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»Kommt sofort.«

Bereits zum viertenmal ging Katharine in die Küche, um zwei weitere Tassen Kaffee zuzubereiten. Diesmal enthielt einer der Beutel, die sie in eine der Tassen leerte, mehr als nur Instantkaffee mit Mokkageschmack. Bevor sie das Haus verlassen hatte, hatte sie den Beutel geöffnet und drei Halcion-Tabletten hineingetan, die ein Arzt ihr vor etwas mehr als einem Jahr verschrieben hatte. Damals war es Michael sehr schlecht gegangen, und sie hatte vor Sorge um ihn kaum mehr schlafen können. Letzten Endes hatte sie die Tabletten nie genommen, aber aus einer Art Aberglaube behalten, als könne ihr Besitz auf magische Weise bewirken, dass sie nie wieder solche Pillen brauchte.

»Manche Nächte scheinen niemals enden zu wollen«, sagte sie, als sie die Tasse auf LuAnnes Schreibtisch abstellte.

»Ja, das stimmt«, pflichtete ihr die Frau bei. Sie nahm ihre Tasse in die Hand, blies kurz in den heißen Kaffee und nahm dann einen ersten Schluck. »Sie können sich nicht vorstellen, wie gut das tut.«

»Trinken Sie nur, soviel Sie wollen«, ermunterte Katharine sie. »Ich habe genug mitgebracht.« Mit ihrem eigenen Kaffee ging sie zurück in Michaels Zimmer.

Im Dunkeln streifte sie die Kleider ab, die sie den ganzen Tag getragen hatte, und zog sich Jeans und Hemd an, die sie von zu Hause mitgebracht hatte. Das Handy steckte sie in eine Vordertasche, damit sie die Vibration spürte, wenn Rob anrief.

Um halb vier öffnete sie vorsichtig die Tür zum Vorzimmer und schaute hinein. LuAnne saß an ihrem Schreibtisch, aber ihr Kopf war auf die Brust gesackt, und sie schnarchte gleichmäßig. Leise schloß Katharine wieder die Tür.

Um drei Uhr 45 vibrierte das Handy in ihrer Hosentasche. Sie zog es heraus, klappte es auf und wollte gerade Robs Namen sagen. In letzter Sekunde überlegte sie es sich anders. »Michael?« sagte sie. »Bist du wach?«

Sie hörte die blecherne Stimme ihres Sohnes über den Lautsprecher. »Mhm.«

Gleichzeitig meldete sich Rob über das Telefon. »Wenn du nichts sagst, holen wir dich in genau fünfzehn Minuten ab. Wenn es Probleme gibt, dann sag etwas zu Michael.«

Katharine zögerte. Sie hatte einen Plan, aber keine Ahnung, ob er funktionieren würde. Wenn nicht... aber hatte sie eine andere Wahl?

Ohne etwas zu sagen, drückte sie den Ende-Knopf des Telefons und schob es wieder in ihre Tasche. Dann ging sie zu Michael hinüber. Sie konnte kaum sein Gesicht erkennen, aber er starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. Sicherlich hatte er in den vergangenen Stunden nicht geschlafen.

Sie legte einen Finger auf die Lippen, nahm ein Kleiderbündel aus dem Koffer und schob es durch die Luftschleuse in die Box. Michael begann sich unter der Bettdecke anzuziehen, wobei er sich so wenig wie möglich zu bewegen versuchte. Als er fertig war, signalisierte sie ihm, wieder so zu tun, als ob er schlafe. Dann ging sie ins Vorzimmer zurück.

»Na, noch eine ...«, begann sie. »LuAnne? LuAnne, was ist los?« Sie eilte hinter den Schreibtisch und schüttelte die Krankenschwester, die von ihrem Stuhl glitt und zu Boden fiel. Hektisch blickte Katharine um sich, als wisse sie nicht, was sie unternehmen sollte. Schließlich nahm sie das Telefon und drückte auf den Knopf mit der Aufschrift »Empfangsbereich«. Nach dem zweiten Läuten nahm jemand den Hörer ab.

»Jensen?« fragte eine Männerstimme.

»Hier ist Dr. Sundquist«, sagte Katharine. »Mit LuAnne stimmt etwas nicht. Ich wollte sie gerade fragen, ob sie noch einen Kaffee will, und dachte, sie sei eingeschlafen. Aber als ich sie aufzuwecken versuchte, ist sie von ihrem Stuhl gerutscht.«

»Was?« sagte der Wachmann. »Ich komme sofort.«

Katharine eilte in Michaels Zimmer zurück und nahm drei weitere Gegenstände aus dem Koffer.

Zwei große Mülltüten aus Plastik.

Und den versteinerten Knochen eines Menschenaffen, dessen Spezies vor Jahrmillionen ausgestorben war.

