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Herkules.

Ei wo?

Admet.

Da steht er.

Herkules.

Der! Nun, der ist klein genug. Hab ich mir ihn doch so vorgestellt. Seid Ihr der Mann, der den Herkules immer im Munde führt?

Wieland.

Ich habe nichts mit Euch zu schaffen, Koloß.

Herkules.

Bin ich dir als Zwerg erschienen?

Wieland.

Als wohlgestalter Mann, mittlerer Größe tritt mein Herkules auf.

Herkules.

Mittlerer Größe! Ich!

Wieland.

Wenn Ihr Herkules seid, so seid Ihr's nicht gemeint.

Herkules.

Es ist mein Name, und auf den bin ich stolz. Ich weiß wohl, wenn ein Fratze keinen Schildhalter unter den Bären, Greifen und Schweinen finden kann, so nimmt er einen Herkules dazu. Denn meine Gottheit ist dir niemals im Traum erschienen.

Wieland.

Ich gestehe, das ist der erste Traum, den ich so habe.

Herkules.

So geh in dich und bitte den Göttern ab deine Noten übern Homer, wo wir dir zu groß sind. Das glaub ich, zu groß!

Wieland.

Wahrhaftig, Ihr seid ungeheuer. Ich hab mir Euch niemals so imaginiert.

Herkules.

Was kann ich davor, daß Er so eine engbrüstige Imagination hat. Wer ist denn Sein Herkules, auf den Er sich so viel zu gute tut? Und was will Er? Für die Tugend! Was heißt die Devise? Hast du die Tugend gesehn, Wieland? Ich bin doch auch in der Welt herumkommen, und ist mir nichts so begegnet.

Wieland.

Die Tugend, für die mein Herckules alles tut, alles wagt, Ihr kennt sie nicht?

Herkules.

Tugend! Ich hab das Wort erst hierunten von ein paar albernen Kerls gehört, die keine Rechenschaft davon zu geben wußten.

Wieland.

Ich bin's ebensowenig imstande. Doch laßt uns darüber keine Worte verderben. Ich wollte, Ihr hättet meine Gedichte gelesen, und Ihr würdet finden, daß ich selbst die Tugend wenig achte. Sie ist ein zweideutiges Ding.

Herkules.

Ein Unding ist sie, wie alle Phantasie, die mit dem Gang der Welt nicht bestehen kann. Eure Tugend kommt mir vor wie ein Zentaur; solang der vor Eurer Imagination herumtrabt, wie herrlich, wie kräftig! und wenn der Bildhauer Euch ihn hinstellt, welch übermenschliche Form! — Anatomiert ihn und findet vier Lungen, zwei Herzen, zwei Mägen. Er stirbt im Augenblicke der Geburt wie ein andres Mißgeschöpf, oder ist nie außer Eurem Kopf erzeugt worden.

Wieland.

Tugend muß doch was sein, sie muß wo sein.

Herkules.

Bei meines Vaters ewigem Bart! Wer hat daran gezweifelt? Und mich dünkt, bei uns wohnte sie, Halbgöttern und Helden. Meinst du, wir lebten wie das Vieh, weil eure Bürger sich vor den Faustrechtszeiten kreuzigen? Wir hatten die bravsten Kerls unter uns.

Wieland.

Was nennt ihr brave Kerls?

Herkules.

Einen, der mitteilt, was er hat. Und der reichste ist der bravste. Hatte einer Überfluß an Kräften, so prügelte er die andern aus. Und versteht sich, ein rechter Mann gibt sich nie mit Geringern ab, nur mit seinesgleichen, auch Größern wohl. Hatte einer denn Überfluß an Säften, machte er den Weibern so viel Kinder, als sie begehrten, auch wohl ungebeten. Wie ich denn selbst in einer Nacht funfzig Buben ausgearbeitet habe. Fehlt es einem denn an beiden, und der Himmel hatte ihm, oder auch wohl dazu, Erb und Hab vor Tausenden gegeben, eröffnete er seine Türen und hieß Tausende willkommen, mit ihm zu genießen. Und da steht Admet, der wohl der Bravste in diesem Stücke genannt werden kann.

Wieland.

Das meiste davon wird zu unsern Zeiten für Laster gerechnet.

Herkules.

Laster, das ist wieder ein schönes Wort. Dadurch wird eben alles so halb bei euch, daß ihr euch Tugend und Laster als zwei Extrema vorstellt, zwischen denen ihr schwankt. Anstatt euern Mittelzustand als den positiven anzusehn und den besten, wie's eure Bauern und Knechte und Mägde noch tun.

Wieland.

Wenn Ihr diese Gesinnungen in meinem Jahrhunderte merken ließet, man würde Euch steinigen. Haben sie mich wegen meiner kleinen Angriffe an Tugend und Religion so entsetzlich verketzert.

Herkules.

Was ist da viel anzugreifen? Die Pferde, Menschenfresser und Drachen, mit denen hab ich's aufgenommen, mit Wolken niemals, sie wollten eine Gestalt haben, wie sie mochten. Die überläßt ein gescheiter Mann dem Winde, der sie zusammengeführt hat, wieder zu verwehen.

Wieland.

Ihr seid ein Unmensch! Ein Gotteslästrer.

Herkules.

Will dir das nicht in Kopf? Aber des Prodikus Herkules, das ist dein Mann. Eines Schulmeisters Herkules. Ein unbärtiger Sylvio am Scheideweg. Wären mir die Weiber begegnet, siehst du, eine unter den Arm, eine unter den, und alle beide hätten mit fortgemußt. Darin ist dein Amadis kein Narr, ich laß dir Gerechtigkeit widerfahren.

Wieland.

Kenntet Ihr meine Gesinnungen, Ihr würdet noch anders denken.

Herkules.

Ich weiß genug. Hättest du nicht zu lang unter der Knechtschaft deiner Sittenlehre geseufzt, es hätte noch was aus dir werden können. Denn jetzt hängen dir immer noch die scheelen Ideale an. Kannst nicht verdauen, daß ein Halbgott sich betrinkt und ein Flegel ist, seiner Gottheit ohnbeschadet. Und wunder meinst, wie du einen Kerl prostituiert hättest, wenn du ihn untern Tisch,oder zum Mädel auf die Streu bringst. Weil eure Hochwürden das nicht Wort haben wollen.

Wieland.

Ich empfehle mich.

Herkules.

Du möchtest aufwachen. Noch ein Wort. Was soll ich von eines Menschen Verstand denken, der in seinem vierzigsten Jahr ein groß Werks und Wesens draus machen kann und fünf, sechs Bücher voll schreiben, davon, daß ein Maidel mit kaltem Blut kann bei drei, vier Kerls liegen und sie eben in der Reihe herum liebhaben. Und daß die Kerls sich drüber beleidigt finden und doch wieder anbeißen. Ich sehe gar nicht —

Plutoinwendig.

He! Ho! Was für ein verfluchter Lärm da draußen. Herkules, dich hört man überall vor. Kann man denn nicht einmal ruhig liegen bei seinem Weibe, wenn sie nichts dagegen hat.

Herkules.

So gehabt Euch wohl, Herr Hofrat.

Wielanderwachend.

Sie reden, was sie wollen: mögen sie doch reden, was kümmert's mich.