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Mit einer starken Hand hielt Dante ihn zurück, runzelte über das Ungestüm des jungen Kriegers die Stirn. „Wartet! Das ist kein Spiel, verdammt noch mal. Es ist anders als jede Mission, die wir bisher durchgeführt haben. Dieses Ding, das da oben in den Berg eingeschlossen wurde, ist kein Vampir, wie ihr ihn kennt. Nehmt Lucan und Tegan zusammen - Scheiße, nehmt auch noch Marek dazu - und ihr habt immer noch keinen Begriff davon, zu was diese Kreatur fähig ist. Er ist Gen-Eins hoch hundert.“

„Aber sein Kopf kann vom Körper abgetrennt werden, wie bei jedem von uns“, bemerkte Rio mit einer tiefen, tödlichen Stimme. „Die schnellste Art, einen Vampir zu töten.“

Dante nickte. „Und dafür werden wir nur eine einzige Möglichkeit haben, mehr nicht. Wenn wir diese Gruft finden und hineinkommen, ist unsere erste Priorität, dem Bastard neunzig Zentimeter rasiermesserscharfen Stahl in den Hals zu jagen.“

„Und zwar, bevor das Ding eine Chance hat, aufzustehen“, fügte Chase hinzu. „Wenn wir zulassen, dass es aufsteht, bevor wir in Stellung sind, um es zu töten, stehen die Chancen gut, dass wir da nicht lebend wieder rauskommen.“

„Erinnert mich doch noch mal dran, warum ich nicht Buchhalter werden wollte, als ich klein war“, meinte Brock gedehnt.

Niko kicherte leise. „Weil Buchhalter keine Sachen in die Luft sprengen dürfen.“

„Blutsauger einäschern dürfen sie auch eher selten“, fiel Kade in den Spaß ein.

Brocks breites Grinsen leuchtete weiß im Dunkeln. „Oh, okay.

Jetzt weiß ich’s wieder.“

Dante ließ ihnen Zeit, sich an den Plan zu gewöhnen. Die jüngeren Männer reagierten ihre nervöse Energie mit Späßen und markigen Sprüchen ab. Aber als sich das Team an den Aufstieg über den bewaldeten Berghang machte, verfielen nach und nach alle in ernstes Schweigen. Keiner von ihnen wusste, was sie am Ende dieser Reise erwartete, aber alle waren bereit, sich dem gemeinsam zu stellen.

Elise wusste nicht genau, wie lange sie schon unterwegs waren.

Es mussten Stunden sein. Sie waren durch jeden Stadtbezirk gefahren, die wohlhabenden und die desolaten, und hatten in regelmäßigen Abständen kurz Halt gemacht, damit sie in die dunklen Straßen und Gassen hineinhorchen konnte. Darauf warten konnte, ob ihre Venen von der Gewissheit, der inbrünstigen Hoffnung zu prickeln begannen, dass Tegan hier irgendwo in der Nähe war.

Sie wollte nicht aufgeben.

Nicht einmal, als die Nacht begann, der Morgendämmerung zu weichen.

„Wir können noch mal eine Runde durch die Stadt machen“, sagte Lucan. Der Gen-Eins-Krieger war genauso wenig geneigt, Tegan aufzugeben, wie sie es war. Selbst angesichts der Tatsache, dass das heraufziehende Tageslicht eine genauso große Gefahr für ihn darstellte wie jeder andere tödliche Feind.

Elise streckte die Hand aus und berührte die riesige Hand am Lenkrad, die den Wagen auf eine weitere Straße lenkte. „Danke, Lucan.“

Er nickte. „Du liebst ihn sehr, nicht?“

„Ja. Das tue ich. Er … bedeutet mir alles.“

„Dann sollten wir ihn besser nicht verlieren, was?“

Sie lächelte und schüttelte den Kopf. „Nein, das sollten wir besser nicht … Oh mein Gott … Lucan. Langsam. Halt den Wagen an!“

Sofort trat er auf die Bremse und fuhr rechts ran, sie befanden sich gerade in einem baumbestandenen, eleganten Wohngebiet. Als der Wagen zum Stehen kam, ließ Elise das Beifahrerfenster herunter. Eine kalte Februarbrise drang herein.

„Da drüben“, sagte sie. In ihren Venen prickelte es.

Während Lucan weiterfuhr, konzentrierte sie sich ganz auf das Gefühl, sog es in sich hinein, versuchte, seine Quelle zu erraten. Es war Tegan, ganz ohne Zweifel. Und die Hitze, die in ihrem Blutstrom aufzischte, war keine angenehme Wärme, sondern brannte wie Säure.

Es war das sengende Brennen von Schmerz.

