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Zwar riss er unter ihrer Berührung nicht den Arm weg, aber seine kalten, grünen Augen wanderten an ihr vorbei zu der Stereoanlage, die im Hintergrund spielte. Auf seinen mentalen Befehl hin verstummte sie. In der folgenden Stille begannen die dunklen Regungen von Elises übersinnlicher Gabe zu erwachen.

Stimmen schwollen in ihrem Kopf an, und das durchdringende Glitzern von Tegans Augen, die sie nun mit steinernem Ausdruck beobachteten, sagte ihr, dass er jede Nuance ihrer Qual spüren konnte. Sie erkannte, dass er ihre Schmerzen absorbierte, spürte, wie er ihre Reaktion absaugte durch den Punkt, wo ihre Haut sich berührte.

Elise kämpfte gegen den schrecklichen Ansturm übersinnlicher Wahrnehmung an, der auf sie einbrach, aber die Stimmen wurden lauter. Sie taumelte fast unter der schmutzigen Flutwelle von Obszönität und menschlicher Verkommenheit, die sich in ihren Kopf ergoss.

Tegan beobachtete sie nur, so ungerührt, als studiere er ein Insekt unter Glas.

Verdammt noch mal, er genoss es geradezu, und jede Sekunde des emotionalen Angriffs, dem sie standzuhalten versuchte, gab ihm recht. Als sich ihre Blicke trafen, begann Elise, zu verstehen, dass er die schmerzhaften Schläge, die ihr gegen den Schädel dröhnten, auf ihr unbegreifliche Weise kontrollierte. Er verstärkte die Stimmen absichtlich, genauso wie er die Musik und den Fernseher stumm schalten konnte.

„Mein Gott“, keuchte sie, „du bist so grausam.“

Er stritt es nicht ab. Ausdruckslos, mit entnervend stoischer Miene, brach er den körperlichen Kontakt zu ihr ab und stand in stummer Betrachtung da, während sie vor ihm zurückwich, verletzter, als sie ihn merken lassen wollte.

„Lektion Nummer eins“, murmelte er kalt. „Rechne nicht mit mir. In keiner Hinsicht. Ich werde dich nur enttäuschen.“

Er war ein Drecksack und ein Bastard, aber Elise ein anderes Bild von sich zu vermitteln, wäre nicht ehrlich gewesen. Er ließ sie stehen, wie sie ihn über die kleine Wohnung hinweg ansah, ihr Blick verletzt und voller Verachtung, und ging in den Korridor hinaus, um seinen Abgang zu machen.

Vielleicht sollte er sich schuldig fühlen, sie so roh behandelt zu haben, aber ehrlich gesagt konnte er keine Schuldgefühle gebrauchen. Und sie war viel besser dran, wenn sie sich für ihre Bedürfnisse einen anderen suchte. Er hoffte inständig, dass sie verflucht noch mal einen anderen finden würde.

Das Buch unter seinem Mantel an sich gedrückt, ging Tegan mit zügigem Schritt in die dunkle Nacht hinaus. Aus Neugier nahm er eine Abkürzung über eine Seitenstraße und ging dann die Hauptgeschäftsstraße hoch, die zu der FedEx-Niederlassung führte. Elises Beschreibung des Lakaien und was dort vorgefallen war, war informativ gewesen, aber ein Teil von ihm fragte sich, ob er nicht noch mehr finden würde, wenn er vorbeiging und sich den Angestellten noch einmal persönlich vorknöpfte.

Keine dreißig Meter vor dem Laden erkannte er, dass er nicht der Einzige war, der die Lage checken wollte, und dass er zu spät gekommen war.

Tegan roch frisch vergossenes Blut. Eine Menge davon. Im Laden war es dunkel, aber Tegan konnte hinter dem Schalter den reglosen Körper eines Angestellten liegen sehen. Die Rogues waren schon hier gewesen. Auf einem der Überwachungsmonitore in der Ecke war ein eingefrorenes Standbild zu erkennen. Es war eine verschwommene, aber erkennbare Aufnahme von Elise, mitten in der Bewegung, mit dem Päckchen in der Hand.

Verdammt.

Genau in diesem Augenblick waren die Rogues, die hier gewesen waren, vermutlich dabei, die Gegend nach ihr zu durchkämmen.

Tegan fuhr herum und raste mit all der übernatürlichen Geschwindigkeit, die ihm zu Gebote stand, zu ihrem Wohnblock zurück. Er hämmerte an ihre Tür und verfluchte die dröhnende Musik, in der das Geräusch vermutlich unterging.

