Выбрать главу

„Falls Sie soweit sind, Doktor Conway und Doktor Edwards, wir wären bereit.“

„Diesmal klappt das ja viel besser als bei Ihrem ersten Besuch im Hospital“, bemerkte Conway an Surreshun gewandt, während ihm Edwards half, das Lebenserhaltungssystem des Dramboners aus dem Laderaum zu manövrieren. „Dieses Mal wissen wir wenigstens, was wir tun.“

„Es besteht keinerlei Notwendigkeit, sich zu entschuldigen, Freund Conway“, entgegnete Surreshun mit ausdrucksloser Translatorstimme. „Für ein Lebewesen von meiner enormen Intelligenz, das zudem mit hohen moralischen Werten ausgestattet ist, machen das Verständnis für die geistigen Mängel geringerer Wesen und natürlich die Vergebung jeglichen Unrechts, das diese mir möglicherweise zugefügt haben, lediglich einen geringen Teil meiner großmütigen und facettenreichen Persönlichkeit aus.“

Conway war sich gar nicht bewußt gewesen, daß er sich entschuldigt hatte, doch für ein Wesen, dem der Begriff Bescheidenheit vollkommen fremd war, hatten seine Äußerungen möglicherweise so geklungen. Er verhielt sich diplomatisch und entgegnete lieber nichts.

Das Abfertigungsteam der Schleuse dreiundzwanzig kam, um ihnen dabei zu helfen, Surreshuns Rad zum Eingang zu den wassergefüllten AUGL-Stationen zu bringen. Der Teamleiter, dessen schwarzer Anzug rot- und gelbgestreifte Ärmel und Hosenbeine hatte, die ihn wie einen der Neuzeit angepaßten Hofnarren aussehen ließen, schwamm nach oben zu Conway und berührte dessen Helm mit seinem.

„Tut mir leid, daß ich das auf diese Art tun muß, Doktor“, sagte er mit deutlicher, wenn auch durch das Übertragungsmedium leicht verzerrter Stimme, „aber es ist plötzlich ein Notfall eingetreten, und ich will nicht die Anzugfrequenz einstellen. Ich möchte, daß Sie sich alle so schnell wie möglich auf die Station begeben. Surreshun ist ja schon vorher einmal durch unsere Hände gegangen, deshalb brauchen wir uns um ihn keine Sorgen zu machen. Sie müssen also nur die Verantwortung für das andere Wesen übernehmen, wo immer sich das auch gerade befindet. Was, zum Teufel, ist das?“

Das zweite Wesen hatte sich um Kopf und Schultern des Leiters gewickelt, fesselte seine Arme und beschnupperte ihn wie ein Hund mit einem Dutzend unsichtbarer Köpfe.

„Vielleicht mag er Sie“, sagte Conway. „Wenn Sie ihn eine Minute lang gar nicht beachten, geht er von selbst weg.“

„Tiere finden mich immer unwiderstehlich“, entgegnete der Teamleiter trocken. „Ich wollte, von den Frauen meiner eigenen Spezies könnte man dasselbe sagen.“

Conway schwamm um den SRJH herum und dann über ihn, packte zwei kräftige Handvoll der elastischen transparenten Haut des Dramboners und strampelte seitlich mit den Beinen im Wasser, bis das vordere Ende des Wesens auf den Stationseingang gerichtet war. Große langsame Wellen liefen den Körper des SRJH entlang, und es begann mit wogenden Bewegungen wie ein schimmernder fliegender Teppich auf den Korridor zuzuschwimmen, der zur AUGL-Station führte. Dicht hinter ihm folgte Surreshuns Riesenrad mit weniger Anmut.

„Ein Notfall, sagten Sie?“

„Ja, Doktor“, antwortete der Teamleiter über Anzugfunk. „Aber die nächsten zehn Minuten wird wohl nichts passieren, deshalb kann ich den Anzugfunk benutzen, wenn wir uns kurz fassen. Meines Wissens ist eine kelgianische Schwester, die im hudlarischen OP arbeitet, während einer Operation durch einen Muskelkrampf und eine unwillkürliche Bewegung der vorderen Tentakeln des Patienten verletzt worden. Die Verletzungen werden durch die Auswirkungen der Kompression kompliziert und zusätzlich durch die Tatsache, daß die Bestandteile dieser unter hohem Druck stehenden Suppe, die die Hudlarer atmen, für den Stoffwechsel der Kelgianer hochgiftig sind. Doch zu einem Notfall hat sich das Ganze erst durch die enormen Blutungen entwickelt. Sie kennen ja die Kelgianer.“

„Ja, allerdings“, sagte Conway.

