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Ich muss helfen, verstehst du das nicht?“

„Vergiss es.“ Er machte Anstalten, sich von ihr zu entfernen.

„Warum? Weil ich eine Frau bin?“

In einer Bewegung, die so schnell war, dass ihr der Atem stockte, fuhr Tegan zu ihr herum und nagelte sie mit wütenden Raubtieraugen fest. „Weil es Schmerz ist, der dich antreibt, und das ist eine Schwäche, die tödlich sein kann. Du bist zu nah dran. Schwimmst zu sehr in deinem Selbstmitleid, um jemandem von Nutzen sein zu können.“

Seine Augen sprühten Feuer - und dann erlosch es plötzlich, so schnell, wie es gekommen war. Elise schluckte schwer, als sie seine schneidenden Worte in sich aufnahm. Seine Einschätzung tat weh, aber er hatte recht. Sie blinzelte langsam und schließlich nickte sie zustimmend.

„In den Dunklen Häfen bist du am besten aufgehoben, Elise.

Hier und in deinem jetzigen Zustand bist du nur eine Belastung - besonders für dich selbst. Ich sage das nicht, um grausam zu sein.“

„Nein, natürlich nicht“, stimmte sie ihm leise zu. „Grausamkeit würde ja implizieren, dass du Gefühle hast, nicht?“

Mehr sagte sie nicht. Sie sah ihn nicht einmal an, als sie ihren Teller von der Theke nahm und zur Spüle brachte.

„Was soll das heißen, es ist weg?“ Der Anführer der Rogues beugte sich in seinem Ledersessel vor, rammte die Ellenbogen auf die Platte seines riesigen Mahagonischreibtischs und legte die Fingerspitzen zusammen, während er der nervösen Stimme eines Lakaien lauschte, die aus der Freisprechanlage drang.

„Der Anruf ging gestern Abend bei der Feuerwehr ein, mein Gebieter. Es gab eine Explosion. Das ganze verdammte Lagerhaus, ist in die Luft geflogen wie eine Kiste Chinaböller. Den Typen zufolge, die den Anruf entgegennahmen, war nichts mehr zu machen. Ersten Berichten zufolge muss es eine undichte Gasleitung gewesen sein …“

Mit einem wütenden Aufknurren schnitt Marek den nutzlosen Bericht seines menschlichen Untergebenen ab und beendete das Gespräch mit einem Knopfdruck.

Nie im Leben war die Zerstörung des Crimson-Labors ein Werk des Zufalls oder gar undichten Leitungen zu verdanken.

Diese äußerst ärgerlichen Neuigkeiten sahen eindeutig nach einem Werk des Ordens aus. Das Einzige, was ihn überraschte, war, dass sein Bruder Lucan und die Krieger, die an seiner Seite kämpften, so lange dafür gebraucht hatten, um sein Labor anzugreifen. Aber schließlich hielt Marek sie ja schon seit letztem Sommer in Atem, indem er ihnen scharenweise Rogues in die Straßen schickte, mit denen sie sich herumschlagen mussten.

Und genau darauf sollte der Orden seine Aktivitäten auch weiterhin beschränken.

Man musste die Krieger mit einer Hand in Atem halten, damit man die andere frei hatte, um unbemerkt und ungestört seinen eigentlichen Plan durchführen zu können.

Das war der Grund, warum er nach Boston gekommen war.

Der Grund, warum gerade diese Stadt sich derzeit mit einem wachsenden Rogueproblem konfrontiert sah. All das war ein Teil seines Plans, Chaos zu stiften, während er ein größeres Ziel verfolgte. Wenn es ihm dabei gelang, die Krieger auszuschalten, umso besser, aber sie abzulenken war ebenso gut. Wenn er erst einmal sein wahres Ziel erreicht hatte, würde selbst der Orden ihm gegenüber machtlos sein.

So sehr ihn der Verlust seines Crimson-Labors auch erboste, machte ihm die Tatsache, dass sich ein anderer seiner Lakaien nicht wie befohlen zurückgemeldet hatte, momentan mehr Sorgen. Marek erwartete Informationen - Informationen von extremer Wichtigkeit, und sein Geduldsfaden war auch im besten Fall schon dünn genug.

Es ging nicht an, dass sich sein Lakai verspätete. Der Mann, den er für diese spezielle Aufgabe auserwählt hatte, war aggressiv und arrogant, aber auch extrem zuverlässig. Alle Lakaien waren das. Ausgesaugt, bis ihnen nur noch ein kleiner Bodensatz an Lebenskraft blieb, unterlagen die mental hörigen Sklaven vollkommen der Kontrolle des Vampirs, der sie gemacht hatte. Nur die mächtigsten Angehörigen seiner Spezies konnten Lakaien erschaffen, und die Gesetze des Stammes hatten diese Praxis schon seit Langem als barbarisch verboten.

Für diese Selbstbeschränkung seiner Spezies, die für Marek einer freiwilligen Kastration gleichkam, hatte er nur Verachtung übrig.

