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„…wahrscheinlich waren Sie damals zu verwirrt und haben sich in der Entfernung verschätzt“, beendete Conway den Satz nachsichtig. „Oder vielleicht haben Sie sich einfach nur eingebildet, daß eine solche Halterung da war.“

Auf der anderen Seite des Krankenbetts fing Prilicla wieder zu zittern an und sagte: „Es tut mir leid, Doktor, keine Echos.“

„Ich hab auch keine erwartet“, entgegnete Conway. „Es hat sich inzwischen entfernt.“

Harrison blickte mit verdutztem und leicht gekränktem Gesichtsausdruck vom einen zum anderen und sagte: „Vielleicht hab ich mir wirklich nur eingebildet, daß diese Stütze da war. Sie hat mich jedenfalls nicht getragen, und ich bin gefallen. Das Schiffslandebein auf meiner Seite wurde jedenfalls während des Starts aus seiner Verankerung gerissen, und das dadurch zertrümmerte und verzogene Gehäuse versperrte den Raum zwischen Innen- und Außenhaut so fest, daß ich nicht mehr herauskommen konnte. Außerdem verliefen die Kontrolleitungen zum Maschinenraum zu dicht an mir vorbei, als daß man es riskieren wollte, mich herauszuschneiden. Unser Arzt meinte, es sei besser, zum Orbit Hospital zu fliegen, um mich dort durch Ihre in schwierigen Bergungen erfahrenen Fachleute herausschneiden zu lassen. Deshalb bin ich schließlich von der Descartes mit meinem gebrochenen Bein hier eingeliefert worden, natürlich samt der Kostproben von diesem appetitlichen Fleischkloß.“

Conway blickte kurz zu Prilicla hinüber und fragte dann den Lieutenant: „Hat denn der cinrusskische Empath an Bord der Descartes während des Rückflugs die ganze Zeit Ihre Emotionen überwacht?“

Harrison schüttelte den Kopf. „Dazu bestand keine Notwendigkeit. Außerdem hatte ich trotz der Medikamente im Anzug Schmerzen, und das wäre für einen Empathen unangenehm gewesen. Und man konnte sich mir sowieso allenfalls nur bis auf zehn, zwölf Meter nähern.“

Der Lieutenant hielt inne und fuhr dann in einem heiteren Ton fort, als wolle er ein unerfreuliches Thema wechseln. „Als nächstes werden wir ein unbemanntes, mit Kommunikationsanlagen ausgerüstetes Schiff hinschicken. Wenn dieser Krater lediglich ein riesiges Maul ist, verbunden mit einem noch größeren Bauch und ohne jede Intelligenz, dann verlieren wir im schlimmsten Fall ein ferngesteuertes Fluggerät, und das Wesen bekommt eine Magenverstimmung. Doch wenn es intelligent ist oder es auf dem Planeten noch kleinere intelligente Wesen gibt, die die größeren Kreaturen abgerichtet haben, ihnen zu dienen — was laut unserer Kontaktspezialisten sogar sehr wahrscheinlich ist —, dann sind sie bestimmt neugierig und werden versuchen, mit uns zu kommunizieren.“

„Allein bei diesem Gedanken wird mir schon ganz schwindlig“, entgegnete Conway lächelnd. „Im Moment versuche ich verzweifelt, nicht an die medizinischen Probleme zu denken, die eine Bestie von der Größe eines Subkontinents bereiten würde. Doch um ins Hier und Jetzt zurückzukehren, Lieutenant, wir beide sind Ihnen für die Informationen, die Sie uns gegeben haben, sehr dankbar und hoffen, Sie haben nichts dagegen, wenn wir Sie demnächst noch einmal aufsuchen, um Sie.“

„Jederzeit“, antwortete Harrison. „Ich helfe Ihnen gern. Wissen Sie, die meisten Schwestern hier haben merkwürdige Mundwerkzeuge, irgendwelche Greiforgane oder Tentakel oder zu viele Füße. nichts für ungut, Doktor Prilicla.“

„Keine Ursache“, erwiderte Prilicla. „Und meine Vorstellungen von barmherzigen Engeln mögen zwar ein wenig altmodisch sein, sie gehen aber doch eine andere Richtung“, schloß der Lieutenant mit säuerlicher Miene, als sich Conway und Prilicla bereits zum Gehen wandten.

Auf dem Korridor rief Conway in Murchisons Unterkunft an. Und erst nachdem er ihr erklärt hatte, was er von ihr wollte, war sie aus ihrem Schlaf wirklich erwacht.

