsmäßigen Pflichten gegen A vollständig erfüllt, während der Dauer des Vertrags aber eine Rechtsverletzung irgend welcher Art gegen einen Dritten C sich zu Schulden kommen läßt, die in keiner Beziehung steht zu seinem Vertrag mit A, so begründet diese, wie schwer sie auch sei, niemals eine Vertragsverletzung gegen A -sondern A kann nur, wenn ihm dieses Delikt gegen einen Dritten nicht gleichgültig sein darf, daraus Motive entnehmen zur Nichterneuerung seines ablaufenden oder Nichtfortsetzung seines kündbaren Vertrags mit B und äußersten Falls, unter besonderen Umständen, »wichtige Gründe« für die Aufhebung des noch laufenden Vertrags.

Zweitens. Wenn A gleichartige Verträge abschließt mit vielen andern B, C, D ..., unabhängig voneinander, also ohne daß der eine wegen des Vertrags mit dem andern befragt wird oder sonst dabei irgendwie mitzuwirken hat, so begründet dieses niemals irgend ein Rechts_verhältnis zwischen B, C ..., also auch keinerlei Pflicht_verhältnis zwischen ihnen, und zwar auch dann nicht, wenn die Natur dieser Verträge es mit sich bringt, daß B, C ..., damit jeder von ihnen seinen Vertrag mit A erfüllen könne, zu einander in irgend welche tatsächliche Beziehungen treten müssen -sondern jenes begründet im letztern Fall nur eine Pflicht der B, C ... gegen den gemeinsamen Kontrahenten A, auf die tatsächlichen Beziehungen die zur Vertragserfüllung nötigen tatsächlichen Rücksichten zu nehmen. Denn irgend welches Rechts_verhältnis zwischen zwei oder mehreren Personen, welches diese zueinander in Pflichtbeziehungen setzt, außerhalb der allgemeinen Menschen-und Bürgerpflichten, kann nur dadurch zustande kommen, daß diese Personen selbst miteinander nach eigener Entschließung kontrahieren. Annehmen zu wollen, daß ein Dritter, ohne ihr Zutun, sogar ohne ihr Vorwissen, über ihren Kopf hinweg in irgend einer Form solches bewirken könne, sei es auch nur im Sinne einer mittelbaren Bindung, wäre Sanktionieren juristischer Sklaverei.