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So ruhig wie es ihm möglich war antwortete er: »Ich weiß.«

Der Inspektor schwieg eine Sekunde. Auch die beiden anderen riesigen Albinoameisen wandten sich um und starrten Stone an, und er begann sich unter den Blicken ihrer kalten, schimmernden Facettenaugen immer unwohler zu fühlen.

»Erklären Sie das, Governor Stone«, fuhr der Inspektor fort. »Wir haben die Situation analysiert. Die Auswertung der Daten ergibt, daß eine Flucht des Gefangenen nur mit fremder Hilfe möglich war. Der Zwerg verfügte über einen Impulsgeber, der Ihrem persönlichen Sicherheitscode entsprach.«

»Das ist kein Wunder«, antwortete Stone lächelnd. »Es war mein eigener.«

»Sie haben dem Zwerg die Flucht ermöglicht? Warum?«

Täuschte er sich, oder lag plötzlich etwas Drohendes in der ansonsten so ausdruckslosen Computerstimme des Inspektors?

Statt direkt zu antworten, trat Stone einen Schritt beiseite und machte eine weitausholende Handbewegung nach Süden. Über der Skyline der Stadt stiegen schwarze Qualmwolken in die Höhe, manchmal zuckten Flammen durch diesen Qualm, und selbst jetzt war dann und wann noch das Krachen einer Explosion zu hören. »Auch ich habe die Situation analysiert«, sagte er, wobei er sich bemühte, den Tonfall des Inspektors spöttisch nachzuäffen. »Und ich bin zu dem Schluß gekommen, daß niemand anderes als Captain Laird und ihre Verbündeten diesen Läufer gekapert haben.«

»Das ist richtig«, antwortete der Inspektor. »Ihre Spur wurde bereits aufgenommen. Das Gebiet, in dem sie vermutet werden, wurde weitläufig abgeriegelt. Es ist nur eine Frage der Zeit bis zu ihrer Festnahme.«

»Oder ihrem Entkommen«, fügte Stone hinzu. Keiner der Inspektoren hatte es ihm gesagt, aber er war lange genug hier, um auch das zu hören, was sie nicht aussprachen. Er wußte, daß es Charity und ihren Freunden irgendwie gelungen sein mußte, den Sucher auszuschalten. »Es tut mir leid«, fuhr er in perfekt geschauspielertem, leicht aggressivem Ton fort, »aber ich kenne Captain Laird zu gut. Es wäre nicht das erste Mal, daß sie unseren Kriegern entkommt - ganz egal, wie aussichtslos es scheint.«

Der Inspektor schwieg einige Sekunden. Dann sagte er: »Ich sehe den Zusammenhang zwischen der Jagd auf die Rebellen und der Tatsache, daß Sie den Gefangenen entkommen ließen, nicht.«

Stone seufzte. »Ich sagte bereits, ich glaube nicht, daß Ihre Krieger Captain Laird stellen. Deshalb habe ich meine eigenen Maßnahmen in die Wege geleitet.«

»Erklären Sie das«, verlangte der Inspektor.

Stone tat es.

*

...auf die Ameisenkrieger. Es ging viel zu schnell, als daß Charity wirklich begriff, was geschah: Ein halbes Dutzend grellweißer, unterarmstarker Laserblitze zuckte aus den Geschützläufen des Fahrzeuges, raste an Charity und Skudder vorbei und verwandelte die Straße hinter ihnen in ein Inferno aus Flammen und Hitze. Die Ameisen verbrannten in der höllischen Glut zu Asche, ohne auch nur zu begreifen, was sie tötete.

Die Druckwelle schleuderte sowohl Charity als auch Skudder von den Füßen. Sie stürzte, riß schützend die Arme über das Gesicht, als ein höllischer Gluthauch ihre Haut streifte, und sah aus tränenden Augen, wie sich Skudder schützend über den verletzten Leßter warf. Für eine halbe Sekunde hatte sie das Gefühl, Feuer zu atmen. Sie schrie vor Schmerz, krümmte sich und roch den Gestank ihres eigenen, verkohlenden Haares, dann war die Druckwelle über sie hinweg und zertrümmerte beiderseits der Straße die wenigen Fensterscheiben, die noch in den Ruinen verblieben waren.

Mühsam stemmte sich Charity hoch, hob den Kopf und blickte aus ungläubig aufgerissenen Augen auf das Fahrzeug, das langsam und lautlos näher zu gleiten begann. Die Geschützläufe bewegten sich, verharrten für einen Moment direkt auf ihr und Skudder und richteten sich dann wieder auf das hintere Ende der Straße aus, obwohl es dort nichts mehr gab, worauf zu schießen sich gelohnt hätte.

