(Franz kommt mit einem Brief.)
Franz. Hier, gnädige Frau.
Adelheid. Gab dir Karl ihn selbst?
Franz. Ja.
Adelheid. Was hast du? Du siehst so kummervoll.
Franz. Es ist Euer Wille, daß ich mich totschmachten soll; in den Jahren der Hoffnung macht Ihr mich verzweifeln.
Adelheid. Er dauert mich — und wie wenig kostet's mich, ihn glücklich zu machen! Sei gutes Muts, Junge. Ich fühle deine Lieb und Treu, und werde nie unerkenntlich sein.
Franz (beklemmt). Wenn Ihr das fähig wärt, ich müßte vergehn. Mein Gott, ich habe keinen Blutstropfen in mir, der nicht Euer wäre, keinen Sinn, als Euch zu lieben und zu tun, was Euch gefällt!
Adelheid. Lieber Junge!
Franz. Ihr schmeichelt mir. (In Tränen ausbrechend.) Wenn diese Ergebenheit nichts mehr verdient, als andere sich vorgezogen zu sehn, als Eure Gedanken alle nach dem Karl gerichtet zu sehn —
Adelheid. Du weißt nicht, was du willst, noch weniger, was du redst.
Franz (vor Verdruß und Zorn mit dem Fuß stampfend). Ich will auch nicht mehr. Will nicht mehr den Unterhändler abgeben.
Adelheid. Franz! Du vergißt dich.
Franz. Mich aufzuopfern! Meinen lieben Herrn!
Adelheid. Geh mir aus dem Gesicht.
Franz. Gnädige Frau!
Adelheid. Geh, entdecke deinem lieben Herrn mein Geheimnis. Ich war die Närrin, dich für was zu halten, das du nicht bist.
Franz. Liebe gnädige Frau, Ihr wißt, daß ich Euch liebe.
Adelheid. Und du warst mein Freund, meinem Herzen so nahe. Geh, verrat mich.
Franz. Eher wollt ich mir das Herz aus dem Leibe reißen! Verzeiht mir, gnädige Frau. Mein Herz ist zu voll, meine Sinnen halten's nicht aus.
Adelheid. Lieber warmer Junge! (Faßt ihn bei den Händen, zieht ihn zu sich, und ihre Küsse begegnen einander; er fällt ihr weinend um den Hals.)
Adelheid. Laß mich!
Franz (erstickend in Tränen an ihrem Hals). Gott! Gott!
Adelheid. Laß mich, die Mauern sind Verräter. Laß mich. (Macht sich los.) Wanke nicht von deiner Lieb und Treu, und der schönste Lohn soll dir werden. (Ab.)
Franz. Der schönste Lohn! Nur bis dahin laß mich leben! Ich wollte meinen Vater ermorden, der mir diesen Platz streitig machte.
Jagsthausen
Götz an einem Tisch. Elisabeth bei ihm mit der Arbeit; es steht ein Licht auf dem Tisch und Schreibzeug.
Götz. Der Müßiggang will mir gar nicht schmecken, und meine Beschränkung wird mir von Tag zu Tag enger; ich wollt, ich könnt schlafen, oder mir nur einbilden, die Ruhe sei was Angenehmes.
Elisabeth. So schreib doch deine Geschichte aus, die du angefangen hast. Gib deinen Freunden ein Zeugnis in die Hand, deine Feinde zu beschämen; verschaff einer edlen Nachkommenschaft die Freude, dich nicht zu verkennen.
Götz. Ach! Schreiben ist geschäftiger Müßiggang, es kommt mir sauer an. Indem ich schreibe, was ich getan, ärger ich mich über den Verlust der Zeit, in der ich etwas tun könnte.
Elisabeth (nimmt die Schrift). Sei nicht wunderlich. Du bist eben an deiner ersten Gefangenschaft in Heilbronn.
Götz. Das war mir von jeher ein fataler Ort.
Elisabeth (liest). »Da waren selbst einige von den Bündischen, die zu mir sagten: ich habe törig getan, mich meinen ärgsten Feinden zu stellen, da ich doch vermuten konnte, sie würden nicht glimpflich mit mir umgehn; da antwortet ich: «Nun, was antwortetest du? Schreibe weiter.
Götz. Ich sagte:»Setz ich so oft meine Haut an anderer Gut und Geld, sollt ich sie nicht an mein Wort setzen?»
Elisabeth. Diesen Ruf hast, du.
Götz. Den sollen sie mir nicht nehmen! Sie haben mir alles genommen, Gut, Freiheit —
Elisabeth. Es fällt in die Zeiten, wie ich die von Miltenberg und Singlingen in der Wirtsstube fand, die mich nicht kannten. Da hatt' ich eine Freude, als wenn ich einen Sohn geboren hätte. Sie rühmten dich untereinander und sagten:»Er ist das Muster eines Ritters, tapfer und edel in seiner Freiheit «und gelassen und treu im Unglück.»
