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Das sind die Erwägungen, auf welche hin ich den vorher schon formulierten Anspruch an die Gesetzgebung für ein geeignetes soziales Programm der Freisinnigen Volkspartei halte. Es bedarf aber kaum noch eines Wortes, um erkennbar zu machen, daß eine solche Forderung in innerem Zusammenhang mit dem politischen Programm der Partei steht, also keineswegs Angelegenheiten zum Gegenstand hat, die ebensogut von andern Parteien, oder außerhalb aller politischen Parteien, verfolgt werden könnten. Denn Kern und Mittelpunkt jener Programmforderung ist der Gedanke: unseren ganzen Arbeiterstand, unbeschadet der unvermeidlichen Unselbständigkeit der einzelnen in ihrer persönlichen Arbeit, auf das bürgerliche Niveau des alten selbständigen Handwerks zu erheben, welches zurzeit nur seine obersten Schichten, in den bestsituierten Industrien, erreichen -und so auch unter den veränderten Wirtschaftsverhältnissen den Träger der physischen Arbeitskraft des Volkes als dessen gesunden, festen Stamm zu erhalten. Dieses Ziel kann aber ohne allerlei Wenn und Aber keine andere Partei sich aneignen als eine solche, deren politisches Ideal ist: ein freies, selbstbewußtes Bürgertum, das in allen seinen Schichten wirklichen Anteil hat an den Gütern der Kultur. Alles, was in der Scheidung der politischen Parteien auf der konservativen Seite steht, ist als Partei unfähig, solche Aufgabe sich zu stellen. Denn dort braucht man als Träger des Staatswesens hauptsächlich »Autorität«. Diese aber ist um so mehr und um so konzentrierter vorhanden, je kleinere Gruppen herrschen, je größere unselbständig und abhängig bleiben. Für große und einflußreiche Kreise des konservativen Lagers ist deshalb, nachdem die Hörigkeit nicht mehr zu haben, nunmehr eine »Gesindeordnung« das Ideal für die Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen den Selbständigen und den wirtschaftlich Unselbständigen.

Also würde die Freisinnige Volkspartei mit der Annahme des vorgeschlagenen Programmpunktes, vermöge seiner innern Beziehung zu den Grundlagen bürgerlicher Freiheit, auch noch ein kräftigeres Rückgrat für ihre politischen Bestrebungen gewinnen.

Anhang.

Den beiden Vorträgen über »Steuersystem« und »Arbeiterschutz«, die E. ABBE auf Grund einer stenographischen Nachschrift nachträglich selbst für den Druck ausgearbeitet und auch als Broschüre (Jena, Bernh. Vopelius 1894. Vergriffen.) veröffentlicht hat, folgte noch ein drittes Referat über »Volksbildung«. Bei diesem verhinderte er eine Nachschrift als überflüssig, weil er sich besonders sorgfältig vorbereitet hatte und daher des Wortlautes für eine spätere Drucklegung durchaus sicher glaubte. Zu einer solchen ist er aber aus verschiedenen Gründen nicht gekommen und damit ist eine eingehende Kenntnis seiner Ideen über diese wichtige Frage unmöglich gemacht.

Als Ersatz werden deshalb hier die Stellen aus E. ABBEs »Entwurf zu einem Statut der Carl Zeiss-Stiftung« und den »Motiven und Erläuterungen zum Entwurf eines Statuts der Carl Zeiss-Stiftung« wiedergegeben, die seine Ansicht über Volksbildung in gedrängter Form zum Ausdruck bringen. Die Wiedergabe dieser Abschnitte scheint auch deshalb angezeigt, weil das am Schlusse des vorliegenden Bandes in seiner endgültigen Fassung abgedruckte Statut über diesen Gegenstand nichts enthält; denn ABBE hat sich den Bedenken angeschlossen, welche von seinen Freunden gegen die praktische Ausführbarkeit seiner dahingehenden Absicht erhoben waren und auf Verwirklichung seines Planes durch die Organe der Carl Zeiss-Stiftung verzichtet.