Sie schob die Müllbeutel in die Luftschleuse. Jetzt riskierte sie es, laut mit Michael zu sprechen. »Halt die Beutel an die Zufuhrleitung«, sagte sie. »Füll sie auf, so gut es geht.« Mit dem Knochen in der Hand ging sie wieder in den Vorraum und drückte erneut auf den Telefonknopf für den Empfangsbereich. Als sich niemand meldete, schlich sie auf den Flur hinaus und stellte sich mit dem Rücken neben den Fahrstuhl.

Während sie die Sekunden zählte, betete sie, dass die Kamera über ihr nur von dem Posten des Wachmanns aus überwacht wurde, der jeden Augenblick aus dem Fahrstuhl kommen musste.

Als zumindest teilweise Antwort auf ihre Gebete glitten die Türen genau fünf Sekunden später auf, und der Wachmann trat in den Flur.

Katharine schwang den Knochen und ließ ihn mit aller Kraft auf den Nacken des Manns niedersausen.

Mit einem Stöhnen ging er in die Knie.

Katharine schlug noch einmal zu.

Der Mann lag regungslos auf dem Boden, mit dem Gesicht nach unten.

Katharine packte ihn an den Händen und schleifte ihn über den Flur in den Vorraum. Sie schloß die Tür, fesselte ihm mit dem Telefonkabel die Hände hinter dem Rücken und zog ihm die Brieftasche aus der Hosentasche.

Die Fahrstuhlkarte, die sie Jameson gestohlen hatte, mochte gesperrt worden sein, aber diese hier funktionierte bestimmt.

Sie erhob sich und sah auf ihre Armbanduhr.

Sieben Minuten waren vergangen.

Sie eilte in Michaels Zimmer zurück und schaltete das Licht ein. Michael hatte einen Beutel mit Gas gefüllt und wollte gerade die Bänder zusammenziehen.

»Nein, nein, nicht zubinden«, sagte sie. »Beeil dich, füll auch den anderen Beutel, und dann ...« Die Worte erstarben ihr auf den Lippen, als sie daran dachte, dass sie überhaupt nicht wusste, wie sie Michael aus der Box befreien konnte.

»O Gott«, flüsterte sie und starrte Michael entsetzt an. »Wie kriege ich dich da nur raus?«

Michael, der die zweite Mülltüte an die Zuleitung hielt, nickte mit dem Kopf zu einer Ecke hin. »Da drüben«, sagte er. »Da ist ein Schalter.«

Katharine suchte die Ecke ab und entdeckte schließlich einen kleinen Knopf, der in die Wand eingelassen war. Als sie darauf drückte, schien sich zunächst gar nichts zu tun, aber dann sah sie, dass Michael zur Decke hinauf deutete.

Direkt über der Plexiglasbox hatte sich eine kleine Schiebetür geöffnet. Ein Stahlrohr, an dessen Ende sich ein Haken befand, senkte sich herab. Der Haken verschwand in einer Öffnung auf der Oberfläche der Box.

Ein Klicken zeigte an, dass der Haken eingeschnappt war.

Sekunden später hob sich die Box und schwebte nach oben. Sofort füllten die giftigen Dämpfe den Raum. Hustend ging Katharine zur Tür.

»Nimm einen Beutel«, sagte Michael, während die Zelle ihn langsam freigab. Sie packte den Beutel, den er ihr hinschob, an den Bändern und eilte damit in den Vorraum. Hastig schloß sie hinter sich die Tür.

Neun Minuten waren vergangen.

Sie ließ eine weitere Minute verstreichen und wollte gerade wieder in den Raum zurückgehen, als die Tür geöffnet wurde und Michael erschien. Er hielt den zweiten Müllbeutel in den Händen.

»Komm«, sagte Katharine. Sie öffnete die Tür zum Flur und lief auf den Fahrstuhl zu. Die Karte hielt sie bereits in der Hand. Ein leises Gebet sprechend, führte sie die Karte an der grauen Platte vorbei.

Das Licht wechselte von Rot zu Grün. Sonst aber tat sich nichts.

Die Türen blieben zu.

Dann fiel es ihr ein. Der Lift war automatisch in die obere Ebene zurückgekehrt.

Die fünfzehn Sekunden, die er brauchte, um wieder die untere Ebene zu erreichen, kamen ihr wie eine Ewigkeit vor, aber endlich glitten die Türen auf.

Katharine schob Michael in die Kabine und drückte auf den Aufwärtsknopf. Gerade als die Türen wieder zugingen, sah sie, wie jemand aus einer der Türen im Flur trat.

Aus der Tür zum Serinus-Projekt.

Einen Augenblick lang starrte der Mann sie nur erstaunt an. Dann lief er auf sie zu, doch die Fahrstuhltüren schlossen sich, bevor er sie erreicht hatte.