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Seine Hörer lauschten mißmutig.

»Also expandiert alles. Aber das kann nicht geschehen im Widerspruch zum Gesetz der Erhaltung von Materie und Energie. Ganz gleich, wie wirksam Ihr Output ist, Sie können ihn nicht größer machen als den Input.«

Art notierte: Output nicht größer als Input — alles ist Ökonomie — natürliches Kapital — massiv überzogen.

»Als Reaktion auf diese Situation hat eine Gruppe hier bei Praxis an etwas gearbeitet, das wir volle Weltökonomie nennen.«

»Sollte das eine überfüllte Welt sein?« fragte Art.

Fort schien ihn nicht zu hören. »Nun sind, wie Daly sagte, von Menschen erzeugtes Kapital und natürliches Kapital nicht austauschbar. Das liegt auf der Hand; aber da die meisten Ökonomen es immer noch für austauschbar erklären, muß man das betonen. Wenn Sie ein Haus bauen, können Sie mit der Anzahl von Motorsägen und Zimmerleuten jonglieren, was bedeutet, daß sie austauschbar sind; aber Sie können es nicht mit der halben Menge an Bauholz erbauen, ganz gleich, wie viele Sägen oder Zimmerleute Sie haben. Versuchen Sie es, und Sie haben ein Luftschloß. Und in einem solchen leben wir jetzt.«

Art schüttelte den Kopf und blickte auf seine Notizseite, die er wieder gefüllt hatte. Ressourcen und Kapital nicht austauschbar — Motorsägen/Zimmerleute — Luftschloß.

»Verzeihung!« sagte Sam. »Sagten Sie natürliches Kapital?«

Fort drehte sich schroff um und sah Sam an. »Ja?«

»Ich dachte, Kapital wäre definitionsgemäß von Menschen gemacht. Die erzeugten Produktionsmittel, wie wir es zu definieren gelernt haben.«

»Ja. Aber in einer kapitalistischen Welt hat das Wort Kapital immer mehr verschiedene Anwendungen bekommen. Zum Beispiel sprechen die Leute von menschlichem Kapital, welches Arbeit durch Bildung und Werkserfahrung ansammelt. Menschliches Kapital unterscheidet sich von der klassischen Art dadurch, daß man es nicht erben kann; und es kann nur gemietet, nicht aber geoder verkauft werden.«

»Wenn man nicht Sklaverei mitrechnet«, sagte Art.

Fort runzelte die Stirn. »Dieser Begriff von natürlichem Kapital ähnelt tatsächlich der traditionellen Definition mehr als menschliches Kapital. Es kann besessen und vererbt werden und in erneuerbares und nicht erneuerbares, vermarktetes und nicht vermarktetes unterteilt werden.«

»Wenn aber alles Kapital der einen oder anderen Art ist«, sagte Amy, »kann man verstehen, warum Leute denken, daß die eine Art mit der anderen austauschbar wäre. Wenn man sein von Menschen gewonnenes Kapital benutzt, um weniger natürliches Kapital zu nutzen, ist das keine Substitution?«

Fort schüttelte den Kopf. »Das ist Wirkungsgrad. Kapital ist eine Größe des Inputs, und Wirkungsgrad ist das Verhältnis von Output zu Input. Ganz gleich, wie leistungsfähig Kapital ist, es kann nicht etwas aus nichts machen.«

»Neue Energiequellen …«, warf Max ein.

»Aber wir können keinen Boden aus Elektrizität gewinnen. Fusionsenergie und sich selbst reproduzierende Maschinen haben uns enorme Mengen an Energie gebracht; aber wir müssen -Grundvorräte haben, um diese Energie anzuwenden. Und so rennen wir zu einer Schranke, wo keine Substitutionen mehr möglich sind.«

Fort starrte sie alle an und zeigte immer noch jene urtümliche Ruhe, die Art zu Anfang aufgefallen war. Art blickte auf seine Notizen. Natürliches Kapital — menschliches Kapital — Energie gegen Materie — Elektrischer Boden — Bitte keine Substitutionen. Er grinste und schaltete auf eine neue Seite.

»Leider arbeiten die meisten Ökonomen noch mit dem Leere-Welt-Modell der Ökonomie«, erklärte Fort.

»Das Volle-Welt-Modell scheint offenkundig«, erwiderte Sally. »Das ist einfach gesunder Menschenverstand. Warum sollten irgendwelche Ökonomen es ignorieren?«

Fort zuckte die Achseln und machte eine neue schweigende Runde durch das Zimmer. Arts Hals wurde allmählich müde.

»Wir verstehen die Welt durch Paradigmen. Der Übergang von einer Ökonomie der leeren Welt zu einer der vollen ist ein bedeutender Paradigmenwechsel. Max Planck hat einmal gesagt, daß ein neues Paradigma nicht siegt, indem es seine Gegner überzeugt, sondern dadurch, daß seine Gegner schließlich aussterben.«

»Und jetzt sterben sie nicht aus«, sagte Art.

Fort nickte. »Die Behandlungen halten die Menschen im Gang. Und viele von ihnen haben Dauerposten.«

Sally machte ein mißbilligendes Gesicht. »Dann müssen sie eben lernen, ihre Denkweise zu ändern.«

Fort sah sie an. »Das wollen wir eben jetzt versuchen. Zumindest theoretisch. Ich möchte, daß Sie Strategien einer Ökonomie der vollen Welt erfinden. Das ist ein Spiel von mir. Wenn Sie Ihre Lesegeräte in den Tisch einstöpseln, kann ich Ihnen die Ausgangsdaten liefern.«

Alle beugten sich vor und stöpselten sich in den Tisch ein.

Das erste Spiel, das Fort machen wollte, handelte davon, maximal versorgbare menschliche Bevölkerungen zu schätzen. Sam fragte: »Hängt das nicht von Annahmen über den Lebensstil ab?«

»Wir werden eine ganze Reihe von Annahmen machen.«

Er scherzte nicht. Sie gingen von Szenarien, in denen jedes für Ackerbau geeignete Stück Land der Erde mit maximalem Wirkungsgrad bewirtschaftet wurde, über zu Szenarien, bei denen auch Jagen und Sammeln eine Rolle spielten. Von allgemeinem erheblichem Konsum zu allgemeinen Diäten, um das Leben zu fristen. Ihre Textgeräte stellten die Anfangsbedingungen ein; und dann klapperten sie los. Sie sahen gelangweilt, nervös oder ungeduldig und vertieft aus, benutzten Formeln, die der Tisch lieferte, oder auch eigene.

Damit waren sie bis zum Mittagessen und dann den ganzen Nachmittag beschäftigt. Art liebte Spiele, und er und Amy waren immer vor den anderen fertig. Ihre Resultate für eine maximal versorgbare Bevölkerung reichte von hundert Millionen (dem Modell des ›unsterblichen Tigers‹, wie Fort es nannte) bis zu dreißig Milliarden (dem ›Ameisenhaufen‹-Modell).

»Das ist ein großer Spielraum«, bemerkte Sam.

Fort nickte und sah sie alle geduldig an.

»Aber wenn man Modelle mit den realistischsten Bedingungen betrachtet«, sagte Art, »kommt man gewöhnlich auf zwischen drei und acht Milliarden.«

»Und die gegenwärtige Bevölkerung beträgt ungefähr zwölf Milliarden«, erwiderte Fort. »Also sind wir über das Ziel hinausgeschossen. Was tun wir jetzt daran? Immerhin gibt es Handelsgesellschaften, die arbeiten. Das Geschäftsleben wird nicht aufhören, weil es zu viele Menschen gibt. Ökonomie der vollen Welt ist nicht das Ende der Ökonomie, sondern nur das Ende von ›business as usual‹. Ich will, daß Praxis da zuerst die Kurve kriegt. So! Es herrscht Ebbe, und ich ziehe mich nach draußen zurück. Sie können gern mitkommen. Morgen werden wir ein Spiel spielen, das heißt ›Übervoll‹.«

Damit verließ er das Zimmer, und sie waren sich selbst überlassen. Sie gingen wieder in ihre Zimmer und dann, als es Zeit zum Abendessen war, in den Speisesaal. Fort war nicht da, aber einige seiner ältlichen Gefährten vom vorigen Abend. Und zu ihnen gesellte sich jetzt eine Schar junger Männer und Frauen, alle sauber, mit fröhlichen Mienen und gesund aussehend. Sie sahen aus wie ein Wanderclub oder ein Schwimmverein, und mehr als die Hälfte waren weiblich. Sam und Max zogen die Augenbrauen hoch und herunter in einem einfachen Morsecode, der besagte: »Aha! Aha!« Die jungen Leute ignorierten das und servierten ihnen Dinner. Dann gingen sie wieder in die Küche. Art aß rasch und fragte sich, ob Sam und Max mit ihren Vermutungen recht hatten. Dann brachte er seinen Teller in die Küche und fing an, beim Abwaschen zu helfen. Zu einer jungen Frau sagte er: »Was bringt Sie hierher?«

»Das ist eine Art Ausbildungsprogramm«, erklärte sie. Sie hieß Joyce. »Wir sind alle Lehrlinge, die im letzten Jahr zu Praxis gestoßen sind und ausgewählt wurden, zur Ausbildung hierherzukommen.«