„Ich hab bereits in zwei Stunden Dienst und muß dann sechs Stunden durcharbeiten“, sagte sie gähnend. „Und normalerweise verbringe ich meine kostbare Zeit nicht damit, bei einsamen Patienten die Mata Hari zu spielen. Aber wenn er Informationen besitzt, die Doktor Mannon helfen könnten, dann macht es mir überhaupt nichts aus. Für den Mann würde ich alles tun.“

„Und was ist mit mir?“

„Für dich würde ich fast alles tun, Liebling. Bis dann.“

Conway hängte den Hörer auf und sagte zu Prilicla: „Irgend etwas muß sich zum Schiff Zutritt verschafft haben. Harrison hat ähnlich halluzinatorische Erscheinungen wie das OP-Personal gehabt. Aber ich denke immer noch über das Loch in der Außenhaut nach. schließlich brauchte eine körperlose Intelligenz kein Loch zu machen, um irgendwo hineinzugelangen. Und dann diese Gesteinsbrocken, von denen der Rumpf getroffen wurde. Angenommen, das war nur eine Nebenwirkung des immateriellen Haupteinflusses, eine Störung, ähnlich dem Poltergeist-Phänomen. Welchen Schluß läßt das zu?“

Prilicla hatte keine Ahnung.

„Wahrscheinlich werde ich es im nachhinein bereuen“, fuhr Conway fort, „aber ich denke, ich sollte O’Mara anrufen.“

Doch zunächst ließ der Chefpsychologe Conway erst gar nicht zu Wort kommen. Dr. Mannon hatte nämlich kurz zuvor O’Maras Büro verlassen. Der Chefarzt hatte ihm berichtet, daß sich der Zustand des hudlarischen Patienten plötzlich verschlechtert habe, was seiner Ansicht nach spätestens bis zum morgigen Mittag eine zweite Operation notwendig machte. Wie O’Mara weiter berichtete, setzte Mannon zwar offensichtlich keine Hoffnung mehr in das Überleben des Patienten, hatte aber gemeint, die geringen Überlebenschancen des Patienten durch eine rasche Operation wenigstens geringfügig verbessern zu können.

„Also bleibt Ihnen nicht mehr allzuviel Zeit, Ihre Theorie zu beweisen, Conway“, schloß O’Mara seinen Bericht. „Nun gut, was wollten Sie mir eigentlich sagen, Doktor?“

Die Neuigkeiten über Mannon hatten Conway böse aus dem Konzept gebracht. Ihm war auf bestürzende Weise klar geworden, daß sein Bericht und seine Ansichten über den Zwischenfall auf dem Fleischkloß nicht sehr überzeugend und — was noch schlimmer war, wenn man es mit O’Mara zu tun hatte — zusammenhanglos klingen würden. Der Chefpsychologe hatte mit Leuten, die auf Umwegen dachten und nicht genau das sagten, was sie meinten, nur wenig Geduld.

„…und die Angelegenheit ist so seltsam“, schloß Conway betreten, „daß ich jetzt fast davon überzeugt bin, die ganze Fleischkloß-Geschichte hat mit Mannons Problem nichts zu tun, es sei denn.“

„Conway!“ unterbrach ihn O’Mara scharf „Sie bewegen sich im Kreis und reden nur dummes Zeug! Sie müssen endlich begreifen: wenn zwei merkwürdige Ereignisse ganz kurz nacheinander auftreten, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß sie einen gemeinsamen Ursprung haben. Mir macht es nicht allzuviel aus, wenn Ihre Theorie ausgesprochen lächerlich ist — immerhin beruht sie auf einer höchst verdrehten Form von Logik —, aber mir macht es sehr wohl etwas aus, wenn Sie generell aufhören zu denken. Unrecht zu haben ist doch wohl weit angenehmer, als dämlich zu sein, Doktor!“

Ein paar Sekunden lang atmete Conway heftig durch die Nase und versuchte, seinen Zorn wenigstens so weit zu bändigen, um eine Antwort geben zu können. Doch O’Mara ersparte ihm weiteren Ärger, indem er einfach die Verbindung unterbrach.

„Er war nicht sehr freundlich zu Ihnen, mein Freund“, sagte Prilicla. „Gegen Ende klang er ziemlich schlechtgelaunt. Aber immerhin ist das eine bedeutende Verbesserung gegenüber den Gefühlen, die er Ihnen heute morgen noch entgegengebracht hat.“

Conway mußte unwillkürlich laut lachen, dann entgegnete er: „Eines Tages werden Sie noch mal vergessen, die passenden Worte zu finden, Doktor, und ich fürchte, dann werden hier alle im Hospital auf der Stelle tot umfallen!“