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Sie senkte den Blick auf ihre ineinander verschlungenen Hände, seine Finger stark und beschützend und immer so sanft mit ihr, obwohl sie für Krieg und den Kampf ausgebildet waren.

„Wenn ich dir sage, dass ich hoffe, dass du nie wieder einen anderen Mann so begehrst wie mich, dann ist das alles andere als Mitleid.“ Er stieß ein trockenes Lachen aus. „Ob ich dich liebe?

Ja, Gott helfe dir, und wie ich dich liebe.“

„Tegan“, flüsterte sie und legte ihm die Hand an die Wange.

Der Biss, den sie ihm zugefügt hatte, verheilte schon wieder, seine Haut zog sich darum zusammen. Zärtlich berührte sie die gerötete Stelle und sah dann zu ihm auf. „Küss mich noch einmal.“

Er hatte ein Lächeln in den Mundwinkeln, als er sie in seine Arme zog. Sie hatten kaum angefangen, als ein leiser Summton ertönte und Tegan mit einem Stöhnen den Kopf hob.

„Was ist?“, fragte sie, als er mit einem Satz aus dem Bett sprang und aus der Tasche seiner Hose, die immer noch verheddert auf dem Boden lag, sein Handy zog.

„Unser Flieger zurück nach Boston. Ich habe für heute Nacht einen Flug arrangiert.“

Er nahm den Anruf an, sein Ton abgehackt und ernst - sofort wieder komplett im Kriegermodus. „Ja. Okay. Flughafen Tegel. Charterterminal. Abflug in einer Stunde.“

Elise glitt von der Matratze hinunter und ging zu Tegan hinüber, nackt und wunderbar. Sie schlang die Arme um ihn, presste ihre Vorderseite gegen die harten Muskeln seines Rückens. Sie biss ihm leicht ins Schulterblatt und lächelte, als sich den wunderschönen Dermaglyphen auf seinen Armen entlang Gänsehaut bildete. Sie hörte sein tiefes, lustvolles Aufknurren und musste lächeln, als er ihr einen glühenden Blick zuwarf.

„Mach zwei Stunden draus“, instruierte er die Person am anderen Ende. „Ist gerade was dazwischengekommen.“

Elise sah hinunter, als er sich zu ihr umdrehte. Da war in der Tat etwas dazwischengekommen - und die Ausmaße dieses Etwas waren beeindruckend. Sie wich zurück, ihre Unterlippe zwischen den Zähnen, als Tegan den Anruf beendete, seine verhangenen Augen fest auf sie gerichtet.

Er warf das Handy zur Seite.

Dann stürzte er sich auf sie.

28

Die meiste Zeit auf ihrem Rückflug nach Boston schliefen sie, Elise zufrieden in Tegans Arme gekuschelt. Er hatte ihr gesagt, dass der Lakai, der sie in Irinas Haus angegriffen hatte, tot war.

Er hatte sie auch darüber informiert, dass der mental ferngesteuerte Sklave nur einer von mehreren war, die von Marek den Befehl erhalten hatten, sie zur Strecke zu bringen. Elise hatte diese Neuigkeiten mit ihrer üblichen Ruhe entgegengenommen, aber Tegan konnte nicht umhin, sie etwas fester an sich zu drücken, als sie so auf seinem Schoß lag und schlummerte.

Marek war ein heimtückischer Feind. Einst war er ein schrecklicher Krieger gewesen, unbarmherzig im Kampf, oft unnötig grausam. Tegan hatte Lucans älteren Bruder gut gekannt, hatte ihm bei mehr als nur einer Gelegenheit auf dem Schlachtfeld mit seinem Leben vertraut. In der alten Zeit, als der Stamm noch jung und Ärger mit Rogues an der Tagesordnung war, hatten sie Seite an Seite gekämpft. Marek war eines der Gründungsmitglieder des Ordens, aber in ihm hatte schon immer ein Abtrünniger geschlummert. Er wollte sich nicht von seinem jüngeren Bruder befehlen lassen - Lucan hatte die Kriegerkaste gegründet und war ein geborener Anführer, zwei Dinge, die Marek offenbar nicht akzeptieren konnte. Ungeduld und Arroganz waren seine hervorstechenden Charaktereigenschaften und die zwei Dinge, die dazu führten, dass er nicht den Respekt bekam, den er zu verdienen meinte.

Die Tatsache, dass er so lange für tot gehalten wurde - fast sechs Jahrhunderte lang -, um dann ausgerechnet in Boston aufzutauchen, mit der offensichtlichen Absicht, den Orden anzugreifen, schien darauf hinzudeuten, dass Marek gelernt hatte abzuwarten. Er hatte große Geduld bewiesen, als er sich so lange versteckt gehalten hatte, und für Tegan bestand kein Zweifel daran, dass er all diese Jahre zu seinem Nutzen eingesetzt hatte. Er hatte einen Plan, und langsam, aber sicher setzte er ihn in die Tat um. Dass plötzlich Dragos’ Name im Spiel war und das kryptische Gefasel der Brüder Odolf deuteten auf Schwierigkeiten hin, die ihre Ursache weit in der Vergangenheit hatten.