»Was...« murmelte Skudder und brach verblüfft mitten im Satz ab, als an der rechten Seite des Fahrzeugs eine Tür aufschwang. Ein dürrer, in zerfetzten braunen Stoff gehüllter Arm streckte sich heraus und winkte, und eine Sekunde später erschien hinter diesem ein grinsendes Zwergengesicht unter einem gewaltigen Kahlkopf.

»Gurk!« rief Charity überrascht.

»In voller Größe«, antwortete Gurk und hüpfte auf die Straße herab. Mit kleinen trippelnden Schritten kam er näher, deutete eine spöttische Verbeugung an und streckte die Hand aus, um Charity auf die Füße zu helfen.

Sie ignorierte seinen ausgestreckten Arm und stand aus eigener Kraft auf. Gurk zog eine Grimasse, dann wandte er sich zu Skudder um, der sich ebenfalls wieder auf die Knie hochgestemmt hatte und sich um Leßter bemühte.

»Was ist mit ihm?« fragte Gurk. »Ist er tot?«

Skudder schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Aber ich fürchte, er hat keine große Chance.«

»Wo kommst du her?« fragte Charity fassungslos.

Gurk legte den Kopf schräg und blickte zu ihr hoch. Dann hob er die Hand und deutete mit dem Daumen über die Schulter zurück. »Von dort«, sagte er. »Und wie es aussieht, wieder einmal gerade im richtigen Moment, um eure Hintern zu retten.«

Charitys Blick tastete verwirrt über das buckelige Fahrzeug mit dem feuerroten Emblem der Invasoren, das reglos einen halben Meter über der Straße in der Luft schwebte. Sie hörte das kaum wahrnehmbare Zischen eines Luftkissens, das das Fahrzeug in der Schwebe hielt. »Hast du die Seiten gewechselt, oder ist das wieder einer deiner Taschenspielertricks?« fragte sie. Sie versuchte zu lächeln, aber die Reaktion auf Gurks Gesicht verriet ihr, daß ihm der leise Unterton von Mißtrauen in ihrer Stimme keineswegs entgangen war.

»Weder - noch«, antwortete er plötzlich sehr ernst. »Aber das ist eine komplizierte Geschichte, und ich schlage vor, wir besprechen sie weder hier noch jetzt. Falls es euch entgangen sein sollte - es wimmelt hier von Ameisen, die ganz wild darauf sind, euch guten Tag zu sagen.«

»Wer ist da drinnen?« fragte Skudder und deutete auf das Luftkissenfahrzeug.

»Niemand«, antwortete Gurk. »Ich war schon immer ein Autonarr, wußtest du das nicht?«

Charity beendete dieses fruchtlose Gespräch, indem sie Skudder ein Zeichen gab. »Leg ihn in den Wagen«, sagte sie mit einer Geste auf Leßter. »Aber sei vorsichtig.«

»Und paß auf, daß du mir die Polster nicht versaust«, fügte Gurk hinzu. »Die Karre ist nagelneu. Die Garantie ist nicht mal abgelaufen.«

Gegen ihren Willen mußte Charity lächeln. Aber sie wurde sofort wieder ernst und behielt voller Ungeduld die Straße im Auge, während Skudder den verletzten Soldaten vorsichtig in das Fahrzeug hineinbugsierte und quer über die rückwärtigen Sitze legte.

Danach kletterte sie hastig selbst in das Fahrzeug hinein, blickte eine Sekunde lang mit wachsender Verwirrung auf die komplizierten Steuer- und Kontrollinstrumente hinab und entschied dann, daß es klüger war, weiterhin dem Zwerg das Fahrzeug anzuvertrauen.

Gurk schloß die Tür, startete das Fahrzeug und ließ es rückwärts die Straße wieder hinuntergleiten. Er wendete, richtete den Bug des Fahrzeuges auf das Stadtzentrum aus und beschleunigte. Charitys Herz machte einen erschrockenen Sprung, als sie auf der nächsten Querstraße eine ganze Abteilung bewaffneter Ameisen erkannte, die dem Fahrzeug mißtrauisch entgegenblickten, aber Gurk grinste nur und beschleunigte noch mehr, und zu Charitys großer Überraschung wichen die Insektenkreaturen respektvoll vor dem Fahrzeug zurück.

»Keine Sorge«, sagte Gurk, der ihre Gedanken erraten zu haben schien - wahrscheinlich war es auch nicht allzu schwer, sie auf ihrem Gesicht abzulesen. »Falls sie nicht gesehen haben, wie ich eure Freunde gerade gegrillt habe, kann uns nichts passieren.« Er schlug grinsend mit der Handfläche auf das Steuer. »Das hier ist Stones Privatwagen. Niemand würde es wagen, ihn aufzuhalten.«