Выбрать главу

Sie speisten in einem Freiluftrestaurant am Hauptstrom und kehrten dann in die Büros von Mangalavid zurück. Nadia setzte sich wieder vor ihren Bildschirm und machte sich daran, mit so vielen Organisationskomitees zu sprechen, wie sie erreichen konnte. Sie fühlte sich wie Frank 2061 und bediente die Telefone in wilder Eile. Erst jetzt waren sie in Verbindung mit dem ganzen Mars; und sie hatte den klaren Eindruck, daß sie, wenn sie auch keineswegs die Führung hatte, doch zumindest ein gutes Gefühl dafür besaß, was vor sich ging. Und das war wirklich Gold wert. Die eiserne Walnuß in ihrem Magen fing an, sich mehr in so etwas wie Holz zu verwandeln.

Nach einigen Stunden begann sie, zwischen einem Anruf und dem nächsten für Sekunden in Schlaf zu fallen. In Underhill und Shalbatana war jetzt Mitternacht; und sie hatte seit dem Anruf von Sax wegen Antarctica nicht viel geschlafen. Das bedeutete vier oder fünf Tage ohne Schlaf — nein, halt —, sie rechnete nach: drei Tage. Obwohl es sich schon wie drei Wochen anfühlte.

Sie hatte sich gerade auf einer Couch hingelegt, als es ein Geschrei gab und alle in den Korridor rannten und dann hinaus auf die mit Steinen gepflasterte Plaza vor den Mangalavidbüros. Nadia torkelte hinter Sax her, der sie am Arm packte und half, Balance zu halten.

Offenbar gab es ein Loch im Kuppeldach. Die Leute zeigten hin, aber Nadia konnte es nicht erkennen.

»Hier sind wir jetzt besser dran«, sagte Sax mit einem leicht befriedigten Zug um den Mund. »Der Druck unter dem Dach ist nur um hundertfünfzig Millibar höher als außen.«

»Darum zerplatzen die Dächer nicht wie angestochene Ballons«, sagte Nadia und erinnerte sich schaudernd an einige überkuppelte Krater von 2061.

»Und selbst wenn etwas Außenluft eindringt, ist es zumeist Sauerstoff und Stickstoff. Es gibt noch zu viel Kohlendioxid, aber nicht so viel, daß wir alle sofort vergiftet würden.«

»Wenn das Loch aber größer wäre«, sagte Nadia.

»Gewiß.«

Sie schüttelte den Kopf. »Wir müssen den ganzen Planeten sichern, um wirklich in Sicherheit zu sein.«

»Gewiß.«

Nadia ging gähnend wieder hinein. Sie setzte sich wieder an ihre KI und verfolgte die vier Mangalavidkanäle, zwischen denen sie rasch hin und her schaltete. Die meisten großen Städte waren entweder offen für Unabhängigkeit oder in verschiedenen Pattsituationen, bei denen die Sicherheit die Kontrolle über die physikalischen Versorgungsanlagen hatte, aber nichts passierte und ein großer Teil der Bevölkerung in den Straßen wartete, um zu sehen, was als nächstes geschehen würde. Es gab eine Anzahl von Städten und Camps der Firmen, die noch ihre Metanationalen unterstützten. Aber im Falle von Bradbury Point und Huo Hsing Vallis, benachbarten Städten auf der Großen Böschung, hatten sich ihre metanationalen Eltern Amexx und Mahjari auf der Erde bekämpft. Welchen Einfluß das auf diese nördlichen Städte haben würde, war nicht klar; aber Nadia war sicher, daß es ihnen nicht helfen könnte, ihre Lage zu klären.

Es gab noch etliche wichtige Städte im Griff von Subarashii und Amexx, und diese dienten als Magnete für isolierte Sicherheitseinheiten von Metanationalen und UNTA. Burroughs war offenbar unter ihnen führend; aber das galt auch für Cairo, Laßwitz, Sudbury und Sheffield. Im Süden kamen die Menschen aus den Zufluchtsstätten, welche nicht aufgegeben oder vom Expeditionscorps zerstört worden waren, aus ihren Verstecken heraus; und in Vishniac bauten die Bogdanovisten eine Oberflächenkuppel über dem alten Parkplatz für Robotfahrzeuge dicht bei ihrem Mohole. Also würde der Süden ohne Zweifel wieder seine Position als Bollwerk des Widerstandes gewinnen, soviel das wert war. Nadia hielt nicht viel davon. Und die nördliche Polkappe war in ihrer Umwelt so ungeordnet, daß es kaum eine Rolle spielte, wer sie innehatte. Das meiste von ihrem Eis wurde nach Vastitas abgeführt, aber die Polkappe bedeckte sich in jedem Winter mit frischem Schnee. Sie war die ungastlichste Gegend auf dem Mars, und es waren fast gar keine Dauersiedlungen dort übriggeblieben.