Tegan schlug das Tagebuch auf und las sich die seltsamen Passagen noch einmal durch. Es musste sich um einen bestimmten Ort handeln, aber wo sollte der sein? Und was bedeutete er?

Da versteckt er sich, hatte Odolf gesagt.

Tegan glaubte nicht, dass es hier um Marek ging. Aber konnte es sich wirklich um Dragos handeln? Oder war es vielleicht jemand völlig anderes, an den der Orden bislang noch nicht einmal gedacht hatte?

Wohinter Marek auch immer her war, und wie auch immer das Geheimnis lautete, das Peter Odolf und seine Familie heimgesucht hatte, es hatte für sie alle nichts Gutes zu bedeuten.

Als der Jet in Boston landete, rief Tegan im Hauptquartier an und trug Gideon auf, die anderen für ein Treffen einzuberufen.

Sie mussten Marek aufspüren, wo auch immer er sich derzeit versteckt hielt, und sicherstellen, dass ihm der Orden einen Schritt voraus blieb.

Laut seines neusten Berichts aus Berlin war einer seiner Lakaien tot. Marek war darüber extrem verärgert, wieder eines seiner Geschöpfe verloren zu haben, aber da der Mann die ihm anbefohlene Aufgabe nicht ausgeführt hatte, konnte Marek nur hoffen, dass der Lakai in seinen letzten Momenten gelitten hatte. Die Brutalität, mit der er ermordet worden war, ließ diesbezüglich wenig Zweifel zu. Sein Körper war so zermalmt und blutüberströmt gewesen, dass eine Identifizierung fast nicht mehr möglich gewesen war. Diese Tatsache war äußerst überraschend, wenn man bedachte, wer es gewesen sein musste, der ihn ausgeschaltet hatte - nämlich Tegan.

Er war es gewesen, der den Lakaien getötet hatte, den Marek darauf angesetzt hatte, die Frau aus dem Dunklen Hafen loszuwerden - und er hatte es nicht mit der unfehlbaren, kalten Effizienz getan, für die er bekannt war, sondern dabei offensichtlich getobt vor Wut.

Tegan hatte sich gerächt.

Dass er so gehandelt hatte, um für den Angriff auf die Frau Vergeltung zu üben, konnte nur eines heißen: dass sie Tegan etwas bedeutete.

Marek konnte kaum erwarten, eine Chance zu bekommen, diesen Schwachpunkt des Kriegers auszunutzen. Einst hatte er Tegan durch seine Liebe zu einer Frau fast zerstört; wie befriedigend würde es sein, diese neue Zuneigung auszunutzen, um ihn endgültig loszuwerden.

Wie befriedigend würde es sein, sich den gesamten Orden vom Hals zu schaffen, und seinen rechtmäßigen, angestammten Platz als alleiniger Herrscher des Stammes einzunehmen. Das war es, worauf er die ganze Zeit hingearbeitet hatte, ein Plan, der mehr Geduld erfordert hatte, als Marek es sich je hätte vorstellen können.

Seit Jahrhunderten hatte er vom Moment seiner Krönung geträumt - von dem Augenblick an, als der Krieger Dragos ihm sein mächtiges Geheimnis anvertraut hatte.

Marek erhob sich von seinem Schreibtisch und ging zum hohen Fenster hinüber, von dem aus er ein monderhelltes Tal in den Berkshires überschaute. Hier draußen waren die Wälder dicht, so dicht wie die europäischen Wälder des Mittelalters. Die Landschaft erinnerte ihn an die alten Zeiten, seine Gedanken kehrten zur Vergangenheit des Ordens zurück.

Damals hatte ein wütender Krieg das Vampirvolk gespalten.

Väter und Söhne hatten sich in feindlichen Lagern gefunden - nur dass es sich bei den Vätern um eine Gruppe bösartiger Außerirdischer gehandelt hatte, die Alten, die fremden Kreaturen, die vor Tausenden von Jahren auf der Erde gelandet waren und für ihr Überleben nach Menschenblut jagten. Ihre Söhne, die hybriden Abkömmlinge ihres außerirdischen Samens, der von menschlichen Müttern ausgetragen wurde, bildeten die erste Generation des Stammes.

Marek, Lucan und Tegan waren solche, mittlerweile selten gewordenen Söhne der ersten Generation. Sie waren noch mit eigenen Augen Zeugen der bestialischen Grausamkeit geworden, die die Alten der Menschheit angetan hatten. Damals waren den ausgehungerten Vampiren ganze Dörfer, zahllose Menschenleben zum Opfer gefallen. Diese Gemetzel hatten Marek nie so sehr verstört wie seinen jüngeren Bruder.