Selbst eine kleine Stich- oder Schnittwunde stellte für Kelgianer eine sehr ernsthafte Angelegenheit dar. Sie waren riesige, pelzige Raupen, und lediglich ihr Gehirn, das im stumpfen, kegelförmigen Kopfteil lag, wurde von etwas geschützt, das einer Knochenstruktur ähnelte. Der Körper eines kelgianischen Wesens setzte sich aus einer Reihe von kreisförmigen Muskelbändern zusammen, die nicht nur zur Fortbewegung dienten, sondern darüber hinaus auch die lebenswichtigen Organe im Körperinnern schützten. Dieser Schutz war vom Standpunkt eines Lebewesens, dessen Körper von einem üppigeren Knochengerüst gestützt wurde, allerdings alles andere als ausreichend.

Die Schwierigkeit war, daß Puls und Blutdruck der Kelgianer nach terrestrischen Maßstäben abnorm hoch waren, damit diese gewaltigen Muskelbänder ausreichend mit Blut versorgt werden konnten.

„Man hat es nicht geschafft, die Blutungen hinreichend unter Kontrolle zu bekommen“, fuhr der Teamleiter fort, „und deshalb wird die Kelgianerin von der Hudlarerstation, die sich zwei Ebenen über uns befindet, in den kelgianischen OP genau unter uns verlegt. Um Zeit zu sparen, transportiert man sie durch die wassergefüllten Ebenen. Entschuldigen Sie mich, Doktor, da kommen sie gerade.“

Genau in diesem Augenblick passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Mit einem unübersetzbaren Vergnügungsgluckser löste sich Surreshun vom Rad, rollte schwerfällig auf dem Boden entlang und fuhr langsam im Zickzack auf die Gruppe von Patienten und Schwestern zu, deren Zusammensetzung sich von den gedrungenen, krabbenähnlichen Melfanern bis zu den zwölf Meter langen Krokodilen mit Tentakeln erstreckte, die von dem mit Ozeanen überzogenen Planeten Chalderescol stammten. Der andere Dramboner hatte sich aus Conways Griff gewunden und schwamm fort, während sich hoch oben an der gegenüberliegenden Wand eine Luke öffnete, durch die die verletzte Kelgianerin gerade hereingebracht wurde. Dabei wurde sie von so vielen Wesen begleitet, daß Conways Hilfe weder notwendig noch erwünscht war.

Es handelte sich um fünf Terrestrier, die wie Conway leichte Anzüge trugen, zwei Kelgianer und einen Illensaner, durch dessen durchsichtige Hülle man das neblige Gelb des Chlors im Innern sehen konnte. In einem der terrestrischen Helme steckte ein Kopf, den Conway als den seines Freunds Mannon erkannte, der Spezialist für hudlarische Chirurgie war. Sie umschwärmten die kelgianische Verletzte wie ein Schwarm unbeholfener Fische und schoben und zogen sie zur anderen Seite der Station. Der Schwarm wuchs noch an, als der Leiter des Abfertigungsteams mit seinen Männern näher heranschwamm, um die Lage zu sondieren. Die drambonische Qualle näherte sich ebenfalls.

Zuerst dachte Conway, der SRJH wäre bloß neugierig, doch dann sah er, daß der schillernde Teppich mit voller Absicht auf das verletzte Wesen zuschwamm.

„Halten Sie ihn auf!“ schrie Conway.

Alle Anwesenden konnten ihn hören, denn er sah, wie sie zusammenzuckten, als seine Stimme ohrenbetäubend aus den Kopfhörern in ihren Anzügen dröhnte. Aber sie wußten nicht, wer oder was aufzuhalten war, und nicht einmal wie — und es blieb auch keine Zeit, ihnen irgend etwas zu erklären.

Während er auf die Trägheit des Wassers fluchte, schwamm Conway wie wild auf die verletzte Kelgianerin zu, um zu versuchen, den Dramboner rechtzeitig abzufangen. Doch die große blutdurchtränkte Stelle im Pelz an der Seite der Kelgianerin zog die Qualle wie einen Magneten an, und die Anziehungskraft wuchs — ebenfalls wie bei einem Magneten — im doppelten Quadrat zur Entfernung. Conway blieb keine Zeit mehr, eine Warnung zu rufen, als der Dramboner auch schon leicht gegen die Kelgianerin stieß und sich festklammerte.

Es gab eine leichte Luftblasenexplosion, als die gallertartigen Tentakel der drambonischen Qualle die Drucktragbahre der Kelgianerin zerrissen, in den bereits beschädigten Anzug vordrangen, den die Kelgianerin bereits im hudlarischen OP getragen hatte, und sich unter das dicke silberne Fell schoben. Innerhalb weniger Sekunden nahm der durchsichtige Körper des SRJH einen sich vertiefenden Rotton an, während der Dramboner das Blut aus der verletzten Kelgianerin saugte.