Hierzu mag noch bemerkt werden, daß nach ABBEs Hinscheiden der von ihm gehegte Plan von jüngeren Freunden ohne Kenntnis dieser Vorgänge als gewiß in seinem Sinne liegend aufgenommen und die Verwirklichung durch eine von ihnen begründete, aus freiwilligen Beiträgen seiner Freunde und Verehrer zu dotierende »Ernst Abbe-Stiftung« angebahnt wurde.

Der Herausgeber.

Aus »Entwurf zu einem Statut der Carl Zeiss-Stiftung (als Manuskript gedruckt, d. d. Lugano, Mai 1895)«:

§ 80.

Eine Verwendung von Stiftungsmitteln zum Vorteil einzelner bestimmter Personen soll unter dem Titel des zweiten Absatzes sub B in § 1 gänzlich ausgeschlossen sein, außer für den einen Fall, daß es geschieht, um Söhnen des Arbeiterstandes die Wege zu höherer Ausbildung zu eröffnen - aber abseits von jeglicher Wohltätigkeitsidee, allein unter dem Gesichtspunkt: Talent und geistige Kraft in den unteren Volksschichten, welche mangels der Möglichkeit genügender Ausbildung dem Dienst der größeren Aufgaben im wirtschaftlichen und öffentlichen Leben der Nation fortgesetzt verloren gehen, zum Vorteil des Gemeinwohls für diesen Dienst quasi zu rekrutieren und damit zugleich den oberen Volkskreisen, der Leitung der wirtschaftlichen und öffentlichen Angelegenheiten, solche Elemente zuzuführen, die noch vermöge der eigenen Lebenserfahrung mit den arbeitenden Klassen Fühlung haben und die kastenartige Scheidung der Berufsstände in ihren Personen durchbrechen können.

Für den Fall, daß die Carl Zeiss-Stiftung später reichlichere Mittel zur Verwendung nach außen verfügbar erhielte, soll der Stiftungsverwaltung besonders empfohlen sein, auch solcher Aufgabe nach dem Sinne des Stifters sich anzunehmen.

§ 81.

Die Stiftung möge alsdann junge Leute, die auf irgend einer Stufe des unteren oder des mittleren Schulwesens nicht sowohl als sogenannte gute Schüler sich auszeichnen, als vielmehr, vielleicht ohne das zu sein, deutliche Anzeichen besonderer geistiger Kraft oder ungewöhnlichen Talents erkennen lassen, zu höherer Ausbildung heranzuziehen suchen. Sie wolle zunächst den Angehörigen solcher ausreichende Mittel anbieten, um ohne Opfer ihrerseits die Betreffenden auf einer geeigneten Schule erhalten zu können -möglichst lange im Kreise der eigenen Familie und jedenfalls unter Ausschluß von Pensionatserziehung irgend einer Art; und sie wolle dieselben nachher als »Stipendiaten der Carl Zeiss-Stiftung«, unter Gewährung einer nicht ärmlichen Sustentation und mit Belassung vollster Freiheit der Berufswahl ohne Gegenverpflichtungen, bis zum Abschluß einer ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Ausbildung auf gelehrte oder technische Hochschulen oder sonstige höhere Lehranstalten entsenden.

Für die Auswahl solcher Stipendiaten soll nicht nur keinerlei territoriale Beschränkung bestehen, sondern im Gegenteil tunlichst weites Gebiet der Auslese besonders anzustreben sein. Es dürfen jedoch ausschließlich solche gewählt werden, deren Väter mit ihrer Hände Arbeit ihr Brot zu verdienen hatten -als industrielle Arbeiter, Kleinbauern, Kleinhandwerker oder dergl.

Aus »Motive und Erläuterungen zum Entwurf eines Statuts der Carl Zeiss-Stiftung (als Manuskript gedruckt)«:

Zu §§ 80, 81.

Zur Erläuterung der in diesen Paragraphen angegebenen Richtschnur für etwaige Verwendung von Stiftungsmitteln zugunsten einzelner Personen bemerke ich folgendes: