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»Selbstverständlich.«

Während sie auf die Plexiglasbox zuging, ließ sie ihren Blick durch den Raum wandern, auf der Suche nach den Kameras, die irgendwo versteckt sein mussten. Aber auch diesmal entdeckte sie nichts.

»Hallo, Liebling«, sagte sie leise. »Geht es dir gut?«

Michael nickte ihr hinter dem Glas zu. »Ich denke schon. Werde ich jemals wieder richtige Luft atmen können?« fragte er.

Die Frage zerriß Katharine fast das Herz. Schon bald, hätte sie am liebsten laut geschrien. Ich hole dich hier raus, und dann bringen wir dich an einen Ort, wo du atmen kannst, bis wir heilen können, was sie dir angetan haben. Aber das konnte sie nicht sagen.

In dem Schweigen, das folgte, bemerkte sie, dass Michaels Kopf sich bewegte. Es schien, als deute er zu seinem Schoß.

Als sie hinsah, erkannte sie, dass sich der Zeigefinger seiner rechten Hand bewegte. Zuerst verstand sie nicht.

Dann dämmerte es ihr.

Er formte mit den Fingern Buchstaben auf der Bettdecke, so unauffällig, dass jemand, der nicht darauf achtete, nichts bemerken würde. »Natürlich, mein Schatz«, sagte sie. »Dr. Jameson sagt, dass du dich sehr gut machst.«

HOL MICH RAUS, buchstabierten seine Finger.

Katharine warf einen verstohlenen Blick zu Jameson, der sich auf seinen Computer konzentrierte. Sie nickte kurz. »Heute nacht...«, sagte sie, hielt ihre rechte Hand vor den Bauch und zeigte mit den Fingern eine vier an. Sie sah Michael eindringlich an und fuhr dann fort: »Heute nacht werde ich bei dir bleiben, okay?«

Sie war sich ziemlich sicher, dass er die vier Finger gesehen hatte, die sie bei den Worten »heute nacht« auf ihren Bauch gelegt hatte. Würde er verstehen, dass sie den Zeitpunkt der Flucht meinte - vier Uhr nachts?

Er zwinkerte bestätigend.

»Ich hab's!«

Rob hörte Al Kalamas Aufschrei zuerst gar nicht. In den drei Stunden, während Al neben Phil Howells Monitor gearbeitet hatte, hatte Rob immer faszinierter auf den Bildschirm des Astronomen gestarrt. Unendliche Listen von Dateien rollten vor seinen Augen ab. Stunde um Stunde war das so gegangen, während der Supercomputer ein paar Meter weiter in jedem Rechner, den er finden konnte, nach Dateien mit DNS-Sequenzen suchte. Sobald er eine gefunden hatte, verglich er deren Inhalt - nicht nur mit der Datei, die mit 79prozentiger Wahrscheinlichkeit die DNS-Sequenz eines unbekannten Organismus darstellte, sondern auch mit den anderen dreiundzwanzig Dateien, die das Programm erstellt hatte.

Als Al Kalama aufschrie, waren bereits Tausende von Dateien durchgeschleust worden, und jede von ihnen vergrößerte die Liste digital gespeicherter DNS-Sequenzen: die genetischen Codes der winzigsten einzelligen Organismen, Tausender Spezies von Algen, Moosen, Farnen, Büschen und Bäumen sowie Tausender Würmer, Insekten, Spinnen, Reptilien, Amphibien, Fischen und jeder Spezies warmblütiger Lebewesen, die der Menschheit bekannt waren.

Das erstaunliche Resultat lautete: In jeder Datei gab es Sequenzen - manche kürzer, manche länger -, die einer Sequenz aus den Dateien glich, welche der Computer aufgrund der Signale aus der Tiefe des Weltraums erstellt hatte. Signale, die laut Howell aus der sogenannten Whirpool-Galaxy stammten. Jedesmal gab der Computer die genaue Prozentzahl der Übereinstimmung an. Auch wenn es keine vollkommene Übereinstimmung gab - nicht einmal eine, die der Computer als signifikant bezeichnete -, zeigte sich doch, dass immer mehr Segmente der Sequenz von der fünfzehn Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie dem einen oder anderen DNS-Segment eines irdischen Organismus entsprachen.

Insgesamt, dessen war sich Howell mittlerweile sicher, ließ sich daraus nur ein Schluß ziehen: Das Leben, so wie wir es definieren, war nicht auf die Erde beschränkt, vielmehr gab es seine vier Grundbausteine, die vier nitrogenen Basen, auch auf anderen Planeten.

Nicht nur das Leben war universell, auch seine Formen, die man auf anderen Planeten entdecken würde, mussten den unseren ähnlich sein ...