Götz. Sie sollen mir einen stellen, dem ich mein Wort gebrochen! Und Gott weiß, daß ich mehr geschwitzt hab, meinem Nächsten zu dienen, als mir, daß ich um den Namen eines tapfern und treuen Ritters gearbeitet habe, nicht um hohe Reichtümer und Rang zu gewinnen. Und Gott sei Dank, worum ich warb, ist mir worden.
(Lerse. Georg mit Wildbret.)
Götz. Glück zu, brave Jäger!
Georg. Das sind wir aus braven Reitern geworden. Aus Stiefeln machen sich leicht Pantoffeln.
Lerse. Die Jagd ist doch immer was, und eine Art von Krieg.
Georg. Wenn man nur hierzulande nicht immer mit Reichsknechten zu tun hätte. Wißt Ihr, gnädiger Herr, wie Ihr uns prophezeitet: wenn sich die Welt umkehrte, würden wir Jäger werden. Da sind wir's ohne das.
Götz. Es kommt auf eins hinaus, wir sind aus unserm Kreise gerückt.
Georg. Es sind bedenkliche Zeiten. Schon seit acht Tagen läßt sich ein fürchterlicher Komet sehen, und ganz Deutschland ist in Angst, es bedeute den Tod des Kaisers, der sehr krank ist.
Götz. Sehr krank! Unsere Bahn geht zu Ende.
Lerse. Und hier in der Nähe gibt's noch schrecklichere Veränderungen. Die Bauern haben einen entsetzlichen Aufstand erregt.
Götz. Wo?
Lerse. Im Herzen von Schwaben. Sie sengen, brennen und morden. Ich fürchte, sie verheeren das ganze Land.
Georg. Einen fürchterlichen Krieg gibt's. Es sind schon an die hundert Ortschaften aufgestanden, und täglich mehr. Der Sturmwind neulich hat ganze Wälder ausgerissen, und kurz darauf hat man in der Gegend, wo der Aufstand begonnen, zwei feurige Schwerter kreuzweis in der Luft gesehn.
Götz. Da leiden von meinen guten Herrn und Freunden gewiß unschuldig mit!
Georg. Schade, daß wir nicht reiten dürfen!
Fünfter Akt
Bauernkrieg. Tumult in einem Dorf und Plünderung
Weiber und Alte mit Kindern und Gepäcke. Flucht.
Alter. Fort! Fort! daß wir den Mordhunden entgehen.
Weib. Heiliger Gott, wie blutrot der Himmel ist, die untergehende Sonne blutrot!
Mutter. Das bedeut Feuer.
Weib. Mein Mann! Mein Mann!
Alter. Fort! Fort! In Wald!
(Ziehen vorbei. — Link.)
Link. Was sich widersetzt, niedergestochen! Das Dorf ist unser. Daß von Früchten nichts umkommt, nichts zurückbleibt. Plündert rein aus und schnell! Wir zünden gleich an.
(Metzler vom Hügel heruntergelaufen.)
Metzler. Wie geht's Euch, Link?
Link. Drunter und drüber, siehst du, du kommst zum Kehraus. Woher?
Metzler. Von Weinsberg. Da war ein Fest.
Link. Wie?
Metzler. Wir haben sie zusammengestochen, daß eine Lust war.
Link. Wen alles?
Metzler. Dietrich von Weiler tanzte vor. Der Fratz! Wir waren mit hellem wütigem Hauf herum, und er oben auf'm Kirchturn wollt gütlich mit uns handeln. Paff! Schoß ihn einer vorn Kopf. Wir hinauf wie Wetter, und zum Fenster herunter mit dem Kerl.
Link. Ah!
Metzler (zu den Bauern). Ihr Hund', soll ich euch Bein' machen! Wie sie zaudern und trenteln, die Esel.
Link. Brennt an! sie mögen drin braten! Fort! Fahrt zu, ihr Schlingel!
Metzler. Darnach führten wir heraus den Helfenstein, den Eltershofen, an die dreizehn von Adel, zusammen auf achtzig. Herausgeführt auf die Ebne gegen Heilbronn. Das war ein Jubilieren und ein Tumultuieren von den Unsrigen, wie die lange Reih arme reiche Sünder daherzog, einander anstarrten, und Erd und Himmel! Umringt waren sie, ehe sie sich's versahen, und alle mit Spießen niedergestochen.
Link. Daß ich nicht dabei war!
Metzler. Hab mein Tag so kein Gaudium gehabt.
Link. Fahrt zu! Heraus!