Выбрать главу

Er wollte sie in den Arm nehmen, besann sich jedoch anders. Sie würde sich nur noch mehr fürchten, es war besser, wenn er wartete, bis sie sich an ihre neue Umgebung gewöhnt hatte.

Inzwischen hatte Zakeya den Büffel zum Feld gebracht, ihn an das Wasserrad gebunden und begonnen, die Erde mit der Hacke umzugraben. Sie gab acht, denn sie wollte den Aufruf zum Mittagsgebet nicht überhören. Als Scheich Hamzawis Stimme schließlich ertönte, stand die Sonne hoch über ihrem Kopf und brannte auf sie nieder. Schweiß strömte aus ihren Haarwurzeln über ihren Hals, ihre Brust und ihren Rücken. Kaum war der Aufruf zum Gebet verhallt, warf sie die Hacke auf den Boden und ging zum nahen Fluß. Sie wusch sich Gesicht und Hals, verrichtete die rituellen Waschungen, dann kniete sie sich ans Ufer, warf sich mit inbrünstiger Hingabe nieder und verrichtete das Ritualgebet. Danach verharrte sie in der Kniestellung und sagte den ersten Koranvers zehnmal hintereinander auf. Sie hob die Hände zum Himmel und wiederholte dreißigmaclass="underline" »O Gott, vergib mir!« Sie wartete einen Moment, dann legte sie ihr Gesicht in ihre Hände. Sogleich überfiel sie ein sonderbares Gefühl der Erleichterung, das dem Wunsch nach Schlaf ähnlich war. Ihre Lider wurden schwer, sie senkten sich über ihre Augen, und bald war sie neben dem Fluß fest eingeschlafen.

Wie sengend die Mittagssonne auch brannte, die dicken, festen Betonmauern vom Haus des Bürgermeisters konnte sie nicht durchdringen. Trotzdem fühlte er Hitzewellen in sich aufsteigen, als stünde er nackt unter der grellen, heißen Sonne. Er war noch mit seinem rosa Seidenpyjama bekleidet, saß im Lehnstuhl und las die Morgenzeitung. Auf einer der Seiten entdeckte er das Foto seines Bruders, und er blätterte schnell um und begann, die Gesellschaftsseite zu lesen. So erfuhr er, daß die Tänzerin Touba geschieden war, die Schauspielerin Noussa zum vierten Mal heiratete und der Sänger Abdel Rahman sich im Krankenhaus den Blinddarm herausnehmen ließ. Er blätterte weiter, um die Sportseite zu lesen, aber die Seiten verhedderten sich und sein Blick fiel erneut auf das Foto seines Bruders. Daher überflog er die Zeilen und erfuhr, daß eine Kabinettsumbildung stattgefunden und sein Bruder einen noch wichtigeren Ministerposten erhalten hatte. Er schnalzte verächtlich mit der Zunge. Niemand kannte seinen Bruder besser als er. Niemand wußte, wie dumm er war, wie schwer von Begriff, wenn auch ein richtiges Arbeitstier — genau wie ein Büffel, der sich mit verbundenen Augen im Kreis dreht und das Wasserrad bewegt, dachte er.

Er ließ die Zeitung fallen und schloß die Augen, und plötzlich fiel ihm ein, daß er seine Frau anrufen und sie fragen wollte, wie sein jüngster Sohn bei den Prüfungen abgeschnitten hatte. Er wollte gerade nach dem Telefon greifen, als er im Badezimmer Wasser fließen hörte. Da fiel ihm wieder ein, daß Zeinab am frühen Morgen in sein Haus gekommen war. Sie hatte inzwischen alles gewischt und geputzt bis auf das Badezimmer. Ein Gedanke durchzuckte ihn: »Warum nicht ins Bad gehen und es auf einen Versuch ankommen lassen?« Aber er verjagte ihn schnell. Sein Gefühl sagte ihm, daß Zeinab anders war als ihre einfache, willfährige Schwester Nefissa, in deren Gegenwart er sich unvorsichtiger und bedenkenloser verhalten hatte. Er wußte nicht, warum er so vorsichtig und zögernd, fast ängstlich mit Zeinab umging. Vielleicht, weil sie Nefissas Schwester war. Sicher, die Geschichte mit Nefissa war ein Geheimnis geblieben, aber man konnte nie wissen. Diesmal würde es vielleicht nicht so leicht zu verheimlichen sein. Er versuchte, sich seine Befürchtungen auszureden. Wer konnte herausfinden, was geschehen war? Er war über jeden Verdacht erhaben, er stand über dem Gesetz und über der Moral, die das Verhalten normaler Menschen regelten. Niemand in Kafr El Teen würde es wagen, ihn zu verdächtigen. An Allah mochten sie zweifeln, aber an ihm… unmöglich!

Doch dann fiel ihm ein, daß es in Kafr El Teen drei Männer gab, die fast alles über ihn wußten: der Polizeichef, der Scheich der Moschee und der Dorfbarbier. Ohne sie konnte er in Kafr El Teen nicht regieren. Sie waren seine Werkzeuge und seine Hilfen bei der Verwaltung des Dorfes. Aber sie kannten seine Geheimnisse. Er verließ sich darauf, daß sie sie nicht ausplaudern würden, obwohl er im Grunde davon überzeugt war, daß er ihnen in keiner Hinsicht trauen konnte. Er brauchte nur eine Sekunde lang die Augen abzuwenden, dann würden sie ihn reinlegen oder versuchen, aus ihm rauszuholen, was rauszuholen war. Aber er behielt sie im Auge, und er wußte, wie man ihnen beibrachte, daß er sogar ihren Schlaf überwachte und sie ihren Kopf aufs Spiel setzten, falls sie es wagten, ihn zu hintergehen oder aufzubegehren.