Das war nur ein weiteres Argument dafür, dass im Vampirreich weitreichende Veränderungen fällig waren. Was seine Stammesbrüder brauchten, war eine starke Führung, um ein neues Zeitalter einzuläuten.

Und dieses neue Zeitalter würde ihm gehören.

7

Er hatte sie verstimmt, wahrscheinlich verletzt, und obwohl ihm fast den ganzen Tag über eine Entschuldigung auf der Zunge lag, hielt Tegan sie zurück. Schließlich musste er sich für gar nichts entschuldigen. Er war dieser Frau nichts schuldig, und am allerwenigsten Erklärungen, warum er sich aufführte wie der herzlose Bastard, als der er allgemein bekannt war.

An ihre Bitte, ihr dabei zu helfen, ihre übersinnliche Gabe in den Griff zu bekommen, würde er keine Sekunde verschwenden.

Sie hatte ihn überrascht mit dieser Idee. Die Vorstellung, dass eine Frau, und dazu noch eine behütete Witwe aus den Dunklen Häfen wie Elise, auch nur daran denken konnte, sich ihm anzuvertrauen, aus welchem Grund auch immer, ging über seinen Horizont. Als ob er einer wäre, dem man bei so etwas trauen konnte.

Klar. Kam überhaupt nicht in Frage.

Elise machte es ihm leicht, dem Thema auszuweichen. In den Stunden, seit er sie mit ihrer Bitte hatte auflaufen lassen, hatte sie kein Wort mehr gesagt. Sie machte sich in der Wohnung zu schaffen, machte das Bett, spülte das Frühstücksgeschirr, staubte das Regal ab, trainierte dann dreißig Minuten auf dem Stepper und hielt sich generell so weit von ihm entfernt, wie das bei den beengten Verhältnissen in ihrer Wohnung möglich war.

Vor einer Weile hatte er ihr beim Duschen zugehört und sich dabei auf seinem Platz am Boden ein kurzes Nickerchen gegönnt, aber nun war die Dusche wieder aus und er wach, und er hörte Elise dabei zu, wie sie sich hinter der geschlossenen Tür anzog. Sie kam in Jeans und einem Kapuzenshirt mit dem Schriftzug der Harvard-Universität heraus, das ihr fast bis zu den Knien reichte. Ihr kurzes, blondes Haar hatte sie mit dem Handtuch trocken gerubbelt und es glänzte wie Gold, was das blasse Violett ihrer Augen gut zur Geltung brachte.

Augen, die ihn kühl musterten. Dann ging sie zum Flurschrank und zog eine weiße Daunenweste von einem Kleiderbügel. Sie beugte sich in den Schrank und zog ein Paar braune Wildlederstiefel hervor.

„Was machst du?“, fragte Tegan, als sie sich wortlos ausgehfertig machte.

„Ich muss raus.“ Sie schloss die Schranktür und zog den Reißverschluss der dicken Weste zu. „Wie du vielleicht bemerkt hast, ist mein Kühlschrank praktisch leer. Ich habe Hunger. Ich muss etwas essen, und dazu muss ich ein paar Sachen einkaufen.“

Tegan stand auf, er war sich bewusst, dass er ein finsteres Gesicht machte. „Die Trance wird nicht halten, wenn du rausgehst.“

„Dann muss ich es wohl ohne sie schaffen.“

Ungerührt ging Elise zum Küchenblock hinüber und nahm sich den MP3-Player, der dort lag. Sie steckte das schmale schwarze Gehäuse in die vordere Tasche ihrer Jeans, zog die Kopfhörer unter ihrem Sweatshirt durch und ließ sie durch den Ausschnitt vor ihrer Brust baumeln. Den Dolch, der seit ihrer Lakaienjagd gestern Abend auf der Küchenablage lag, ließ sie liegen, und Tegan konnte auch keine anderen Waffen an ihr entdecken.

Sie sah ihn nicht an, als sie die Kapuze ihres Sweatshirts über den Kopf zog. „Ich weiß nicht, wie lange ich weg bin. Wenn du gehst, bevor ich zurück bin, würde ich es zu schätzen wissen, wenn du abschließen könntest. Meine Schlüssel habe ich.“

Verdammt. Sie mochte hungrig sein, wie sie sagte, aber ihrer geraden, entschlossenen Haltung war anzusehen, dass sie etwas im Schilde führte.

„Elise“, sagte er und trat näher an sie heran, als sie nach der Wohnungstür griff. Ein Gedanke würde schon ausreichen, um sie aufzuhalten, wenn er das wollte. Das wusste er, und ihrem Blick nach zu urteilen, mit dem sie sich jetzt zu ihm umdrehte, wusste sie es auch. „Ich weiß, du bist wütend darüber, was ich vorhin sagte, aber es ist nun mal die Wahrheit. Du bist einfach nicht in der Verfassung, um so weiterzumachen.“