„Oh Gott. Lucan, er wird irgendwo in dieser Straße gefangen gehalten - ich bin mir ganz sicher. Und er hat Schmerzen. Er hat … große Schmerzen.“ Sie schloss die Augen und fühlte es jetzt umso deutlicher, jetzt, da der Wagen in eine hübsche Einfahrt einbog. „Beeil dich, Lucan. Er wird gefoltert.“

Bei dem Gedanken, dass Tegan misshandelt wurde, und der quälenden Angst um ihn, die durch jede Zelle ihres Körpers raste, wurde ihr fast schlecht. Aber sie hatte sich im Griff, suchte nach Zeichen, dass sie sich ihrem Ziel näherten. Der weiß glühende Schmerz, der sie durchzuckte, als sie vor einer eleganten alten Villa stehen blieben, sagte ihr, dass sie ihn gefunden hatten.

Das Haus stand zurückgesetzt von der Straße, ruhig, sehr gepflegt. Offenbar wurde es bewohnt. In der frei stehenden Garage, die früher wohl ein Schuppen für Kutschen gewesen war, stand ein weißer Audi. Im Vogelhäuschen, das an einem Kiefernast über dem Hof hing, war frisches Vogelfutter ausgestreut.

Auf dem verschneiten Weg zum Haus lag ein Kinderschlitten.

„Hier ist es“, sagte sie zu Lucan. „Er ist hier in diesem Haus.“

Lucan runzelte die Stirn, als er dieselben Einzelheiten registrierte, die auch ihr aufgefallen waren, aber er schaltete die Autoscheinwerfer aus und stellte den Motor ab. „Bist du sicher?“

„Ja. Tegan wird dort im Haus gefangen gehalten.“

Sie sah zu, wie sich Lucan bewaffnete. Er trug schon ein ganzes Waffenarsenal - zwei riesige Handfeuerwaffen und ein Paar Dolche, die in Scheiden steckten -, aber er griff nach einem Ledersack hinter dem Fahrersitz und öffnete den Reißverschluss, um noch mehr an sich zu nehmen.

Er sah zu ihr auf und murmelte einen saftigen Fluch. „Ich bin mir nicht sicher, ob es klug ist, wenn du hier draußen wartest.“

„Das ist in Ordnung“, sagte sie, „das habe ich auch nicht vor.

Ich kann dir helfen, ihn zu finden, sobald wir drin sind.“

„Nichts da, Elise. Verdammt noch mal, das ist viel zu gefährlich. Ich kann dich da nicht mit hineinnehmen. Kommt gar nicht in Frage.“ Er knallte ein Magazin in eine seiner Pistolen und schob sie ins Halfter. Dann zog er ein weiteres Messer und eine zusammengerollte Drahtschlinge aus dem Ledersack und stopfte beides in eine Jackentasche. „Sobald ich aufs Haus zugehe, will ich, dass du auf den Fahrersitz rutschst und losfährst.

Fahr zum …“

„Lucan.“ Fest begegnete Elise dem Blick seiner ernsten grauen Augen. „Vor vier Monaten dachte ich, mein Leben sei zu Ende. Marek und die Rogues, die ihm dienen, haben mir das Herz aus dem Leib gerissen. Jetzt bin ich durch ein Wunder des Schicksals wieder glücklich. Ich habe nicht einmal davon zu träumen gewagt, jemals wieder glücklich sein zu können. Nie habe ich diese Art von Liebe gekannt, wie ich sie jetzt für Tegan empfinde. Wenn du also denkst, dass ich hier draußen sitzen bleibe und warte oder davonrenne, während ich doch weiß, dass er in Schwierigkeiten ist - nun, tut mir leid, aber das kannst du vergessen.“

„Wenn mein Bruder derjenige ist, der ihn gefangen genommen hat - und seien wir uns verdammt noch mal darüber im Klaren, dass es Marek sein muss -, dann können wir nicht wissen, was uns da drin erwartet. Oder wer am Ende herauskommt, wenn sich der Staub schließlich legt. Tegan könnte schon verloren sein.“

„Ich muss es wissen, Lucan. Ich würde lieber sterben, um ihm zu helfen, als dabeizustehen oder fortzugehen.“

Ein langsames Grinsen breitete sich im Gesicht des furchterregenden Anführers des Ordens aus. „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ein verdammt störrisches Frauenzimmer bist?“

„Tegan hat so etwas erwähnt, ein oder zwei Mal“, gab sie trocken zurück.

„Dann wird er wohl einsehen müssen, dass ich keine Chance hatte, wenn er dich mit mir zusammen sieht.“ Er reichte ihr einen Dolch, dessen Scheide an einem Ledergürtel befestigt war.

Elise legte sich den Gürtel um die Hüften und zog die Schnalle fest. „Ich bin so weit, wenn du es bist, Lucan.“

„Okay“, sagte er und schüttelte den Kopf als Zeichen seiner Niederlage. „Lass uns gehen und uns unseren Jungen zurückholen.“