„Elise! Mach die Tür auf!“

Gerade wollte er die Schlösser auf seine Art öffnen und in die Wohnung stürmen, als er sie auf der anderen Seite hörte. Sie öffnete die Tür einen Spaltbreit und starrte ihn an. Bevor sie ihm sagen konnte, dass er sich verdammt noch mal zum Teufel scheren sollte, so wie er es verdiente, drückte er sie mit der Masse seines Körpers hinein und knallte die Tür hinter sich zu.

„Hol Mantel und Stiefel, schnell.“

„Was?“

„Los! Mach schon!“

Sie verzog das Gesicht über seinen gebellten Befehl, aber so schnell ließ sie sich nicht einschüchtern. „Wenn du denkst, dass ich mich von dir zurückschicken lasse …“

„Rogues, Elise.“ Er sah keinen Grund, ihr die Situation besser darzustellen, als sie war. „Sie haben eben den Angestellten in der FedEx-Niederlassung umgebracht. Jetzt suchen sie dich. Wir haben nicht viel Zeit. Hol deine Sachen.“

Sie wurde weiß vor Schreck, aber so, wie sie ihn ansah, traute sie ihm nicht ganz - was verständlich war. Schließlich hatte er ihr keinen Grund gegeben, ihm zu vertrauen. Besonders angesichts dessen, was er ihr erst vor wenigen Minuten angetan hatte.

„Ich muss dich hier rausholen“, sagte er zu ihr, als sie noch eine Sekunde zögerte. „Und zwar sofort.“

Sie nickte, düsteres Einverständnis in ihren blassen, amethystfarbenen Augen. „Okay.“

Sie brauchte nur Sekunden, um sich einen Wollmantel zu schnappen und ihre Füße in ein Paar Winterstiefel zu rammen.

Schon mit ihm zusammen auf dem Weg zur Tür, rannte sie noch einmal zurück. „Warte. Ich werde eine Waffe brauchen.“

Tegan machte zwei Schritte und packte sie am Handgelenk.

„Ich pass schon auf dich auf. Komm endlich.“

Sie eilten aus der Wohnung - und sahen sich einem Rogue gegenüber, der durch die Scheibe der Haustür spähte, seine wilden Augen glühten bernsteingelb. Als er sie im engen Eingangsbereich erblickte, kräuselte er seine blutbesudelten Lippen und knurrte etwas über seine bullige Schulter hinweg, zweifellos rief er Verstärkung von der Straße herbei.

„Oh mein Gott“, keuchte Elise. „Tegan …“

„Zurück.“ Er schob ihr das Buch in die Hände und stieß sie zurück in Richtung der Wohnung. „Bleib drin, bis ich dich holen komme. Verriegle die Tür.“

Sofort gehorchte sie ihm, ihre Schritte verhallten schnell. Sie knallte die Wohnungstür hinter sich zu, gerade als der Rogue mit der Schulter die Haustür aufdrückte und hereinkam. Ein weiterer folgte ihm. Beide Blutsauger hatten ein psychotisches Grinsen im Gesicht, die Fangzähne voll ausgefahren, beide dieser bulligen Typen waren bis an die Zähne bewaffnet.

Sie begannen, ihn einzukreisen, und Tegan ging in die Offensive. Von seiner Position im Gang sprang er auf sie zu und rammte mit voller Wucht den Vorderen, sodass dieser gegen den Hinteren fiel. Der wich in allerletzter Sekunde, bevor er zuunterst auf den Boden knallte, nach links aus, während Tegan seinen Kumpanen in einem Todesgriff zu Boden riss.

Die Aufregung rief einen der Bewohner des Gebäudes auf den Gang hinaus, aber er warf nur einen Blick auf die Kämpfenden und beschloss zu seinem eigenen Besten, dass er lieber nichts damit zu tun haben wollte. „Oh, Scheiße“, quiekte er, drehte sich sofort auf dem Absatz herum, hastete in seine Wohnung zurück, knallte die Tür zu und schob alle Riegel vor.

Völlig ungerührt schlug Tegan schnell und hart auf den Rogue ein, den er am Boden hielt, und fuhr dem Blutsauger mit einer seiner Klingen quer über den Hals. Der brüllte auf und spuckte, als das schnelle Gift der Titanklinge in ihn eindrang.

Blut quoll aus der Wunde, und in Sekundenschnelle zerkochte sein Körper von innen heraus.

„Du bist dran“, sagte Tegan zu dessen Kumpan, als der panisch versuchte, sich aus seiner Reichweite zu winden.

Der Vampir fuhr den Arm aus, hackte mit seiner Klinge nach Tegan, aber selbst für einen Rogue war es eine unvorsichtige Bewegung. Als er die Gelegenheit hatte, Tegan zu treffen, zögerte er, begann, sich zur Seite zu winden, um die Sache in die Länge zu ziehen. Ihn abzulenken, wie Tegan im nächsten Moment erkannte, als er das plötzliche Krachen von splitterndem Glas aus Elises Wohnung kommen hörte.