Die Wärme ihres Kusses war wie eine Flamme, die das kalte Gefühl in seiner Brust zum Schmelzen brachte. Er fuhr mit den Fingern durch das kurze, seidige Haar in ihrem Nacken, hielt sie eng an sich gedrückt, während er mit der Zunge ihre Mundwinkel umspielte. Mit einem Keuchen öffnete sie sich ihm, zitterte in seinen Armen, als er die samtige Nässe ihres Mundes schmeckte.
Als sie die Hände hob, um ihn zu berühren, war Tegan derjenige, der zitterte, schockiert von dem Gefühl, gehalten zu werden. Er war erstaunt darüber, wie sehr er es brauchte - wie sehr er sie brauchte. Es war so lange her, seit er sich diese Art von Intimität gestattet hatte. Die Jahrhunderte der Einsamkeit hatten ihm auf ihre Art Trost gespendet, aber das …
Das Begehren nach dieser Frau durchzuckte ihn mit sengender Intensität. Sein Zahnfleisch pulsierte, als seine Fangzähne ausführen. Selbst hinter seinen geschlossenen Augenlidern konnte er spüren, dass seine Iriskreise bernsteinfarben glühten, der Beweis, wie sehr er Elise jetzt brauchte.
Seine Haut fühlte sich viel zu eng an, seine Dermaglyphen prickelten vom plötzlichen Ansturm seines Blutes, das ihre Farbe vertiefte zu einem leuchtenden Schillern von Indigoblau, Weinrot und Gold. Er wusste, dass sie die harte Beule seines Schwanzes spüren musste, der zwischen ihren beiden Körpern eingezwängt war und gegen ihren Bauch drückte.
Elise musste spüren, wie sein Körper auf sie reagierte - sie musste wissen, was diese Reaktionen bedeuteten -, und trotzdem schob sie ihn nicht von sich. Ihre Finger gruben sich tiefer in seine Schultern und hielten ihn mit einer Intensität, die er kaum fassen konnte.
Er war derjenige, der sich schließlich zurückzog und sich mit einem tiefen, gemurmelten Fluch aus ihrer Umarmung löste. Als er zum Haus hinaufsah, konnte er hinter den Fensterscheiben mehrere Gesichter erkennen. Einige Angehörige von Elises gehobenen Kreisen starrten sie mit offener Verachtung an.
Elise sah sie auch. Sie folgte seinem Blick über die frostüberzogenen Rasenflächen und Beete, aber als sie sich Tegan wieder zuwandte, war in ihrer Miene auch nicht die kleinste Spur von Schuldbewusstsein zu erkennen. Nur ihr weicher Blick, und die unterschwellige Hitze des Begehrens in ihren Augen.
„Lass sie doch glotzen“, sagte sie und strich ihm vor versammeltem Publikum übers Kinn. „Es ist mir egal, was sie denken.“
„Es sollte dir nicht egal sein. Das ist deine Welt da oben, auf der anderen Seite dieser Fensterscheiben.“ Sie konnte auf keinen Fall länger mit ihm hier draußen bleiben, nicht solange ihr Kuss sein Blut immer noch in Wallung brachte. „Du solltest wieder reingehen.“
Erneut sah sie hinauf zu dem goldenen Lichtschein, der aus den Fenstern und Glastüren des Ballsaals drang, und schüttelte langsam den Kopf. „Ich kann nicht mehr zurück. Wenn ich sie anschaue, sehe ich nur einen goldenen Käfig. Es gibt mir den Drang, davonzulaufen, bevor die Falle wieder über mir zuschnappt.“
Dieses ehrliche Geständnis erstaunte Tegan. „Du warst in den Dunklen Häfen nicht glücklich?“
„Es war alles, was ich kannte. Quentin war alles, was ich kannte. Seine Familie hat mich als Baby aufgenommen und als eines ihrer Kinder aufgezogen. Für das Leben, das sie mir ermöglicht haben, schulde ich ihnen alles.“
Tegan stieß einen Grunzlaut aus. „Das klingt für mich nach Dankbarkeit. Daran ist nichts auszusetzen, aber was ich dich fragte, war, ob du dort glücklich warst.“
Sie warf ihm einen gedankenvollen Blick zu. „Die meiste Zeit schon. Besonders als Camden geboren wurde.“
„Du sagst, du hättest dich eingesperrt gefühlt.“
Sie nickte. „Körperlich war ich nie sehr stark. Meine Gabe machte es mir schwer, die Dunklen Häfen jemals für längere Zeit zu verlassen, und Quentin hielt es für unklug, mich alleine irgendwohin gehen zu lassen. Ich bin mir sicher, dass er mich nur beschützen wollte, aber manchmal war es einfach … erdrückend. Dann waren da noch all die Verpflichtungen der Agentur gegenüber, und die überzogenen Erwartungen, die auf einem ruhten, wenn man ein Mitglied der Familie Chase war. Man hatte seine Grundsätze, die um jeden Preis eingehalten werden mussten: Loyalität der Agentur gegenüber; den eigenen Platz kennen und dort bleiben; nur reden, wenn man gefragt wird.
Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich einfach losschreien wollte, nur um mir zu beweisen, dass ich es konnte. Fast jeden Tag, und seither hat sich nichts daran geändert.“
„Was hindert dich daran?“
Mit einem Stirnrunzeln sah sie über die Schulter. „Was?“
„Na los. Schrei doch, wenn dir danach ist. Ich werde dich nicht davon abhalten.“
Elise lachte. Wieder sah sie zum Herrenhaus hinauf. „Da würden sie sich wirklich die Mäuler zerreißen, wie? Kannst du dir vorstellen, was für Geschichten morgen im Umlauf sind?
Wie du eine hilflose Zivilistin terrorisiert hast? Dein Ruf wäre auf ewig ruiniert.“
Er zuckte die Schultern. „Wenn du mich fragst, nur ein Grund mehr, es zu tun.“
Elise stieß einen langen Seufzer aus, ihr Atem bildete eine Wolke in der kalten Luft. Als sie sich umdrehte, um ihn noch einmal anzusehen, lag ein bittender Glanz in ihren großen, lavendelfarbenen Augen. „Ich kann da heute Nacht nicht wieder reingehen. Bleibst du mit mir hier draußen, Tegan … nur noch ein bisschen?“
Marek war rot vor Wut, als er die Liste der Flugdaten durchging, die einer seiner Lakaien ihm vor einigen Stunden vom Bostoner Flughafen besorgt hatte. In der vorigen Nacht hatte ein Privatjet kurzfristig einen Flug nach Berlin angetreten, mit zwei Passagieren an Bord - bei einem von ihnen handelte es sich definitiv um einen Ordenskrieger.
So wie Mareks Maulwurf ihm den Passagier beschrieben hatte, konnte es nur Tegan sein. Aber die Frau, die ihn begleitete, war ihm ein Rätsel. Tegan war überzeugter Einzelgänger, und so sehr er sich auch den Kopf zerbrach, konnte sich Marek einfach nicht vorstellen, was den stoischen, tödlichen Krieger dazu bewogen haben konnte, für mehr als nur die nötigen paar Minuten die Anwesenheit einer Frau zu ertragen.
Aber er war nicht immer so gewesen. Marek konnte sich gut daran erinnern, wie sehr der Krieger seiner Gefährtin verfallen gewesen war - war das etwa schon fünfhundert Jahre her?
Hübsch war sie gewesen, erinnerte sich Marek, von einer dunklen, zigeunerhaften Schönheit und mit einem lieblichen, vertrauensvollen Lächeln.
Tegan war ihr treu ergeben gewesen. Sie auf so bestialische Art zu verlieren, hatte ihn damals fast umgebracht.
Zu dumm, dass er dabei nicht mutiert war.
Die Tatsache, dass sich Tegan jetzt in Berlin aufhielt, beunruhigte ihn. In Verbindung mit dem Tagebuch, das Marek verloren hatte - und er hatte lange gebraucht, um es aufzuspüren - bedeutete das, dass eine verdammte Katastrophe auf ihn zukam. Jetzt zweifelte Marek nicht mehr daran, dass der Orden das Tagebuch hatte.
Wie lange würde es dauern, bis sie all die Puzzleteile zusammengefügt hatten? Jetzt musste er schnell handeln, wenn er seinen Vorsprung behalten wollte.
Unglücklicherweise war es gerade heller Tag, und wenn er nicht riskieren wollte, sich zehntausend Meter zu nahe an der Sonne einen tödlichen Sonnenbrand zu holen, würde er bis zum Einbruch der Dunkelheit warten müssen, bevor er den Atlantik überqueren und sich dieser misslichen Angelegenheit persönlich annehmen konnte.
Bis dahin würde er sich damit begnügen müssen, ein paar Lakaien auszuschicken, um seine Augen und Ohren zu sein.
18
Tegan öffnete die Tür des rustikalen Bootshauses, das sich an das Seeufer schmiegte, und führte Elise hinein. Sie konnte im Dunklen nicht gut sehen, doch Tegans Hand schloss sich fest um ihre, seine Schritte sicher, während sie vorsichtig in ihren hohen Absätzen über die breiten Holzplanken des Bodens trat.
Der Liegeplatz für ein großes Boot war jetzt im Winter verwaist. Wo das Wasser ins Gebäude drang, war es von einer Eisschicht bedeckt.