Eine Hand auf seiner Schulter riß Rob aus seinen Überlegungen. »Rob!« sagte Al Kalama. »Ich hab's geknackt! Und was jetzt?«

Rob wandte sich dem Computer zu, an dem Al in den vergangenen Stunden geschuftet hatte. Das Serinus-Verzeichnis stand vor ihnen auf dem Bildschirm. Es enthielt mehrere Unterverzeichnisse. Jedes Unterverzeichnis enthielt Dutzende - in manchen Fällen Hunderte - von Dateien.

»Kannst du sie durchsuchen?« fragte Rob, während er einen kleinen Teil der kryptisch benannten Dateien auf dem Bildschirm auftauchen sah.

»Kein Problem«, meinte Al. »Wonach suchen wir?«

»Namen«, antwortete Rob. »Michael Sundquist, Josh Malani und Kioki Santoya, für den Anfang. Außerdem nach einem Jungen namens Mark Reynolds und einem anderen ...« Er zögerte und durchforstete sein Gedächtnis nach dem Namen des Jungen aus New Jersey. Schließlich fand er ihn. »Shelby, Shane Shelby. Fang mit diesen Namen an.«

Al Kalamas Finger flogen über die Tastatur. Er aktivierte ein Suchprogramm, gab die Namen ein, die Rob genannt hatte, und drückte auf Eingabe. Eine Liste mit fünfzehn Dateien tauchte auf, jeweils fünf in drei Unterverzeichnissen des Serinus-Verzeichnisses.

Während Rob die Liste durchsah und überlegte, welche Datei er sich zuerst vornehmen sollte, ertönte am Terminal neben ihm plötzlich ein leises Läuten. Er hörte, wie Phil Howell fast ehrfürchtig »O mein Gott« flüsterte.

Einen Augenblick lang war sich Rob nicht sicher, was das Läuten bedeutete, doch dann wurde es ihm klar.

Phil Howell hatte einen Alarm eingestellt.

Einen Alarm, der ausgelöst wurde, wenn der Supercomputer eine Übereinstimmung zwischen seinen Dateien und einer der hunderttausend anderen Dateien fand, mit denen er sie verglich.

Keine teilweise Übereinstimmung, nicht einmal eine nur 99prozentige.

Sondern eine vollkommene Übereinstimmung.

Aber das war unmöglich. Sie kannten die Sequenz und wussten, dass die Möglichkeit vollkommener Dek-kungsgleichheit gar nicht existierte - zumindest nicht auf diesem Planeten. Und doch war der Alarm losgegangen.

Mit beschleunigtem Puls sah Rob auf Phil Howells Bildschirm.

Eine einzige Zeile war hervorgehoben. Als Rob sie las, hatte er plötzlich ein Gefühl von Deja vu, als hätte er diese Anzeige und diesen Dateinamen in genau dieser Konfiguration schon einmal gesehen. Es dauerte eine Weile, bis ihm klar wurde, dass ihm nicht der Dateiname so bekannt vorkam.

Es war der Name des Verzeichnisses, in dem er selbst sich befand.

Das Serinus-Verzeichnis.

»Al«, sagte er leise. »Sieh dir das hier bitte mal an.«

Al Kalama rückte seinen Stuhl zu ihnen und betrachtete den Bildschirm. »O mein Gott«, flüsterte auch er, als er die Adresse der Datei las, die auf dem Monitor hervorgehoben wurde. »Was, zum Teufel, geht hier vor?«

Eine halbe Stunde später wussten die drei Männer Bescheid.

Takeo Yoshihara hatte nicht gelogen, als er sagte, dass seine Leute so etwas wie eine Druse gefunden hatten, die eine organische Substanz enthielt. Aber Rob wusste, dass weder Yoshihara noch sein Team von Wissenschaftlern, das die Substanz analysieren und eine Verwendung dafür finden sollte - das Serinus-Projekt -, eine Ahnung hatten, woher die Substanz aus der Druse stammte.

Auch wenn vulkanische Aktivität tief unter dem Meeresboden sie aus dem Erdinneren nach oben gedrückt hatte, war ihre eigentlich Herkunft doch ein Rätsel, das ohne Phil Howells zufällige Entdeckung nie hätte gelöst werden können.

Plötzlich verstand Rob: Das Objekt, das im Mittelpunkt des Serinus-Projekts stand, war keine Druse.

Es war ein Samen.

Ein Samen aus so ferner Vergangenheit, dass es eigentlich nicht mehr fassbar war, und von einem Planeten, der so weit entfernt war, dass er kaum sichtbar war, einem Planeten, der in der Tat vor fünfzehn Millionen Jahren aufgehört hatte zu existieren.