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Danach war der Prozeß viele Jahre lang recht einfach. Die Hauptfabrik auf New Clarke stellte ein Kabel aus Karbonfilamenten von Nanorohren her. Diese Nanorohre bestanden aus Kohlenstoffatomen, die zu Ketten verbunden waren, so daß die sie zusammenhaltenden Kräfte so stark waren, wie Menschen sie überhaupt herstellen konnten. Die Filamente waren nur einige Dutzend Meter lang, aber mit überlappenden Enden gebündelt. Dann wurden diese Bündel ihrerseits gebündelt, bis das Kabel einen Durchmesser von neun Metern hatte. Die Fabriken stellten die Filamente her und bündelten sie mit Geschwindigkeiten, die gestatteten, das Kabel mit ungefähr hundert Metern in der Stunde herauszuziehen, zehn Kilometern am Tag, Tagfür Tag, Jahr um Jahr.

Während sich dieser dünne Strang aus gebündeltem Kohlenstoffin den Raum hinzog, bauten Roboter auf einer anderen Fläche des Asteroiden einen Massentreiber, eine Maschine, die das Deuterium aus dem Wasser am Ort benutzte, um zermalmtes Gestein des Asteroiden mit einer Geschwindigkeit von zweihundert Kilometern in der Sekunde fortzuschleudern. Rings um den Asteroiden wurden auch kleinere Maschinen und konventionelle Raketen gebaut und mit Treibstoffversehen. Sie warteten auf die Zeit, daß sie gezündet wurden und die Funktion von Steuerdüsen übernehmen konnten. Andere Fabriken bauten lange Räderfahrzeuge, die an dem wachsenden Kabel hin und her laufen konnten. Und als das Kabel aus dem Asteroiden hinauszuragen begann, wurden kleine Raketen und andere Maschinen daran befestigt.

Der Massentreiber feuerte. Der Asteroid fing an, sich in eine neue Bahn zu bewegen.

Es vergingen Jahre. Die neue Bahn des Asteroiden schnitt die Bahn des Mars so, daß er sich ihm bis auf zehntausend Kilometer näherte. Und die Sammlung von Raketen auf dem Asteroiden feuerte so, daß die Schiverkraft des Mars ihn in eine zunächst stark elliptische Bahn einfing. Die Düsen feuerten ab und zu weiter und regelten den Orbit. Das Kabel trat immer weiter heraus. Es vergingen weitere Jahre.

Etwas über ein Jahrzehnt, nachdem die ersten Lander den Boden berührt hatten, war das Kabel ungefähr dreißigtausend Kilometer lang. Die Masse des Asteroiden betrug etwa acht Milliarden Tonnen, und die Kabelmasse lag bei sieben Milliarden. Der Asteroid befand sich in einer elliptischen Bahn mit einer Periapsis von rund fünfzigtausend Kilometern. Aber jetzt fingen alle Raketen und Massentreiber sowohl auf New Clarke wie auf dem Kabel selbst an zu feuern — manche ständig, aber die meisten stoßweise. Einer der stärksten je hergestellten Computer saß in einer Frachtbucht und koordinierte die Daten von Sensoren und bestimmte, welche Raketen wann zu feuern hatten. Das Kabel, das um diese Zeit vom Mars weg zeigte, fing an, auf ihn zuzuschwingen wie im Zapfenwerk einer kunstvollen Uhr. Der Orbit des Asteroiden wurde kleiner und regelmäßiger.

Auf New Clarke landeten zum ersten Mal seit jenem ersten Kontakt weitere Raketen, und Roboter darin begannen mit dem Bau eines Raumhafens. Die Spitze des Kabels fing an, sich auf den Mars hinabzusenken. Hier stieg die Komplexität des Computers zu einer fast metaphysischen Höhe an; und der gravitative Tanz von Asteroid und Kabel mit dem Planeten wurde immer exakter und bewegte sich zu einer Musik, die ständig langsamer wurde, so daß auch die Bewegungen des großen Kabels, je näher es seiner richtigen Position kam, immer langsamer wurden. Wenn jemand imstande gewesen wäre, dieses Schauspiel im vollen Umfang zu beobachten, dann hätte es ausgesehen wie eine eindrucksvolle Demonstration von Zenons Paradoxon, in welchem der Läufer sich der Ziellinie in immer halbierten Distanzen nähert… Aber niemand hat je das volle Schauspiel gesehen, denn kein Zeuge verfügte über die erforderlichen Sinne. Im Verhältnis gesehen war das Kabel viel dünner als ein Haar. Wäre es auf den Durchmesser eines Haares verkleinert worden, hätte es immer noch eine Länge von Hunderten von Kilometern gehabt. Und so war es nur auf kurze Strecken seiner vollen Länge sichtbar. Man könnte vielleicht sagen, daß der Computer, der es dirigierte, den vollsten Eindruck von ihm hatte. Für Beobachter unten auf der Oberfläche des Mars in der Stadt Sheffield auf dem Vulkan Pavonis Mons, dem ›Pfauenberg‹, erschien das Kabel erstmals wie eine sehr kleine Rakete, die mit einer sehr dünnen, daran befestigten Halteleine herunterkam. So etwas wie ein heller Köder und eine feine Angelschnur, die von irgendwelchen Göttern im nächsten Universum gehalten wurde. Aus dieser Perspektive eines Meeresbodens folgte das Kabel seiner Leitlinie nach unten in den massiven Betonbunker östlich von Sheffield mit quälender Langsamkeit, bis die meisten Leute einfach aufhörten, den vertikalen schwarzen Strich in der oberen Atmosphäre zu beachten.

Aber es kam der Tag, da das untere Ende des Kabels Düsen zündete, um in den Böen seine Position zu halten, sich in das Loch im Dach des Betonbunkers senkte und in seinem Haltering festmachte. Jetzt wurde das Kabel unterhalb des areosynchronen Punktes durch die Gravitation des Mars nach unten gezogen, während der oberhalb davon gelegene Teil bestrebt war, New Clarke in zentrifugalem Flug vom Planeten zu folgen. Und die Karbonfasern des Kabels hielten die Zugkraft aus, und der ganze Apparat rotierte mit der gleichen Geschwindigkeit wie der Planet. Er stand über Pavonis Mons in einer oszillierenden Vibration, durch die er Deimos ausweichen konnte. Das Ganze wurde noch von dem Computer auf New Clarke kontrolliert und die lange Reihe der auf der Karbonsträhne angebrachten Raketen.

Der Aufzug war wieder da. Auf der einen Seite des Kabels wurden Wagen von Pavonis hochgezogen und andere von New Clarke heruntergelassen. Sie bildeten ein Gegengewicht, so daß diefür beide Operationen erforderliche Energie erheblich gemindert wurde. Raumschiffe legten am Raumhafen von New Clarke an, und wenn sie ihn verließen, wurde ein Schleudermanöver ausgeführt. Die Gravitationssenke des Mars wurde dadurch wesentlich verringert und sein ganzer Verkehr mit der Erde und dem übrigen Sonnensystem weniger kostspielig. Es war, als ob eine Nabelschnur wieder angebracht worden wäre.

Er stand in der Mitte eines vollkommen geregelten Lebens, als man ihn einzog und zum Mars schickte.

Die Anweisung kam in Form eines Fax, das aus seinem Telefon erschien in dem Apartment, das Art Randolph erst im Monat zuvor gemietet hatte, nachdem er und seine Frau sich für eine Trennung auf Probe entschieden hatten. Das Fax war kurz:

»Lieber Arthur Randolph: William Fort lädt Sie zu einem privaten Seminar ein. Ein Flugzeug wird San Francisco Airport um 09.00 verlassen am 22. Februar 2201.«

Art starrte das Papier erstaunt an. William Fort war der Gründer von Praxis, der Transnationalen, die seine Gesellschaft einige Jahre zuvor erworben hatte. Fort war sehr alt, und seine Stellung in der Transnationalen war, wie man sagte, so etwas wie die eines halb pensionierten Emeritus. Aber er hielt immer noch private Seminare ab, die allgemein bekannt waren, obwohl es nur sehr wenig konkrete Information über sie gab. Es hieß, daß er Leute aus allen Tochtergesellschaften der Transnat einlüde, daß sie sich in San Francisco trafen und mit einem Privatjet zu einem geheimen Ort geflogen wurden. Niemand wußte, was dort geschah. Leute, die teilnahmen, wurden gewöhnlich danach versetzt, und falls nicht, hielten sie den Mund in einer Weise, die einen zögern ließ. Es war also ein Geheimnis.

Art war über die Einladung überrascht, beunruhigt, aber doch im Grunde erfreut. Vor seiner Einstellung war er Mitbegründer und technischer Direktor einer kleinen Firma namens Dumpmines gewesen, die das wertvolle Material barg, das man in einer verschwenderischeren Zeit weggeworfen hatte. Es war eine Überraschung gewesen, daß Praxis sie aufgekauft hatte, eine sehr angenehme Überraschung, da ein jeder in Dumpmines von der Beschäftigung bei einer kleinen Firma zur Volontärmitgliedschaft in einer der reichsten Organisationen in der Welt überging. Er wurde mit ihren Aktien bezahlt, stimmte bei ihrer Politik mit und war frei, alle ihre Hilfsmittel in Anspruch zu nehmen.