Also bestand die umstrittene Zone hauptsächlich in den gemäßigten und äquatorialen Breiten, in dem Band um den Planeten, das vom Vastitas-Eis im Norden und den zwei großen Becken im Süden begrenzt wurde. Und dazu gehörte natürlich auch der Weltraum. Aber Saxens Angriff auf metanationale orbitale Objekte war offenbar erfolgreich gewesen, und seine Entfernung von Deimos aus der Nähe sah jetzt wirklich wie ein glücklicher Schlag aus. Indessen war der Aufzug noch immer in Händen der Metanationalen, und Verstärkungen von der Erde waren jederzeit fällig. Und Sax in Da Vinci hatte offenbar seine meisten Waffen bei dem ersten Angriff aufgebraucht.

Was die Soletta und den Ringspiegel anging, waren diese so groß und zerbrechlich, daß man sie unmöglich verteidigen konnte. Falls jemand sie zerstören wollte, wäre das wohl möglich. Aber Nadia sah keinen Grund dafür. Und falls es geschähe, hätte sie sofort Rote aus ihren eigenen Reihen als Täter in Verdacht.

Und wenn sie es tun sollten, würde ein jeder ohne dieses zusätzliche Licht auskommen wie schon vorher. Sie müßte Sax fragen, was er davon hielte. Und mit Ann darüber sprechen, um zu erfahren, welches ihre Position war. Oder vielleicht war es besser, ihr keine Ideen in den Kopf zu setzen. Sie würde selbst sehen müssen, wie es lief. Was sonst noch …?

Sie schlief mit dem Kopf auf dem Bildschirm ein. Als sie wieder aufwachte, lag sie ausgehungert auf der Couch, und Sax las ihren Schirm. »Es sieht schlecht aus in Sabishii«, sagte er, als er sah, wie sie sich aufrappelte. Sie ging ins Bad, und als sie zurückkam, blickte sie ihm über die Schulter und las weiter, während er redete. »Die Sicherheit kam mit dem Labyrinth nicht zurecht. Darum sind sie nach Burroughs fortgegangen. Aber schau!«

Er hatte zwei Bilder auf dem Schirm. Oben eines von Sabishii, das so wild brannte wie vorher Kasei Vallis. Unten Truppen, die in den Bahnhof von Burroughs strömten. Sie trugen leichten Körperschutz und hatten automatische Waffen. Ihre Fäuste schlugen in die Luft. Burroughs war anscheinend voll dieser Sicherheitskräfte; und die hatten Branch Mesa und Double Decker Butte als Wohnquartiere erobert. Also waren zusammen mit den UNTA-Truppen in der Stadt jetzt Sicherheitsteams aus sowohl Subarashii wie Mahjari — praktisch alle großen Metanationalen waren vertreten, was Nadia veranlaßte, sich zu fragen, was auf der Erde wirklich zwischen denen geschah, ob sie etwa eine Art von Vereinbarung oder ad hoc-.Allianz geschlossen hätten infolge der Krise. Sie rief Art in Burroughs an, um ihn zu fragen, was er meinte.

Er sagte: »Vielleicht sind diese Einheiten auf dem Mars so abgeschnitten, daß sie ihren eigenen Frieden machen. Vielleicht sind sie völlig auf sich allein gestellt.«

»Wenn wir aber noch Kontakt mit Praxis haben … «

»Na ja, aber wir haben sie überrascht. Sie waren sich nicht über den Umfang der Sympathie für den Widerstand bewußt, und so konnten wir die günstige Lage ausnützen. Mayas Strategie des Losschiagens hat sich in diesem Sinne bewährt. Nein, diese Teams könnten gerade jetzt recht gut isoliert sein. In diesem Fall könnten wir den Mars schon jetzt als unabhängig ansehen und mitten in einem Bürgerkrieg befindlich darüber, wer hier die Kontrolle hat. Ich meine, wenn diese Leute in Burroughs uns anrufen und sagen: Okay, der Mars ist eine Welt, groß genug für mehr als eine Regierungsform. Ihr habt eure, und wir haben Burroughs. Versucht nicht, uns die unsere zu nehmen — was würden wir dann sagen?«

»Ich glaube nicht, daß jemand in der Sicherheit der Metanationalen in diesen Maßstäben denkt«, sagte Nadia. »Es ist erst drei Tage her, daß die Dinge über sie hereingebrochen sind.« Sie zeigte auf den Bildschirm. »Schau, da ist Derek Hastings, Chef der Übergangsbehörde. Er war Leiter der Mission Control in Houston, als wir losgeflogen sind, und er ist gefährlich — schlau und sehr hartnäckig. Er wird einfach durchhalten, bis jene Verstärkungen landen.«