Er mußte mehrmals schlucken. Er hatte einen bitteren Geschmack im Mund, und es war ihm danach, auszuspucken, als wollte er den Haß loswerden, der seit jeher auf ihm lastete. Er verabscheute die drei Männer, er verachtete sie. Die Erkenntnis, daß er auf sie angewiesen war, machte alles noch schlimmer. Aus dem Grund war er gezwungen, so manchen Abend mit ihnen zu verbringen, zu plaudern und zu scherzen und sich sogar einzureden, daß sie seine Freunde waren, und schlimmer, vielleicht sogar seine einzigen Freunde.

Er erhob sich aus dem Lehnstuhl, ging in das Badezimmer und spuckte in das Waschbecken, dann spülte er mehrmals seinen Mund aus, um den bitteren Geschmack loszuwerden. Er sah in den Spiegel, und sein Blick fiel auf Zeinab, die die Badewanne so gründlich reinigte, daß sie wie Alabaster glänzte. Ihre bodenlange galabeya war naß und klebte an ihrem Körper, so daß sich ihre Brüste und Schenkel deutlich abzeichneten. Ihm war, als sähe er sie nackt vor sich. Er fühlte, wie ihm das Blut in die Lenden stieg, und konnte den Blick nicht von dem jungen Körper abwenden.

Zeinab hob den Kopf. Sie fing den sonderbaren Blick aus den blauen Augen des Bürgermeisters auf, wich ängstlich einen Schritt zurück und drückte sich schutzsuchend an die Wand. Dabei rutschte sie auf den nassen Fliesen aus und fiel der Länge nach zu Boden.

Bevor sie wieder aufstehen konnte, hatte er bereits einen Arm um ihre Taille gelegt und sie hochgezogen. Seine Fingerspitzen berührten ihre Brust, und er fühlte, wie seine Hand zitterte, als er sie streichelte und ihre Brust umfaßte.

Sie stieß einen erstickten Schrei aus, vor Schmerz über den harten Griff, mit dem er ihre empfindliche, unberührte Brust anfaßte, vor Angst, die eiskalt durch sie hindurchfuhr, und vor Lust, eine sonderbare, unbekannte Lust, die an Ekstase grenzte, eine befreiende Ekstase, als sei ihr eine schwere Last vom Herzen genommen. Sie konnte sich jetzt in Gottes Hände geben, ihm ihren Körper und ihre Seele ausliefern, ihr Gelöbnis einhalten und ihre Erleichterung darüber genießen.

Seine Hände glitten über ihre Beine, zogen das nasse Gewand über ihre Schenkel. Mit heiserer Stimme flüsterte er ihr leise und begehrlich ins Ohr: »Zieh deine galabeya aus, Zeinab, sonst wirst du dich erkälten.«

Seine Hände fuhren über ihre Schenkel und ihren Bauch, er versuchte, ihr Kleid hochzuziehen, aber es war naß und klebte an ihrer Haut. Er riß so heftig daran, daß es mit einem lauten Geräusch platzte. »Meine galabeya«, stieß sie hervor. »Es ist meine einzige galabeya

Er zog ihr das zerrissene Kleid aus, drückte sie fest an sich und flüsterte: »Ich werde dir tausend galabeyas kaufen.«

Mit einer Hand öffnete er den Wasserhahn und ließ das warme Wasser über ihren nackten Leib fließen. Er reinigte sie vom Staub und Schmutz der Arbeit, und seine flinken Hände wuschen ihr Haar, ihre Schultern, ihren Bauch, ihre Hüften und ihre Brüste.

Mit einem weichen Handtuch, das nach Jasmin duftete, trocknete er sie ab, wie eine Mutter ihr Kind abtrocknen würde. Wortlos ließ sie sich von ihm zum Bett tragen.

XV

Kurz bevor der erste Hahnenschrei in die Luft stieg, schlug Scheich Hamzawi die Augen auf. Aber vielleicht waren sie schon seit einiger Zeit geöffnet und beobachteten staunend die Szene, die sich ihnen Tag für Tag darbot. Doch es war kein echtes und unschuldiges Staunen, sondern von ständigen, quälenden Zweifeln durchsetzt, die die sonderbare Eigenschaft hatten, in gewissen Momenten zu einer unerschütterlichen Gewißheit zu werden. Und diese Gewißheit ließ ihn glauben, daß das, was er mit eigenen Augen sah, unumstrittene Wahrheit war, so unumstritten wie die Existenz Gottes. Die Morgendämmerung streckte ihre langen, schmalen Finger durch einen Fensterschlitz und warf ein schwaches Licht auf Fatheyas Gesicht. Die ihm zugewandte Gesichtshälfte war aschgrau, ihre Augen waren einen Spaltbreit geöffnet, als würden sie im Schlaf sehen. Ihre Lippen aber waren fest verschlossen, als fürchte sie, daß sie etwas preisgeben könnten, während sie schlief. Das fahle Morgenlicht betonte ihren weichen, weißen Hals, und aus ihrem Nachthemd, das aufgeknöpft war, sahen ihre weichen, weißen Brüste hervor. Das Kind hielt sich mit seinen kleinen Händen und seinem Mund an ihnen fest. Sie drückte es fest an sich, als hätte sie Angst, daß irgendeine Macht es ihr entreißen würde.